Transkript
ACC
TICO- und TWILIGHT-Studien
Ab viertem Monat Ticagrelormonotherapie
Bei Patienten nach Stentimplantation aufgrund eines akuten Koronarsyndroms (ACS) bedarf es einer thrombolytischen Langzeittherapie von 12 Monaten. Dass dabei die Weiterführung der während der ersten 3 Monate eingerichteten dualen Plättchenhemmung (DAPT) mit Acetylsalicylsäure (ASS) plus Ticagrelor nicht besser ist als eine Therapie nur mit Ticagrelor in den Monaten 4 bis 12, bestätigte auch die TICO-Studie erneut.
Am ACC-Kongress berichtete Prof. Yangsoo Jang, Yonsei University Severance Cardiovascular Hospital College of Medicine, Seoul, Korea, über die Resultate der TICOStudie. Darin wurde untersucht, ob eine Monotherapie mit Ticagrelor nach anfänglicher 3-monatiger DAPT mit ASS/ Ticagrelor in Bezug auf die Wirksamkeit und die Sicherheit eine valable Option ist. An der prospektiven, randomisierten und multizentrischen Studie nahmen 3056 Patienten nach Stenteinlage infolge ACS teil, der primäre Endpunkt war als Kombination aus schwerer Blutung und schweren kardialen und kardiovaskulären Ereignissen (MACCE) definiert. Die Patienten erhielten während der ersten 3 Monate nach Stentimplantation eine DAPT mit ASS 100 mg/Tag und Ticagrelor. Nach Ablauf dieser 3 Monate wurde bei einer Gruppe ASS abgesetzt, bei der zweiten Gruppe lief die DAPT unverändert weiter. Die Patienten waren durchschnittlich 61 Jahre alt und überwiegend männlich (80%) (1). Nach Ablauf dieser 12 Monate zeigte sich folgendes Bild: Während der ersten 3 Monate verliefen die Inzidenzraten von neuen Ereignissen erwartungsgemäss parallel. Doch nach diesem Zeitpunkt trennten sich die Kurvenverläufe. Nach einem Jahr war der primäre Endpunkt unter DAPT bei 5,9 Prozent der Patienten eingetreten, unter der Ticagrelormonotherapie dagegen bei 3,9 Prozent, mit signifikantem Unterschied (Hazard Ratio [HR]: 0,66; 95-Konfidenzintervall [KI]: 0, 48–0,92; p = 0,01). Der Unterschied kam hauptsächlich durch die Reduktion von schweren Blutungen unter der Ticagrelormonotherapie zustande (3% DAPT vs. 1,7% Monotherapie). Dieses Ergebnis zeige, dass eine Monotherapie mit Ticagrelor bei Patienten nach Stenteinlage eine gute Option darstelle, bei der sich das Ischämie- und das Blutungsrisiko die Waage hielten, so das Fazit des Studienleiters Jang.
TWILIGHT spurte vor
Dass sich das Blutungsrisiko ebenfalls deutlich verringert, wenn nach einer perkutanen Koronarintervention (PCI) frühzeitig auf eine Ticagrelormonotherapie umgestellt wird, zeigte sich auch in der TWILIGHT-Studie, an der 9006 Herzpatienten mit PCI und erhöhtem Risiko für Blutungen oder thrombotische Komplikationen teilgenommen hatten: Durch den frühen ASSStopp sank das Blutungsrisiko von 7,1 auf 4 Prozent (2).
Am ACC-Kongress wurden nun Ergebnisse zweier Subgrup-
penanalysen vorgestellt. Die eine Subgruppe (TWILIGHT-
Complex) betraf Patienten mit komplexen perkutanen Koro-
narinterventionen wie beispielsweise ≥ 3 Läsionen oder einer
totalen Stentlänge von ≥ 60 mm. Unter den 9006 Teilnehmern
der TWILIGHT-Studie befanden sich 2342 (32,8%) Patien-
ten mit komplexer PCI. Auch bei diesen Patienten sei die
Blutungsrate in der Monotherapiegruppe deutlich reduziert
(4,2 vs. 7,7%; HR: 0,54; 95%-KI: 0,38–0,76), ohne das
Risiko für Tod, Myokardinfarkt und Hirnschlag zu erhöhen
(2), wie Prof. George Dangas, Icahn School of Medicine at
Mount Sinai, New York (USA), darlegte.
Unter den TWILIGHT-Teilnehmern befanden sich des Wei-
teren auch 2620 Patienten (37%) mit Diabeteserkrankung.
Sie hätten ein erhöhtes Risiko für ischämische wie auch
Blutungskomplikationen nach einer PCI, wie Prof. Domi-
nick Angiolillo, University of Florida, College of Medicine,
Jacksonville (USA), ausführte. In einer vordefinierten Sub-
gruppenanalyse (TWILIGHT-DM) zeigte sich, dass der ASS-
Stopp ab dem vierten Monat auch bei diesen Patienten das
Blutungsrisiko im Vergleich zur weiterlaufenden DAPT um
35 Prozent (4,5 Monotherapie vs. 6,7% DAPT) signifikant
reduzierte (HR: 0,65; 95%-KI: 0,47–0,91; p = 0,01), ohne
das Risiko für ischämische Ereignisse signifikant zu erhöhen
(3). Beide Subgruppenanalysen wurden zeitgleich mit der
Präsentation am ACC-Kongress im «Journal of American
College of Cardiology» publiziert (2, 3).
s
Valérie Herzog
Quelle: «Late-Breaking Trials IV», Jahreskongress des American College of Cardiology, 28. bis 30. März 2020, virtuell.
Referenzen: 1. Jang J et al.: Randomized evaluation of ticagrelor monotherapy after
3-month dual-antiplatelet therapy in patients with acute coronary syndrome treated with new-generation sirolimus-eluting stents: TICO trial rationale and design. Am Heart J 2019; 212: 45–52. 2. Dangas G et al.: Ticagrelor with or without aspirin after complex PCI. J Am Coll Cardiol 2020; 75: 2414–2424. 3. Angiolillo DJ et al.: Ticagrelor with or without aspirin in high-risk patients with diabetes mellitus undergoing percutaneous coronary intervention. J Am Coll Cardiol 2020; 75: 2403–2413.
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