Transkript
EULAR
Ankylosierende Spondylitis
Lange Anti-TNF-Behandlung bremst radiologische Progression
Der klinische Verlauf der ankylosierenden Spondylitis lässt sich durch moderne Therapien deutlich abbremsen, nicht wenige Betroffene erreichen eine partielle ASAS-Remission. Erstmals konnten auch radiologische Remissionen unter Anti-TNF-Therapien nachgewiesen werden, allerdings erst nach längerer Behandlung.
Frühere Kohortenstudien legten den Schluss nahe, dass eine 2-jährige Therapie mit TNF-Inhibitoren gegenüber Plazebo die radiografische Progression bei ankylosierender Spondylitis (AS) nicht signifikant zu bremsen vermag. Allerdings zeigten mehrere Beobachtungsstudien, dass eine frühe und längerfristige Behandlung mit TNF-Hemmern möglicherweise doch die axiale Verknöcherung aufhalten könnte. Das sollte mit einer neuen, am EULAR-Kongress vorgestellten Studie nun überprüft werden.
Effekt erst nach 4 Jahren erkennbar
Für die Untersuchung wurden aus der German Spondyloarthritis Inception Cohort (GESPIC) 266 Patienten mit gesicherter früher axialer Spondyloarthritis (axSpA) selektiert (1). Das Team um Prof. Denis Poddubnyy von der Charité in Berlin machte bei den mit TNF-Hemmern behandelten Teilnehmern über mindestens 4 Jahre im 2-Jahres-Intervall röntgenologische Aufnahmen der Sakroiliakalgelenke und der Wirbelsäule (1) und ermittelte den Stoke Ankylosing Spondylitis Spine Score (mSASSS). Während im 2-Jahres-Intervall keine Unterschiede zwischen Anti-TNF-behandelten und nicht Anti-TNF-behandelten Patienten festgestellt wurden, hatten Patienten mit einer 4-jährigen TNF-Hemmer-Therapie eine geringere radiografische Progression als diejenigen ohne Anti-TNF-Therapie. Deshalb empfehlen die Autoren zur Beurteilung des Erfolgs bei einer Behandlung mit TNF-Hemmern eine Beobachtungsdauer von mindestens 4 Jahren.
1 von 5 Patienten in partieller Remission
Die Bewertung von Remissionen bei axSpA war Thema einer grossen Session am EULAR-Kongress. Prinzipiell seien Aussagen über erfolgreiche Remissionen «ein bisschen komplizierter als bei anderen rheumatischen Erkrankungen», meinte Prof. Filip van den Bosch aus Gent (Belgien). Immerhin offenbare ein vergleichender Blick auf die 24-Wochen-Er-
Abkürzungen:
ASAS-PR: Assessment of Spondyloarthritis International Society – Partial Remission
ASDAS-ID: Ankylosing Spondylitis Disease Activity Score – Inactive Disease
ASDAS-LDA: Ankylosing Spondylitis Disease Activity Score – Low Disease Activity
gebnisse bei Patienten mit radiografischer AS keine sehr grossen Unterschiede zwischen verschiedenen medikamentösen Therapien. Kurz: 1von 4 bis 5 Patienten erreicht eine partielle ASAS-Remission (ASAS-PR) (siehe Abkürzungen). So zeigten in verschiedenen plazebokontrollierten Studien unter Etanercept 17 Prozent (Plazebo 4%), unter Infliximab 22 Prozent (Plazebo 1%), unter Adalimumab 22 Prozent (Plazebo 6%) und unter Certolizumab 24 Prozent (Plazebo 4%) eine solche partielle Remission. Unter Verwendung der moderneren ASDAS-ID-Kriterien konnten für Certolizumab nach 6 Monaten sogar Werte von 30 Prozent (Plazebo 4%) gezeigt werden. Damit war 1 von 3 AS-Patienten in ASDAS-ID-Remission, was nach den Worten von Bosch einer «sehr guten Krankheitskontrolle» entspreche. Andere Biologika (Sekukinumab, Ixekizumab) respektive JAK-Inhibitoren (Upadacitinib) wiesen hinsichtlich ASAS-PR-Kriterien und ASDAS-ID mit rund 15 Prozent etwas schwächere Resultate auf. In der täglichen Praxis könne auch eine niedrige Krankheitsaktivität (ASDAS-LDA) schon sehr hilfreich sein, wie sie in Studien unter Ixekizumab (43%) und Upadacitinib (50%) erreicht wurde. Bei nicht radiografischer AS zeigten die verschiedenen Wirkstoffe nach 12 bis 16 Wochen ebenfalls ASDAS-ID-Remissionsraten mit Unterschieden zu Plazebo von rund 20 Prozent (Adalimumab: 24% vs. 4%, Etanercept: 40% vs. 17%, Certolizumab: 25% vs. 0%, Secukinumab: 21% vs. 9%, Golimumab: ASAS-PR 33% vs. 18%).
Radiografische oder nicht radiografische AS?
Radiografische AS oder nicht radiografische AS – diese Un-
terscheidung wird immer mehr infrage gestellt. Prof. Atul A.
Deodhar aus Portland (Oregon/USA) machte darauf auf-
merksam, dass auch bei einer nicht radiografischen AS knö-
cherne Veränderungen vorhanden sein können. Deshalb sei
eine MRT-Bildgebung sinnvoll, zumal damit sowohl ent-
zündliche als auch strukturelle Veränderungen an den Sa-
kroiliakalgelenken zu erkennen seien.
s
Klaus Duffner
Quelle: How-to-Treat-Session «Spondylarthritis» beim virtuellen EULAR-Kongress am 2. Juni 2021.
Referenz: 1. Poddubnyy D et al.: A time shifted effect of tumor necrosis factor
inhibitors on radiographic spinal progression in patients with axial spondylarthritis: long-time results from the german spondylarthritis inception cohort. EULAR 2021; Vortrag/Abstract OP0139.
16 CongressSelection Rheumatologie | September 2021