Transkript
ADA
Kurzmeldungen
DPPOS-Studie: Diabetesprävention ist möglich
Mit Metformin oder einer Lebensstilmodifikation lässt sich
das Diabetesrisiko bei Patienten mit hohem Diabetesrisiko
um 58 beziehungsweise 31 Prozent verringern. Das zeigte die
damalige DPP-Studie (n = 3234), deren Teilnehmer eine der
beiden Interventionen (Metformin 850 mg 2 ×/Tag oder
Lebensstilmodifikation: 7% Gewichtsverlust und Bewegung
150 min/Woche) versus Plazebo während durchschnittlich
3 Jahren zwischen 1996 und 2001 anwendeten. Inzwischen
wurde die Studie (DPPOS) mit den ursprünglichen sowie
neuen Teilnehmern fortgeführt. Nach durchschnittlich
22 Jahren zeigte sich folgendes Bild: Die inzwischen durch-
schnittlich 72-jährigen Teilnehmer aus der ursprünglichen
Studie hatten mit einer der beiden Interventionen, verglichen
mit der Plazebogruppe, immer noch ein um 25 (Metformin)
beziehungsweise 18 Prozent (Lebensstil) tieferes Risiko, an
Diabetes zu erkranken. Der Präventionseffekt bleibe dem-
nach erhalten, so Studienleiter Prof. David Nathan, Clinical
Research Center and Diabetes Center at Massachusetts
General Hospital, Boston (USA), am ADA-Kongress. Jene
Teilnehmer, die ursprünglich keinen Diabetes entwickelt
hatten, haben nach 22 Jahren ein signifikant geringeres Risiko
für die Entwicklung von Augenveränderungen (57%),
Nierenerkrankungen (37%) und kardiovaskuläre Ereignisse
(39%). Diese Daten zeigen, wie kraftvoll und anhaltend der
Langzeitnutzen dieser beiden Interventionen ist.
vh
Quelle: «New Data on Clinical Outcomes from the Diabetes Prevention Program Outcomes Study (DPPOS)», Jahreskongress der American Diabetes Association, 12. bis 16. Juni 2020, virtuell.
sss
TEDDY-Studie: Was triggert den Ausbruch von Typ-1-Diabetes?
Mehr als 3 Prozent der Gesamtbevölkerung leidet an Typ-1Diabetes. Warum die Betazellen im Kindesalter bei gewissen Kindern durch das eigene Immunsystem zerstört werden, ist eine Fragestellung der multizentrischen TEDDY-Studie, die seit 2004 läuft. Von Interesse sind Daten über Viren und Nahrungsmittel, die Gene aktivieren, welche die Betazelldestruktion in Gang setzen. Studienteilnehmer sind Säuglinge mit Typ-1-Diabetes-Risiko. Sie werden während 15 Jahren nachverfolgt. Es zeigte sich unter anderem, dass die autoimmune Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen bereits in den ersten 2 Lebensjahren einsetzt. Hinsichtlich genetischer Faktoren und Immunphänotyp scheint es zudem 2 Subtypen der Erkrankung zu geben. Zu den am ADA-Kongress präsentierten Update-Ergebnissen gehört die Erkenntnis, dass die permanente Präsenz von Enterovirus-B-Spezies im kindlichen Stuhl die Entwicklung einer Inselzellautoimmunität voraussagt. Darüber hinaus konnte bei Kindern mit einer Entwicklung von Inselzellantikörpern im Vergleich zu den Kontrollen eine subtile Veränderung im Darmmikrobiom beobachtet werden. Eine frühe Verabreichung von Probiotika könnte dieses Risiko verringern. Ein zusätzlich potenzieller
Nutzen zeigte sich bei der Verwendung von Vitamin D,
Vitamin C oder einer Ernährung, die reich an mehrfach
ungesättigten Fettsäuren ist. Diese Beobachtungen müssen
jedoch in randomisiert kontrollierten Studien überprüft
werden.
vh
Quelle: «Update from the TEDDY Study», Jahreskongress der American Diabetes Association, 12. bis 16. Juni 2020, virtuell.
sss
Diabetestherapie: Psyche nicht vergessen
Jeder dritte Diabetespatient erhält keine Unterstützung
hinsichtlich emotionalen Umgangs mit der Diabetes-
erkrankung, wie eine dänische Studie mit 9869 Patienten
zeigte. Die Patienten litten an Typ-2-Diabetes (71%) und an
Typ-1-Diabetes. Der Untersuchung zufolge gaben 18 Pro-
zent der befragten Diabetespatienten an, Unterstützung
durch einen Psychologen zu benötigen, diese aber nicht zu
erhalten. 36 Prozent der Befragten berichteten, dass sie
keinen Support erhielten, um mit der Diabeteserkrankung
emotional fertigzuwerden.
Die meisten Patienten hatten Zugang zu einer qualitativ
guten Diabetestherapie. Etwa ein Fünftel von ihnen gab aber
an, dass sich die Krankheit die meiste Zeit negativ auf ihre
Psyche auswirke, zu viel Platz im täglichen Leben einnehme
und sie psychologische Unterstützung bräuchten, diese
jedoch nicht erhielten.
Auch 21 Prozent der 761 befragten Pflegepersonen bestätig-
ten, dass die Patienten nicht die benötigte emotionale Unter-
stützung erhielten. Diese Ergebnisse zeigten, dass vulnerable
Patienten mehrgleisig betreut werden sollten, so Studienleiter
Prof. Soren Skovlund, Steno Diabetes Center North Den-
mark, Aalborg University Hospital, Aalborg (DK). Dazu
gehöre auch eine psychologische Unterstützung.
vh
Quelle: «20-OR – Psychological impact and need for psychological care and support: what do people with diabetes and caregivers say? Results of a scientific survey of 9869 People with diabetes and caregivers in Denmark», Jahreskongress der American Diabetes Association, 12. bis 16. Juni 2020, virtuell.
sss
RELIEF-Studie: Weniger diabetische Ketoazidosen mit Freestyle Libre
Das sensorbasierte Blutzuckerüberwachungssystem Freestyle Libre führt zu einer Halbierung von ketoazidosebedingten Hospitalisationen bei Typ-1- wie auch bei Typ-2Diabetikern. Das zeigte die RELIEF-Studie, an der 33 203 Patienten mit Typ-1-Diabetes und 40 955 Patienten mit Typ-2-Diabetes während 5 Monaten teilnahmen. Dabei zeigte sich, dass nach Installation der sensorbasierten Blutzuckerüberwachung die Rate an diabetischen Ketoazidosen im Vergleich zum Jahr davor bei Typ-1-Diabetikern um 52 und bei Typ-2-Diabetikern um 47 Prozent sank. Die Reduktion war besonders ausgeprägt bei Patienten, die im Jahr zuvor
CongressSelection Diabetologie | Kardiologie | September 2020
keine Blutzuckerselbstkontrolle durchführten (–60 bzw.
–51%). Bei jenen, die über 5 Teststreifen zur Kontrolle
anwendeten, verringerte sich die Rate ebenfalls markant
(59 bzw. 52%). Eine Reduktion von ketoazidosebedingten
Hospitalisationen war bei Patienten mit täglich multiplen
Insulininjektionen wie auch bei Patienten mit Insulinpumpen
zu beobachten. Es scheine, dass das Überwachungssystem
den Patienten erlaube, Hyperglykämiephasen zu entdecken,
entsprechend zu kontrollieren und damit einer diabetischen
Ketoazidose zuvorzukommen, so das Fazit des Studienleiters
Prof. Ronan Roussel, Chefarzt Departement Endokrinologie,
Diabetes und Ernährung, Hôpital Bichat, Paris (F).
vh
Quelle: «Dramatic drop in ketoacidosis rate after FreeStyle Libre system initiation in type 1 and type 2 diabetes in France, especially in people with low self-monitoring of blood glucose (SMBG): a nationwide study. 68-OR», Jahreskongress der American Diabetes Association, 12. bis 16. Juni 2020, virtuell.
sss
Schlechtere Blutzuckerkontrolle
trotz besserer Möglichkeiten
Verglichen mit jugendlichen Diabetespatienten aus den
Jahren 2002 bis 2007, weisen heutige Jugendliche und junge
Erwachsene eine schlechtere Blutzuckerkontrolle auf, obwohl
bessere Technologien und neuere Therapien verfügbar sind
und die Blutzuckerzielwerte tiefer sind, wie eine aktuelle
Analyse der laufenden SEARCH-Registerstudie zeigt. Diese
sammelt seit dem Jahr 2000 von über 27 000 Teilnehmern
aus 10 verschiedenen amerikanischen Bundesstaaten Daten.
Die Daten zeigen, dass die jungen Typ-1-Diabetiker eine
schlechtere glykämische Kontrolle aufweisen als frühere Ko-
horten. Bei Teilnehmern mit einer Typ-2-Diabetes-Diagnose
in der Kindheit und einer Erkrankungsdauer von mehr als
10 Jahren ist in den letzten Jahren ebenfalls ein Trend zu
schlechteren Werten sichtbar. «Diese Resultate zeigen, dass
nicht alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen von den the-
rapeutischen Neuerungen der letzten 20 Jahre profitieren»,
sagte Studienleiter Prof. Faisal Malik, University of Washing-
ton School of Medicine (USA). Wichtig seien deshalb Inter-
ventionen, welche die therapeutischen Möglichkeiten mit
Verhaltensanpassung und sozialer Einbettung kombinierten,
um die Blutzuckerwerte verbessern zu können.
vh
Quelle: «Trends in glycemic control among youth with diabetes: the search for diabetes in youth study», Jahreskongress der American Diabetes Association, 12. bis 16. Juni 2020, virtuell.
CongressSelection Diabetologie | Kardiologie | September 2020
ADA