Transkript
Eisensubstitution vor Darmkrebsoperation
Präoperativen Eisenmangel beheben
UEG-Week
Foto: vh
Bei Patienten mit bevorstehender Kolonkarzinomoperation sollte das Eisen noch vor dem Eingriff supplementiert werden, wenn eine Eisenmangelanämie besteht. Das verringert die Transfusionswahrscheinlichkeit sowie das Risiko für eine erhöhte Morbidität nach der Operation. Die Supplementierung kann oral oder intravenös erfolgen, die Wirkung von intravenös appliziertem Eisen scheint jedoch nachhaltiger zu sein, wie eine Untersuchung nahelegt, die an der United European Gastroenterology Week präsentiert wurde.
Jeder dritte Patient, der für eine Kolonkarzi-
nomoperation infrage kommt, leidet unter
einer Anämie. Eine präoperative Eisenmangel-
anämie hat häufig eine erhöhte Morbidität und
Mortalität nach der Operation sowie eine ver-
langsamte Rekonvaleszenz zur Folge. Dieser
erschwerende, aber leicht zu behebende Um-
stand wird oft übersehen und demnach auch zu
wenig behandelt. Die Wartezeit von der Dia-
Dr. Kevin Talboom
gnose bis zur geplanten Operation bietet das ideale Zeitfenster von 2 bis 3 Wochen für eine
mögliche Korrektur eines zu tiefen Hämoglobin-(Hb-)Spie-
gels bei Eisenmangelanämie.
Was sich für diese Korrektur besser eignet – intravenös oder
oral appliziertes Eisen –, wurde in der von Forschern initiier-
ten FIT-Studie untersucht. Sie verglichen bei Patienten mit
Eisenmangelanämie und geplanter Darmkrebsoperation die
Supplementierung mit Eisencarboxymaltose i.v. und mit ora-
lem Eisen zur Normalisierung des Hb-Spiegels. Die Patienten
hatten in dieser multizentrischen Studie einen Hb-Spiegel von
< 7,5 mmol/l (Frauen) beziehungsweise < 8,0 mmol/l (Män- ner) und ein Kolonkarzinom im M0-Stadium, das zur Re- sektion geplant war. Patienten mit Metastasen oder neoadju- vanter Therapie, kürzlich durchgeführter Bluttransfusion (< 3 Monate), Nierenerkrankungen, erhöhten Leberenzymen oder Bluterkrankungen (z. B. Thalassämie) waren von der Studie ausgeschlossen. Beginn 2 bis 3 Wochen vor der Operation 220 durchschnittlich 69-jährige Patienten erhielten randomisiert entweder Eisencarboxmaltose i.v. 1000–2000 mg je nach Körpergewicht (n = 110) und Hb-Spiegel oder Ferrofumarat 200 mg 3 ×/Tag (n = 110). Die Patienten aus der Gruppe mit dem intravenös applizierten Eisen erhielten ihre Supplementierung im Median 15 Tage vor dem Operationstermin, in 2 Portionen à maximal 1 g im Abstand von 1 Woche. Die Gruppe mit dem oral applizierten Eisen begann die Supplementierung 19 Tage vor der Operation. Als primärer Endpunkt galt der Anteil der Patienten, der am Tag des Eingriffs eine Normalisierung des Hb-Spiegels (> 7,5 bzw. > 8 mmol/l) erreicht hatte. Sekundäre Endpunkte
waren peri- und postoperative Hb-Veränderungen, die Ferritin- und Transferrinsättigung, die Bluttransfusionsrate, die peri- und postoperative Morbidität sowie die Spitalaufenthaltsdauer.
Intravenös höheres Niveau erreichbar
Das Resultat zeigt, dass in beiden Gruppen der angestrebte
Hb-Spiegel (Baseline durchschnittlich 6,5 mmol/l) von etwa
gleich vielen Patienten erreicht werden konnte (17,1 vs.
15,1%, p = n.s.). In der Gruppe mit dem intravenös applizier-
ten Eisen war der Hb-Spiegel zum Zeitpunkt des Eingriffs
höher (7,0 vs. 6,7 mmol/l) und blieb während des Follow-ups
von 30 Tagen beziehungsweise 3 Monaten signifikant höher
als in der Gruppe mit dem oral applizierten Eisen. Das galt
auch für die Ferritin- und Transferrinwerte. Nach der intra-
venösen Verabreichung traten numerisch auch weniger post-
operative Komplikationen auf, es kam zu weniger Verlegun-
gen in die Intensivstation und zu weniger Bluttransfusionen.
Die Ergebnisse bedeuteten, dass bei Patienten mit Eisenman-
gelanämie vor einem operativen Eingriff mit beiden Applika-
tionsformen eine Hb-Normalisierung erreicht werden könne,
berichtete Dr. Kevin Talboom, Colorectal Surgery, Amster-
dam University Medical Center (NL). Mit der intravenösen
Form könne jedoch ein höherer Hb-Spiegel peri- und post-
operativ sowie eine höhere Ferritin- und Transferrinsätti-
gung erreicht werden, was sich in einer besseren prähabilita-
tiven Ausgangslage vor der Operation niederzuschlagen
scheine.
s
Valérie Herzog
Quelle: United European Gastroenterology Week (UEG-Week), 3. bis 5. Oktober 2021, virtuell.
Referenz: 1. Talboom K et al.: International multicentre randomized control-
led trial comparing ferric(III)carboxymaltose infusion with oral iron supplementation in the treatment of preoperative anaemia in colorectal cancer patients: the FIT-trial. OP076, presented at UEG Week 2021, virtual.
CongressSelection Gastroenterologie | Januar 2022
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