Transkript
ACC
Late-Break-Studien PARAGON-HF und VICTORIA
Neuigkeiten in der Therapie der Herzinsuffizienz
Für Patienten mit Herzinsuffizienz gibt es je nach Ausprägung ihrer Erkrankung unterschiedliche Optionen. In der Behandlung der Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion reduziert Sacubitril/ Valsartan den kardialen Marker NT-proBNP, der seinerseits prognostisch für ein Ereignis ist. Das zeigte eine Analyse der PARAGON-HF-Studie. In der Therapie der Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion gibt es mit Vericiguat bald eine neue Option, wie die am ACC-Kongress präsentierte VICTORIAStudie nahelegte.
Bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) können die Progression und das Mortalitätsrisiko nach herzinsuffizienzbedingter Hospitalisierung durch Sacubitril/ Valsartan nicht bei allen Patienten aufgehalten werden. Die im letzten Jahr präsentierte PARAGON-Studie zeigte bei diesen Patienten eine geringe, knapp nicht signifikante Reduktion von herzinsuffizienzbedingten Hospitalisierungen und kardiovaskulärem Tod. Eine Verbesserung der NYHA-Klasse trat bei 15 Prozent der Patienten unter Sacubitril/Valsartan ein, verglichen mit 12,6 Prozent unter Plazebo (p = 0,05). Es zeigte sich aber, dass Frauen und Patienten mit niedriger linksventrikulärer Auswurffraktion (LVEF) (< 45%) profitieren können (1). Eine am Kongress präsentierte neue Analyse der Studie untersuchte nun die Beziehung zwischen NT-proBNP und dem Effekt von Sacubitril/Valsartan bei HFpEF-Patienten. Es zeigte sich, dass NT-proBNP ein Ereignis bei HFpEF voraussagt. Im Vergleich zu Valsartan allein senkte die Kombination das NT-proBNP um 19 Prozent, unabhängig von LVEF und Geschlecht, wie Prof. Jonathan Cunningham vom Brigham and Women’s Hospital in Boston am ACC-Kongress zusammenfasste. Die Studie wurde zeitgleich im «Journal of American College of Cardiology Heart Failure» publiziert (2). Neue Substanz am HFrEF-Horizont Bei der Suche nach neuen Therapien scheint der sGC-Stimulator (sGC = soluble guanylate cyclase) Vericiguat als Ergänzung zur herkömmlichen Therapie vielversprechend zu sein, wie die am ACC-Kongress präsentierte Phase-III-Studie VICTORIA nahelegt. Vericiguat erweitert die Gefässe und reduziert im Myokard Versteifung, Fibrose und Remodelling. In der doppelblind randomisierten Studie erhielten 5050 Patienten zusätzlich zur Standardtherapie während 10,8 Monaten 10 mg Vericiguat versus Plazebo. Die teilnehmenden Patienten litten an einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) (NYHA II–IV, davon etwa 40% III–IV, EF < 45%, durchschnittliche EF: 29%) und waren wegen einer akuten Verschlechterung kürzlich hospi- talisiert worden oder hatten eine intravenöse Diuretikum- therapie erhalten. Als primärer Endpunkt galt die Kombina- tion aus kardiovaskulärem Tod oder Hospitalisation infolge akuter Verschlechterung der Herzinsuffizienz. In der Vericiguatgruppe ereignete sich der primäre Endpunkt bei 897/2526 Patienten (35,5%), während das unter Pla- zebo bei 972/2564 Patienten (38,5%) der Fall war. Das er- gibt für Vericiguat eine signifikante Risikoreduktion von 10 Prozent (Hazard Ratio [HR]: 0,90; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,82–0,98; p = 0,02) und eine absolute Risikoreduk- tion von 4,2 Prozent (3). Wegen der hohen Ereignisrate bei dieser Population bedeute die absolute Risikoreduktion von 4,2 pro 100 Patientenjahre, dass etwa 24 Patienten ein Jahr lang behandelt werden müssten, um ein Ereignis zu verhin- dern, erklärte Studienleiter Prof. Paul Armstrong, Canadian VIGOUR Centre, Edmonton (CAN), am ACC-Kongress. Die Gesamtmortalität wurde jedoch nicht signifikant reduziert. Vericiguat war gut verträglich. Gesamthaft traten etwa gleich viele Nebenwirkungen wie unter Plazebo auf (80,5 vs. 81%). Unter Vericiguat war das Risiko für die klinisch vordefinier- ten Nebenwirkungen wie vermehrte Hypotonie numerisch leicht höher (9,1 vs. 7,9%), ebenso für Synkopen (4,0 vs. 3,5%) und Anämien (7,6 vs. 5,7%). s Valérie Herzog Quelle: «Late-Breaking Clinical Trials I – The VICTORIA (Vericiguat Global Study in Subjects with Heart Failure with reduced Ejection Fraction) Trial», Jahreskongress des American College of Cardiology, 28. bis 30. März 2020, virtuell. Referenzen: 1. Solomon SD et al.: Angiotensin–neprilysin inhibition in heart failure with preserved ejection fraction. N Engl J Med 2019; 381: 1609–1620. 2. Cunningham JW et al.: Effects of sacubitril/valsartan on N-Terminal Pro-B-type natriuretic peptide in heart failure with preserved ejection fraction. JACC Heart Fail 2020; 8: 372–381. 3. Armstrong PW et al.: Vericiguat in patients with heart failure and reduced ejection fraction. N Engl J Med 2020; 382: 1883–1893. CongressSelection Diabetologie | Kardiologie | September 2020 19