Transkript
ADA/HFA
Therapie bei Herzinsuffizienzpatienten
SGLT2-Hemmer und Diuretika kein Problem
Im letzten Jahr zeigte der SGLT2-Hemmer Dapagliflozin bei der Präsentation der DAPA-HF-Studie eine Risikoreduktion bei der Verschlechterung der Herzinsuffizienz oder beim kardiovaskulären Tod bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit und ohne Typ-2-Diabetes. Am Jahreskongress der American Diabetes Association (ADA) und am Kongress der Heart Failure Association (HFA) wurden nun Subanalysen präsentiert, die einerseits ein diabetespräventives Potenzial für Dapagliflozin nahelegen und andererseits zeigen, dass eine gleichzeitige Diuretikatherapie bei Herzinsuffizienzpatienten kein Problem darstellt.
An der original DAPA-HF-Studie nahmen 4474 Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) teil. Unter den durchschnittlich 66-jährigen Teilnehmern befanden sich Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes. Sie erhielten entweder Dapagliflozin 10 mg/Tag oder Plazebo während 18 Monaten. Die Studie zeigte, dass das Risiko für eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz oder für die kardiovaskuläre Mortalität bei Patienten unter Dapagliflozin um 26 Prozent tiefer lag als unter Plazebo, unabhängig von einer gleichzeitig bestehenden Typ-2-Diabetes-Erkrankung (1).
Quellen: «Effect of Dapagliflozin on the incidence of diabetes. A prespecified exploratory analysis from DAPA-HF», Jahreskongress der American Diabetes Association, 12. bis 16. Juni 2020, virtuell, und «Late-breaking science session 1 – Clinial trial update», Kongress der Heart Failure Association, Juni 2020, virtuell.
Referenzen: 1. McMurray JJV et al.: Dapagliflozin in Patients with Heart Failure and Reduced Ejection Fraction. N Engl J Med 2019; 381: 1995–2008.
Hinweis auf Diabetesprävention
In einer nun am ADA-Kongress präsentierten vordefinierten Substudie ging es um die Frage, ob Dapagliflozin die Inzidenz einer Typ-2-Diabetes-Erkrankung senkt. Dazu wurde die Gruppe der Herzinsuffizienzpatienten ohne Typ-2-Diabetes (n = 2605, 55% der Studienpopulation) zu Studienbeginn analysiert. Von diesen hatten 1298 Patienten Dapagliflozin und 1307 Plazebo erhalten. Eine Typ-2-Diabetes-Neuerkrankung war als Erhöhung des HbA1c-Wertes über 6,5 Prozent definiert. Bei Studienende hatten 157 Patienten (6%) eine Typ-2-Diabetes-Erkrankung entwickelt, davon waren 150/157 Patienten (95,5%) zu Studienbeginn prädiabetisch (HbA1c: 5,7–6,4%). Die neu Diagnostizierten hatten in der Regel einen höheren Body-Mass-Index, höhere HbA1c-Werte und eine bereits schlechtere Nierenfunktion als die Patienten, die keinen Typ-2-Diabetes entwickelten. In der Dapagliflozingruppe entwickelten 64 von 1298 Patienten (4,9%) einen Typ-2-Diabetes, in der Plazebogruppe waren es 93 von 1307 Patienten (7,1%), was einer signifikanten Risikoreduktion von 32 Prozent entspricht (Hazard Ratio [HR]: 0,68; 95-Konfidenzintervall: 0,50–0,94; p = 0,019). Zudem lag der Gesamtmortalitätsanstieg unter den neu Erkrankten bei 70 Prozent, wie eine weitergehende exploratorische Analyse zeigte (HR: 1,70; p = 0,035). Diese Resultate legten nahe, dass Dapagliflozin das Potenzial habe, bei Herzinsuffizienten zusätzlich eine diabetespräventive Wirkung zu entfalten, erklärte Studienleiter Prof. Silvio Inzucchi, Yale University School of Medicine am ADA-Kongress.
Dapagliflozin plus Diuretika kein Problem
Sehr viele Herzinsuffizienzpatienten erhalten im Rahmen
ihrer Therapie Diuretika. Das führt zu der Frage, ob bei
Herzinsuffizienten mit Dapagliflozin gleichzeitig Diuretika
verwendet werden könnten. Denn SGLT2-Hemmer führen
durch ihren Wirkmechanismus nebst der Glukosurie selbst
zu Natriurese und zu Wasserexkretion.
In einer weiteren, am HFA-Kongress präsentierten Substudie
wurde diese Fragestellung untersucht. In der DAPA-HF-
Studie standen 84 Prozent der Teilnehmer im Rahmen ihrer
Herzinsuffizienztherapie auch unter Diuretika wie Schleifen-
oder Thiaziddiuretika. Untersucht wurde nun die Verände-
rung der Dosierungen der Diuretika (umgerechnet in Schlei-
fendiuretika-Äquivalent) und von Dapagliflozin im Studien-
verlauf.
Die Analyse habe gezeigt, dass bei den meisten Patienten
keine Änderungen in der Dosierung der Diuretika vorgenom-
men worden seien, berichtete Substudienleiterin Dr. Alice
Jackson, BHF Cardiovascular Research Centre, University of
Glasgow (UK). Im Vergleich zu Plazebo sank das Risiko für
kardiovaskuläre Ereignisse und herzinsuffizienzbedingte
Hospitaliserung unter Dapagliflozin, dieser Effekt wurde
durch eine Diuretikaeinnahme nicht beeinflusst. Verände-
rungen bei einzelnen Parametern zeigten folgendes Bild:
Nach einem anfänglichen Anstieg des Hämatokritwerts
unter Dapagliflozin blieb dieser in den Gruppen mit und
ohne Diuretika über den Studienverlauf mehr oder weniger
konstant, der systolische Blutdruck und das Kreatinin ver-
änderten sich in beiden Studienarmen mit und ohne Diure-
tika nicht. Verglichen mit Plazebo, kam es unter Dapagliflo-
zin plus Diuretika zu einer leicht stärkeren Volumendeple-
tion. Das führte aber weder zu einer Verschlechterung der
Nierenfunktion noch zu einem Abbruch der Studienmedika-
tion. Diese Resultate zeigten, dass Dapagliflozin bei Herzin-
suffizienzpatienten sicher angewendet werden könne, unab-
hängig von einer gleichzeitigen Diuretikatherapie, kommen-
tierte Prof. Wolfram Doehner von der Charité Berlin (D) die
Resultate.
s
Valérie Herzog
12 CongressSelection Diabetologie | Kardiologie | September 2020