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UEG-Week
Cholestatische Lebererkrankungen
Vorgehen bei primärer biliärer Cholangitis
Foto: vh
Patienten mit primärer biliärer Cholangitis haben eine unterschiedliche Prognose, die aber mit der Veränderung von bestimmten Biomarkern gut abgeschätzt werden kann. Aus therapeutischer Sicht profitierten auch Nonresponder von einer Behandlung mit Ursodesoxycholsäure, wie Prof. Ana Lleo, Department of Biomedical Sciences, Humanitas University, Milano (I), an der UEG-Week berichtete.
Die abakterielle Cholangitis wie beispielsweise
die primär biliäre Cholangitis (PBC) ist eine Le-
bererkrankung, die von den intrahepatischen
Gallenwegen ausgeht, mit Entzündung und Fi-
brosierung der Leber einhergeht und letztlich
zu einer Leberzirrhose führen kann. Die Ätio-
logie der PBC ist unklar, diskutiert werden ge-
netische und umweltbedingte Faktoren, die Pa-
thogenese gilt als immunvermittelt. Die Dia-
Prof. Ana Lleo
gnose wird aufgrund von zwei der drei folgenden Kriterien gestellt: Autoimmunkörper (ant-
imitochondriale Antikörper [AMA] und PBC-spezifische
ANA), Cholestase (alkalische Phosphatase) und die histolo-
gische Auffälligkeit.
Pruritus und Fatigue treten bei etwa 40 Prozent der Patienten
auf. Die Rate der Krankheitsprogression ist unterschiedlich,
mit Fällen ohne Progression bis zur Notwendigkeit einer
Lebertransplantation wenige Jahre nach der Diagnose. Eine
Stratifizierung der Patienten mit hohem Transplantations-
risiko ist demnach nötig, damit diese entsprechend über-
wacht werden können. Heutzutage werden die PBC-Patien-
ten in einem früheren Stadium diagnostiziert als noch vor
45 Jahren, was eine frühzeitige Therapie und einen früheren
Überwachungsbeginn mit eventueller Anmeldung zur Trans-
plantation ermöglicht.
Prognostische Faktoren
Die alkalische Phosphatase (AP) ist ein guter Verlaufsbiomarker für eine fortscheitende Leberschädigung, und das Ansprechen auf eine Therapie mit Ursodesoxycholsäure (UDCA) verbessert die Prognose. Nach einem Jahr Therapie mit UDCA ist die transplantationsfreie Zeit länger als ohne UDCA-Therapie, und das selbst bei fehlendem biochemischem Ansprechen (AP-Reduktion) (1). Das Ansprechen wird allerdings durch das Alter und das Geschlecht beeinflusst: Junges Lebensalter und männliches Geschlecht sprechen schlechter auf UDCA an (2). Darüber hinaus haben Nonresponder und männliche Patienten ein höheres Risiko, ein hepatozelluläres Karzinom zu entwickeln (3). Risikorechner erlauben es, aufgrund von verschiedenen Parametern wie Bilirubin, AST/ALP, AP, Thrombozyten und Albumin, das
5-, 10- und 15-Jahres-Risiko für ein terminales Leberversagen abzuschätzen (4) oder aufgrund des UDCA-Ansprechens und verschiedener Parameter das Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms zu berechnen (5).
Pharmakologische Möglichkeiten
Die Therapie der PBC besteht gemäss Guidelines der Euro-
pean Association for the Study of the Liver (EASL) aus der
Verabreichung von UDCA 13 bis 15 mg/kg/Tag für ein Jahr.
Bei Nichtansprechen können in zweiter Linie Obeticholsäure
oder off-label Fibrate und Budesonid eingesetzt werden (6).
Dem bei PBC häufig auftretenden Pruritus soll nach Aus-
schluss biliärer Obstruktionen, dermatologischer oder all-
ergischer Ursachen äusserlich mit Emollienzien, kalten Bä-
dern oder Duschen und mit psychologischer Unterstützung
gegen das Kratzen begegnet werden (6). Als pharmakologi-
sche Möglichkeiten gegen den Pruritus empfehlen die Guide-
lines in erster Linie Colestyramin 4 g 1 bis 2 ×/Tag, jeweils
2 bis 4 Stunden vor der Einnahme anderer Medikationen. Bei
Unverträglichkeit oder ungenügender Linderung kommt Ri-
fampicin 150 bis 300 mg 2 ×/Tag zum Einsatz oder in dritter
Linie Naltrexon 25 bis 50 mg/Tag. Selektive Serotonin-Wie-
deraufnahmehemmer oder Gabapentin können in vierter
Linie versucht werden (6). In einer kleinen Studie mit 48 PBC-
Patienten zeigte auch Bezafibrat 400 mg/Tag zusätzlich zu
UDCA eine juckreizlindernde Wirkung. Bei fast allen Teilneh-
mern war der Pruritus nach median 38 Monaten ganz oder
teilweise verschwunden (7). Eine weitere Komplikation der
PBC sei die Entwicklung der Osteoporose, die mit Denosu-
mab behandelt werden könne (8), so die Referentin abschlies-
send.
L
Valérie Herzog
Quelle: «Primary biliary cholangitis (PBC): from diagnosis to treatment». United European Gastroenterology Week (UEGW) 2019, 21. bis 23. Oktober in Barcelona.
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Referenzen: 1. Harms M et al.: Ursodeoxycholic acid therapy and liver trans-
plant-free survival in patients with primary biliary cholangitis. J Hepatol 2019; 71: 357–365. 2. Carbone M et al.: Sex and age are determinants of the clinical phenotype of primary biliary cirrhosis and response to ursodeoxycholic acid. Gastroenterology 2013; 144: 560–569. 3. Triverdi PJ et al.: Stratification of hepatocellular carcinoma risk in primary biliary cirrhosis: a multicentre international study. Gut 2016; 65: 321–329. 4. Carbone M et al.: The UK-PBC risk scores: Derivation and validation of a scoring system for long-term prediction of end-stage liver disease in primary biliary cholangitis. Hepatology 2016; 63: 930–950. 5. Lammers WJ et al.: Development and validation of a scoring system to predict outcomes of patients with primary biliary cirrhosis receiving ursodeoxycholic acid therapy. Gastroenterology 2015; 149: 1804–1812. 6. EASL Clinical Practice Guidelines: The diagnosis and management of patients with primary biliary cholangitis. J Hepatol 2017; 67: 145–172. 7. Reig A et al.: Effects of bezafibrate on outcome and pruritus in primary biliary cholangitis with suboptimal ursodeoxycholic acid response. Am J Gastroenterol 2018; 113: 49–55. 8. Arase Y et al.: Efficacy and Safety of 3-Year Denosumab Therapy for Osteoporosis in Patients With Autoimmune Liver Diseases. Hepatology 2019, Aug 20. Epub ahead of print.
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