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Blutdrucksenkung mit konsistentem Effekt
10 Prozent weniger Ereignisse pro 5-mmHg-Senkung
ESC
Die medikamentöse Blutdrucksenkung ist bei Patienten mit Hypertonie eine bewährte und anerkannte Therapie zur Verringerung des kardiovaskulären Risikos. Doch bei welchen Patienten sollte der Blutdruck wie tief gesenkt werden? Die internationalen Guidelines sind sich hier nicht in allen Punkten einig. Eine interessante Studie zur Frage, bei wem die Blutdrucksenkung etwas nützt, wurde am ESC-Kongress präsentiert.
Die BPLTTC-Studie ging den Fragen nach, wel-
che Effekte die Hypertoniebehandlung bei Pa-
tienten mit einem Blutdruck unter dem typi-
schen Hypertoniegrenzwert (< 140 mmHg) hat und wie sich die Effekte einer Hypertoniebe- handlung bei Patienten mit oder ohne kardio- vaskuläre Vorerkrankung unterscheiden bezie- hungsweise ob die Indikationen in der primären und sekundären Prävention unterschiedlich Prof. Kazem Rahimi sein sollten. In die Analyse flossen 48 randomisiert kontrol- lierte Hypertoniestudien mit Patienten mit schweren kardio- vaskulären Ereignissen (MACE) als primärem Endpunkt ein. Sie sollte eine Antwort darauf liefern, bei wem und bei wel- chem Blutdruck eine Therapie am meisten nütze, wie Studi- enleiter Prof. Kazem Rahimi, University of Oxford (UK), berichtete. Von den 348 854 Patienten hatten 188 583 Patienten keine kardiovaskuläre Erkrankung (Anteil Frauen 49%), 160 271 waren kardiovaskulär vorerkrankt (Anteil Frauen 33%). Die Patienten waren im Durchschnitt 65 Jahre alt, der Ausgangs- blutdruck lag in der Primärpräventionsgruppe bei durch- schnittlich 157/89 mmHg, in der Sekundärpräventions- gruppe bei 146/84 mmHg. Das mediane Follow-up betrug etwa 4 Jahre. Etwa ein Drittel der Patienten beider Gruppen hatte Diabetes, 7 bis 9 Prozent Vorhofflimmern, an chroni- scher Niereninsuffizienz litten 19 Prozent in der Primärprä- ventionsgruppe und 10 Prozent in der Sekundärpräventions- gruppe. Häufigste Hypertoniemedikationen in der Primär- präventionsgruppe waren ACE-Hemmer (29%), Kalziumkanalblocker (27%), Diuretika (23%), Betablocker (18%) und Angiotensin-2-Rezeptor-Blocker (11%). In der Sekundärpräventionsgruppe waren Betablocker (44%), ACE-Hemmer (36%), Kalziumkanalblocker (34%), Diuretika (21%) und Angiotensin-2-Rezeptor-Blocker (6%) im Einsatz. Ausserdem standen in der Sekundärpräventionsgruppe noch Lipidsenker (53%) und Plättchenhemmer (65%) auf der Medikationsliste, in der Primärpräventionsgruppe war das bei etwa 20 Prozent der Patienten der Fall. Konsistenter Effekt Die Analyse zeigte, dass jede Senkung des systolischen Blut- drucks um 5 mmHg im Vergleich zu keiner Intervention eine Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse von 10 Prozent bringt (9% Primärprävention, 11% Sekundärprävention). Im Einzelnen sanken die Raten von Hirnschlag um 13 Pro- zent, von Herzinsuffizienz um 14 Prozent, von ischämischen Herzerkrankungen um 7 Prozent und von kardiovaskulärem Tod um 5 Prozent. Dieser Effekt zeigte sich unabhängig vom Ausgangsblutdruck sowohl in der Primär- als auch in der Sekundärprävention. Die Verschreibung einer antihypertensiven Therapie sollte demnach nicht von einer vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankung oder vom gemessenen Blutdruck abhängig ge- macht werden. Vielmehr sollte sie als risikomodifizierende Behandlung für die Prävention von neuen oder wiederholten kardiovaskulären Ereignissen verstanden werden, unabhän- gig davon, wie hoch der Ausgangsblutdruck ist, so die Schlussfolgerung des Studienleiters. s Valérie Herzog Quelle: «Hotline BPLTTC», Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC), 28. August bis 2. September 2020, virtuell. CongressSelection Kardiologie | Diabetologie | Pneumologie | Dezember 2020 9