Transkript
ACC
VOYAGER-PAD-Studie
pAVK-Patienten profitieren von Kombination DOAK plus ASS
Die Kombination Rivaroxaban/Acetylsalicylsäure (ASS) schützt gemäss der COMPASS-Studie Patienten mit stabiler atherosklerotischer Gefässerkrankung besser vor kardiovaskulären Ereignissen als ASS allein (1). Die Kombination bewahrt auch Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit nach Gefässrevaskularisierung vor neuerlichen kardiovaskulären Ereignissen oder Beinischämien, wie die am ACC-Kongress vorgestellte VOYAGER-PAD-Studie zeigte.
Von einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) sind weltweit 200 Millionen Menschen betroffen. Sie haben ausserdem ein hohes Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse (major adverse cardiac events, MACE) wie Hirnschlag, Herzinfarkt oder kardiovaskulären Tod sowie für akute Extremitätenischämien oder Amputationen (major adverse limb events, MALE). Auch nach erfolgter Gefässrevaskularisierung bleibe die Inzidenz für weitere Ereignisse hoch, berichtete Dr. Marc Bonaca, University of Colorado School of Medicine, Aurora (USA), am ACC-Kongress. Trotz dieser Tatsache gab es bisher keine antithrombotische Strategie, die nach einer pAVK-Intervention bewiesenermassen MACE und MALE senken kann, ohne die Blutungsrate übermässig zu erhöhen. Diese Wissenslücke füllt nun die internationale, doppelblind randomisierte und kontrollierte VOYAGER-Studie, die am ACC-Kongress vom Erstautor Bonaca präsentiert wurde. Sie prüfte bei über 50-jährigen pAVK-Patienten (n = 6564), die sich einer erfolgreichen Beingefässrevaskularisierung unterzogen hatten, ob Rivaroxaban 2 × 2 ,5 mg/Tag plus Acteylsalicylsäure (ASS) 100 mg/Tag versus ASS allein im Anschluss an die Revaskularisierung das MALE- und MACE-Risiko senkt und sicher ist. Als primärer Endpunkt war eine Kombination aus akuter Extremitätenischämie, Amputation infolge vaskulärer Ätiologie, Myokardinfarkt, ischämischem Hirnschlag oder kardiovaskulärem Tod definiert. Als primärer Sicherheitsendpunkt galt eine schwere Blutung nach TIMI-Definition (thrombolysis in myocardial infarction), die eine tödliche Blutung, eine intrakraniale Blutung, ein Absinken des Hämoglobins um ≥ 5 g/dl oder des Hämatokrits um ≥ 15 Prozent umfasste. Der sekundäre Sicherheitsendpunkt war als schwere Blutung nach ISTH-Kriterien (International Society of Thrombosis and Haemostasis) definiert, die eine tödliche Blutung, eine Blutung an kritischer Stelle, ein Absinken des Hämoglobins um ≥ 2 g/dl oder eine Bluttransfusion von 2 Einheiten umfassten.
Weniger Ereignisse, weniger TIMI-Blutungen
Je länger die Behandlung dauerte, desto grösser war der Unterschied der Rivaroxaban/ASS-Strategie zur ASS-Monotherapie. Nach 6 Monaten zeigte sich für die Rivaroxaban-
gruppe eine absolute Risikoreduktion (ARR) von 1,5 Pro-
zent bei einer Number Needed to Treat (NNT) von 65, nach
einem Jahr belief sich die ARR auf 2% (NNT = 50), und
nach 3 Jahren lag die ARR bei 2,6 Prozent (NNT = 39). Die
kumulative Inzidenz für ein Ereignis des primären Endpunk-
tes betrug nach 3 Jahren 17,3 Prozent unter Rivaroxaban/
ASS beziehungsweise 19,9 Prozent unter ASS-Monothera-
pie, was in einer signifikanten relativen Risikoreduktion von
15 Prozent (Hazard Ratio [HR]: 0,85; 95%-Konfidenzinter-
vall [KI]: 0,76–0,96) resultiert. Der Vorteil von Rivaroxa-
ban/ASS war auch in den Subgruppen wie bei Patienten mit
Diabetes, eingeschränkter Nierenfunktion, KHK, Männern
und Frauen konsistent. In Bezug auf die Blutungsrate waren
in der Rivaroxaban/ASS-Gruppe zwar numerisch mehr Blu-
tungsereignisse (62 vs. 44) eingetreten, doch war der Unter-
schied zur ASS-Monotherapiegruppe nicht signifikant (HR:
1,43; 95%-KI: 0,97–2,10; p = 0,07). Das galt auch bei geson-
derter Betrachtung von ischämischem oder tödlichem Hirn-
schlag sowie für die einzelnen Subgruppen. Die Blutungsrate
nach ISTH-Definition als sekundärer Endpunkt war dagegen
signifikant höher mit 140 versus 100 Ereignissen (HR: 1,42;
95%-KI: 1,10 –1,84; p = 0,007) (2).
Bei pAVK-Patienten nach Beingefässrevaskularisierung ver-
ringert die Kombination Rivaroxaban/ASS die Inzidenz von
neuen MALE- und MACE-Ereignissen signifikant stärker als
ASS allein. Die Inzidenz von schweren TIMI-Blutungen un-
terschied sich zwischen den Gruppen nicht signifikant, jene
von ISTH-Blutungen war unter der Kombination signifikant
grösser. Die Studie wurde zeitgleich mit der Präsentation
am ACC-Kongress im «New England Journal of Medicine»
publiziert.
s
Valérie Herzog
Quelle: «VOYAGER PAD», Jahreskongress des American College of Cardiology 28. bis 30. März 2020, virtuell.
Referenzen: 1. Eikelboom JW et al.: Rivaroxaban with or without aspirin in sta-
ble cardiovascular disease. N Engl J Med 2017; 377: 1319–1330. 2. Bonaca MP et al.: Rivaroxaban in peripheral artery disease after
revascularization. N Engl J Med 2020; 382: 1994–2004.
24 CongressSelection Diabetologie | Kardiologie | September 2020