Transkript
EADV
Topische Aknemedikamente stören die Hautbarriere
Mit Ceramid-haltiger Hautpflege ausgleichen
Topische Aknetherapie wird besser toleriert, wenn die Haut zusätzlich mit Ceramid-haltigen Produkten gepflegt wird. Die Wirksamkeit der Topika wird durch die begleitende Hautpflege nicht beeinträchtigt. Über die Ergebnisse einer randomisierten Doppelblindstudie berichtete Brigitte Dréno aus Nantes (F) am virtuellen EADV-Kongress 2021 in Posterform.
Bei Akne ist der Gehalt an Ceramiden (Sphingolipiden) im Stratum corneum der Epidermis reduziert und die Hautbarrierefunktion vermindert (1). Der transepidermale Wasserverlust (TEWL) ist erhöht, die Hydratation der Hornschicht reduziert, die Talgsekretion gesteigert, das Gleichgewicht des Mikrobioms gestört (vermehrt Cutibacterium acnes, Staphylococcus epidermidis) und das angeborene Immunsystem aktiviert (subklinische oder klinische Entzündung). Aknemedikamente beeinträchtigen die Hautbarriere zusätzlich, wobei die Haut von Aknepatienten besonders empfindlich auf irritierende und austrocknende Effekte hochwirksamer Mittel reagiert (z. B. topisch: Retinoide, Benzoylperoxid, Antibiotika, fixe Kombinationspräparate; oral: Isotretinoin). Wegen störender Hautnebenwirkungen setzen manche Patienten die Aknetherapie vorzeitig ab. Um die Adhärenz zu verbessern und Nebenwirkungen zu reduzieren, ist begleitende Hautpflege wichtig. Empfohlen werden: • ein nicht komedogenes Reinigungspräparat, das den pH-
Wert der Haut erhält, um den Talgüberschuss zu entfernen • ein Feuchtigkeitspräparat, das die Haut wirksam hydriert,
die Doppellipidschichten regeneriert, die Hautbarrierefunktion normalisiert, den TEWL reduziert und das Mikrobiom ins Gleichgewicht bringt.
Stärkung der Hautbarriere durch Ceramidhaltige Hautpflege
In einer randomisierten Doppelblindstudie untersuchte die Arbeitsgruppe von Dréno, wie sich die topische Kombinationstherapie mit Adapalen (0,3%) und Benzoylperoxid (2,5%) auf die Hautbarrierefunktion auswirkt und ob sich zusätzliche Ceramid-haltige Hautpflege zur Stärkung der Hautbarriere und Verbesserung der Therapietoleranz eignet. An der 12-wöchigen Studie beteiligten sich Patientinnen und Patienten (13- bis 40-jährig, alle Fitzpatrick-Hauttypen) mit moderater Gesichtsakne (mindestens 15 entzündliche und 15 nicht inflammatorische Läsionen). In der Testgruppe (n = 45) wurde die Gesichtshaut morgens und abends mit einem Ceramid-haltigen, schäumenden Reinigungsprodukt und einer Ceramid-haltigen Feuchtigkeitslotion (Marke CeraVe®) gepflegt. Abends wurde vor der Lotion das topische Kombinationsmedikament (Adapalen 0,3%/Benzoylperoxid 2,5% in Gelform) angewendet. In der Kontrollgruppe benutzten die Patienten keine Ceramid-haltige Lotion.
Die Haut wurde morgens und abends mit einem Produkt, das
keine Ceramide enthielt, gereinigt, und abends wurde das
topische Kombinationspräparat angewendet.
Als Ausdruck von Hautbarrierestörungen zu Beginn der Be-
handlung mit dem Aknemedikament nahm der TEWL in
beiden Gruppen in der ersten Woche zu (in der Testgruppe
um durchschnittlich 35%, in der Kontrollgruppe um 47%).
Danach nahm der TEWL wieder ab. Von Woche 4 an war der
TEWL in der Testgruppe signifikant geringer als in der Kon-
trollgruppe. In der Testgruppe wurde der TEWL-Ausgangs-
wert rascher wieder erreicht (Woche 8 vs. Woche 12), und in
Woche 12 war der TEWL gegenüber dem Ausgangswert um
10 Prozent verbessert (Stärkung der Hautbarriere). Die
Ceramid-haltige Hautpflege beeinträchtigte die Wirkung des
Aknemedikaments nicht, sondern verstärkte durch Reduk-
tion der Hautentzündung die Abnahme der Anzahl entzünd-
licher Akneläsionen. Die Störung der Hautbarriere äusserte
sich sichtbar durch Hauttrockenheit, Schuppung und Ery-
them. In der Testgruppe war die Trockenheit in den Wochen
1, 4, 8 und 12 signifikant geringer. Auch die Schuppung als
häufige Nebenwirkung der topischen Adapalen/Benzoylper-
oxid-Therapie war von Anfang an geringer und in Woche 12
ganz verschwunden. Das Erythem verschwand bereits in
Woche 8.
Fazit der Studie: Da die Ceramid-haltige Hautpflege die Ver-
träglichkeit der topischen Aknetherapie verbessert, kann mit
höherer Adhärenz und besseren Therapieresultaten gerech-
net werden. Weil die Hautbarriere schon in der ersten Be-
handlungswoche gestört wird, sollte die begleitende Cera-
mid-haltige Hautpflege von Anfang an empfohlen werden,
nicht erst wenn störende Nebenwirkungen der topischen
Aknetherapie aufreten.
s
Alfred Lienhard
Quelle: E-Poster P0006 «The effect of ceramide-containing skincare on acne medication induced barrier dysfunction» beim 30. Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), 29. September bis 2. Oktober 2021, online.
Referenz: 1. Thiboutot D et al.: Acne vulgaris and the epidermal barrier. J Clin
Aesthet Dermatol. 2013;6:18-24.
16 CongressSelection Dermatologie | Januar 2022