Transkript
AAAAI
COVID-19 und Asthma
Kein erhöhtes Risiko bei guter Asthmakontrolle
Obwohl es auch von Medizinern oft anders kommuniziert wird, zeigen Studiendaten eindeutig: Ein Asthma ist kein Risikofaktor für schwere Verläufe von COVID-19. Eine aktuelle und auf dem AAAAIKongress 2021 vorgestellte Studie attestierte Patienten mit allergischem Asthma sogar ein erniedrigtes Risiko. Eine mögliche Erklärung ergibt sich aus der Beobachtung, dass der für SARS-CoV-2 wichtige Rezeptor ACE2 bei Allergikern herunterreguliert ist.
Es gibt auch gute Nachrichten – so zum Beispiel, dass die Virusinfektionen insgesamt abgenommen haben. Über dieses paradoxe Phänomen wurde auf dem AAAAI-Kongress in einem Poster berichtet (1). Durch die Abstands- und Hygienemassnahmen aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie haben demnach andere virale Infektionen massiv abgenommen. Dies gilt nicht nur für respiratorische Infektionen, vielmehr haben auch gastrointestinale Virusinfektionen, wie zum Beispiel Infektionen mit dem Norovirus, abgenommen. Eine weitere gute Nachricht wurde ebenfalls durch weitere Studien untermauert: Anders als immer wieder, teilweise auch von Fachleuten, kommuniziert, ist bei objektiver Betrachtung ein Asthma bronchiale kein Risikofaktor für schwere Verläufe von COVID-19. Dies sei in mehreren Studien auf dem Kongress einmal mehr bestätigt worden, betonte Prof. Marek Lommatsch aus Rostock auf einem Onlinemeeting für Ärzte, in dem über die Highlights beim diesjährigen AAAAI-Kongress berichtet wurde. In einer Studie aus Stanford wurde das Risiko für Krankenhausaufnahmen von Asthmatikern, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert hatten, dem Risiko der Allgemeinbevölkerung gegenübergestellt. Man konnte zeigen, dass insbesondere die Patienten mit einem allergischen Asthma bei einer Infektion mit dem neuen Coronavirus sogar ein geringeres Hospitalisierungsrisiko hatten (2). «Wir vermuten, dass das daran liegt, dass der Rezeptor ACE2,
der für die Aufnahme des Virus in die Zelle notwendig ist, vor
allem bei Patienten mit Allergien und allergischem Asthma in
den Atemwegen herunterreguliert ist», so Lommatsch weiter.
Diese Beobachtung bestätigten frühere Studien, die in die
gleiche Richtung gezeigt und ebenfalls speziell dem allergi-
schen Asthma eine gewisse Protektion vor schweren
COVID-19-Verläufen bescheinigt hätten.
Auch eine Arbeitsgruppe aus Boston hatte das COVID-19-Ri-
siko von Patienten mit und ohne Asthma verglichen und dazu
über 3000 COVID-19-Fälle ausgewertet. In der Sterblichkeit
zeigte sich ein deutlicher Unterschied: So starb 1 Prozent der
Asthmapatienten, verglichen mit 3 Prozent der Patienten
ohne Asthma. Das Risiko, an COVID-19 zu sterben, war bei
den Asthmatikern somit deutlich niedriger als bei den
Nicht-Asthmatikern (3).
Eine weitere Metaanalyse bestätigte diese Beobachtungen
(4). Darin wurden die Daten von insgesamt 76 393 COVID-
19-Patienten aus 18 Beobachtungsstudien ausgewertet. Auch
hier ergab sich für die Asthmapatienten insgesamt kein signi-
fikant erhöhtes Erkrankungsrisiko sowie eine im Vergleich
zur Normalbevölkerung sogar erniedrigte Todesrate (Odds
Ratio 0,73). Wie Lommatsch abschliessend konstatierte, be-
stätigen diese Daten die Einschätzung der Deutschen Gesell-
schaft für Pneumologie (DGP); diese hatte in einem Positi-
onspapier klargestellt, dass Asthma keinen Risikofaktor für
schwere COVID-19-Verläufe darstelle (5).
s
Mund-Nase-Masken: Keine Beeinträchtigung der Sauerstoffsättigung
Entwarnung gab es auch für das angebliche Risiko durch Mund-NaseMasken: In einer Studie der Michigan Medicine Allergy Clinic wurden die Patienten nach ihrer Diagnose, dem Grad ihrer Asthmakontrolle sowie nach der Art und der Tragedauer ihrer Masken befragt, darüber hinaus wurde ihre Sauerstoffsättigung (SpO2) mit einer Pulsoxymetrie bestimmt. Insgesamt 223 Datensätze konnten erhoben und ausgewertet werden. Die SpO2 lag sowohl bei den Asthmatikern als auch bei den Nicht-Asthmatikern im Bereich von 93 bis 100 Prozent und im Durchschnitt jeweils bei 98 Prozent, ohne erkennbare Unterschiede. Auch die Asthmakontrolle beeinflusste nicht relevant die Ergebnisse. Ferner hatten weder die Art der Maske (Stoff, medizinische Maske, N95-Maske) noch die Tragedauer irgendwelche Einflüsse auf die gemessene Sauerstoffsättigung (6).
Adela Žatecky
Quelle: Jahrestreffen der American Academy of Allergy, Asthma and Immunology (AAAAI), 26. Februar bis 1. März 2021 online.
Referenzen: 1. Freeman C et al.: Physical Distancing – A Role in Keeping Viral
Induced Asthma at Arm’s Length? AAAAI 2021, Poster 136. 2. Eggert L et al.: Asthma as a predictor of more severe outcomes
in COVID-19 infection. AAAAI 2021, Poster 138. 3. Robinson et al.: COVID-19 severity in asthma patients: A multi-
center matched cohort study. AAAAI 2021, Poster L22. 4. Sitek A et al.: COVID-19-Associated Hospitalization and Outcomes
in Patients with Asthma: A Systematic Review and Meta-analysis. AAAAI 2021, Poster L28. 5. Lommatsch M et al.: Risikoabschätzung bei Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie. Pneumologie. 2021;75(01):19-30. 6. Freigeh G et al.: Wear a Mask! Masks Don’t Affect Oxygen Saturation in Patients with Asthma. AAAAI 2021, Poster L18.
CongressSelection Allergologie | Mai 2021
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