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EADV
Vitiligo
Verfügbare Behandlungen und neue Therapiehorizonte
Das Behandlungsziel hängt bei Vitiligo ganz von den Betroffenen ab. Die einen sind durch wenige, kleine, depigmentierte Hautstellen schwer beeinträchtigt, während sich andere selbst durch ausgedehnte Vitiligo-Areale nur geringfügig gestört fühlen. Die Therapie erfordert Geduld, denn bis erste Zeichen von Repigmentierung sichtbar werden, verstreichen mindestens drei bis sechs Monate. Über konventionelle und innovative Behandlungen der Vitiligo sprachen Experten am 28. EADV-Kongress.
Die nicht segmentale Vitiligo (seit 2011 mit dem Oberbegriff «Vitiligo» bezeichnet) ist die «gewöhnliche» Form, die etwa 85 Prozent der Vitiligo-Fälle ausmacht. Sie tritt bei zwei Dritteln vor dem 20. Geburtstag auf, meist symmetrisch-bilateral, und verläuft in der Regel langsam progredient mit Perioden von Krankheitsaktivität (flare-ups) und mit stabilen Phasen. Häufig ist sie mit Autoimmunkrankheiten assoziiert. Es besteht eine komplexe genetische Prädisposition. Vitiligo ist behandelbar, aber nicht heilbar, ist gesellschaftlich stigmatisierend, aber ohne Krankheitsstatus.
Aktuelle Therapieoptionen
An der Pathogenese der Vitiligo, die ausgehend von der genetischen Prädisposition zur Melanozytendestruktion und zur chronischen Immunantwort auf Melanozyten führt, sind zahlreiche Zellen beteiligt: neben Melanozyten (gestörte Zelladhäsion und -erneuerung) auch Keratinozyten (gestörte Zelladhäsion und Pigmentaufnahme), Langerhans-Zellen, T- und B-Lymphozyten, natürliche Killerzellen usw. Für die Therapie gibt es prinzipiell drei Optionen: •● Entzündung hemmen (topische Steroide, Calcineurininhi-
bitoren, Fototherapie, systemische Steroide) •● Proliferation, Migration und Melaninproduktion der Me-
lanozyten steigern (Fototherapie, alpha-MSH-analog-Afamelanotid). •● Melanozyten ersetzen (Spalthaut, Punchgrafting, Blistergrafting, epidermale Suspension); nur wenn die Vitiligo über lange Zeit stabil ist und keine Zerstörung der neuen Melanozyten zu erwarten ist. Vitiligo-Behandlungen hätten zum Ziel, eine Stabilisierung (keine neuen Vitiligo-Läsionen mehr) und Repigmentierung zu erreichen, den raschen Verlust der Repigmentierung zu verhindern (Erhaltungstherapie zur Rezidivprophylaxe) und die Lebensqualität zu verbessern, sagte Dr. Marcel Bekkenk aus Amsterdam (NL). Zur Behandlung einer Vitiligo von geringer Ausdehnung eignen sich topische Entzündungshemmer, wobei die besten Resultate im Gesicht zu erwarten sind. Mit topischen Steroiden oder Calcineurininhibitoren (Tacrolimus oder Pimecrolimus off-label) können ähnlich moderate Wirkungen erreicht werden. Für das Gesicht eigne sich die
Tacrolimus-Therapie möglicherweise besser, für den Rest des Körpers dagegen die topische Steroidtherapie. Durch die Kombination topischer Steroide mit UV-B komme es zu rascherem Ansprechen, möglicherweise aber auch früher zum Rezidiv. Die Kombination von Tacrolimus mit UV-B sei effektiver als UV-B allein, so der Referent. Bei lokalisierter Vitiligo kommt auch eine Excimer-Lasertherapie (UV-B) in Betracht. Die Therapie der Wahl für eine ausgedehnte Vitiligo ist die zusätzliche UV-B-Therapie. Die Wirksamkeit sei moderat bis gut mit besseren Effekten im Gesicht als anderswo. Für eine Überlegenheit der Kombination mit Antioxidanzien oder Khellin gebe es keine Beweise, so der Referent. Bei instabiler Vitiligo kann die Krankheitsaktivität durch eine orale Steroid-Minipuls-Therapie gestoppt werden (z.B. 4 mg Dexamethason peroral an 2 aufeinanderfolgenden Tagen pro Woche während 3 bis 6 Monaten). Durch Kombination mit einer UV-B-Schmalbandtherapie ist es besser möglich, die Krankheitsaktivität zu stoppen. Nach der durch die Behandlung erreichten Repigmentierung eignen sich topische Calcineurininhibitoren als Erhaltungstherapie zur Rezidivprophylaxe. In einer randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie erwies sich die Anwendung von Tacrolimus-Salbe (0,1% zweimal pro Woche während 6 Monaten) als effektiv (1). Während es in der Plazebogruppe bei 40 Prozent der Läsionen zu Depigmentierungen kam, war dies in der Tacrolimusgruppe nur bei 9,7 Prozent der Fall (1). Bei 12 Prozent der Läsionen betrug die Depigmentierung in der Plazebogruppe mehr als 50 Prozent, in der Tacrolimusgruppe bei keiner Läsion (1).
Neue Therapiehorizonte
In einer kürzlich durchgeführten Befragung antworteten 96 Prozent von über 500 Vitiligo-Patienten, dass neue Therapien nötig seien, so Bekkenk. Derzeit würden verschiedene neue Behandlungsmöglichkeiten entwickelt, wie Prof. Markus Böhm aus Münster (D) berichtete. In Fallberichten wurden Effekte des oralen Psoriasis-/Psoriasisarthritis-Medikaments Apremilast bei Vitiligo beschrieben. Der Phosphodiesterase-4-Hemmer, der den Abbau von cAMP hemme und den intrazellulären cAMP-Gehalt erhöhe, wirke nicht auf
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EADV
Aktueller Behandlungsalgorithmus bei Vitiligo (nicht segmental)
• Vermeiden von Triggerfaktoren (Köbner-Phänomen in Zusammenhang mit Alltagsaktivitäten, z. B. chemische oder mechanische Einflüsse wie Reibung oder Druck)
• Assoziierte Autoimmunkrankheiten suchen (hauptsächlich Autoimmunthyreoiditis) • Bei Bedarf supportive Psychotherapie anbieten • Beratung zu Camouflage, Selbstbräunungsmitteln, Permament-Make-up
Vitiligo stabil
Vitiligo instabil
Ausdehnung limitiert (weniger als 10% Body Surface Area)
• Topische Calcineurininhibitoren für Gesicht
• Topische Kortikosteroide für übrigen Körper
• Lokalbehandlung mit ExcimerLampe
• Kombinationstherapien
Ausdehnung grösser (mehr als 10% Body Surface Area)
Kombinationstherapien: Topische Calcineurininhibitoren bzw. potente topische Kortikosteroide + UV-BSchmalbandtherapie
Orale Steroid-MiniPuls-Therapie während 3 bis 6 Monaten + UV-BSchmalbandtherapie zum Stoppen der Krankheitsaktivität
Melanozyten, sondern auf Immunzellen und Keratinozyten, so der Referent. Das Medikament supprimiere Antworten des angeborenen Immunsystems, reduziere TNF-α und erhöhe IL-10. In einer Fallserie von 13 Patienten mit rasch progredienter Vitiligo, die nicht auf UV-B-Schmalbandtherapien oder orale Steroid-Minipuls-Behandlungen angesprochen hatten oder diese nicht vertragen hatten, zeigte Apremilast günstige Effekte auf die Progression der Vitiligo (2). Die Patienten erhielten während dreier Monate zweimal täglich 30 mg Apremilast (topische Behandlung mit 0,1% Tacrolimus war erlaubt). Bei 8 Patienten kam es zur Reduktion des VASI (Vitiligo Area Scoring Index) von 2,2 bis 25 Prozent (2). Randomisierte, kontrollierte Studien seien noch nicht verfügbar, so Böhm. Es sei noch unklar, ob Apremilast zur Stabilisierung der Vitiligo ausreiche oder ob sich das Medi-
Neues Vitiligo-Scoringsystem für die Praxis und Studien
Ein neues Scoringsystem zur Beurteilung der Vitiligo-Ausdehnung steht jetzt Ärzten im Internet und als App zur Verfügung. Der VES (Vitiligo Extent Score) stützt sich auf Abbildungen von 6 Graden der Vitiligo-Ausdehnung mit typischem Verteilungsmuster der depigmentierten Areale. Für 19 verschiedene Hautareale kann jeweils die Abbildung gewählt werden, die der Ausdehnung beim Patienten am besten entspricht. Wenn der Befund zwischen den Abbildungen liegt, kann eine Suboption gewählt werden. Mit dem VESplus kann zusätzlich auch die perifollikuläre Repigmentierung beurteilt werden. Der Zugang zum Online- und zum App-Calculator kann von Ärzten angefordert werden bei: www.rosenfluh.ch/qr/vitiligo
AL
kament besser zur Erhaltungstherapie eigne. Bald könne die
Zulassung von topischen und systemischen JAK-Inhibito-
ren zur Vitiligo-Therapie erwartet werden, so der Referent.
Allerdings seien noch keine direkten Vergleichsstudien mit
herkömmlichen topischen Therapien vorhanden. Von der
Kombination mit UV-B-Therapie und Antioxidanzien seien
synergistische Effekte zu erwarten, die den neuartigen The-
rapieansatz optimieren könnten. Die topische Therapie mit
einer Creme, die den JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib enthielt,
erzielte in einer Proof-of-concept-Studie Repigmentierungen
und Verbesserungen des VASI (3). Eine noch unveröffent-
lichte 24-wöchige randomisierte, vehikelkontrollierte Studie
konnte die Therapieerfolge mit der gut verträglichen Ruxo-
litinib-Creme bestätigen. In einer Fallserie von 10 Patienten
mit stabiler Vitiligo, die während 3 bis 15 Monaten peroral
mit dem JAK1/3-Inhibitor Tofacitinib behandelt wurden,
kam es bei 5 Patienten zu Repigmentierungen, aber nur in
Arealen mit Sonnenexposition (4).
s
Alfred Lienhard
Quelle: Vortrag «Current treatments for vitiligo» von Marcel Bekkenk und Vortrag «Future of new drugs in vitiligo» von Markus Böhm beim 28. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) am 10. Oktober 2019 in Madrid.
Referenzen: 1. Cavalié M et al.: Maintenance therapy of adult vitiligo with 0.1%
tacrolimus ointment: A randomized, double blind, placebo-controlled study. J Invest Dermatol 2015; 135: 970–974. 2. Majid I et al.: Apremilast is effective in controlling the progression of adult vitiligo: A case series. Dermatol Ther 2019; 32 (4): e 12923. 3. Rothstein B et al.: Treatment of vitiligo with the topical Janus kinase inhibitor ruxolitinib. J Am Acad Dermatol 2017; 76: 1054– 1060. 4. Liu L et al.: Repigmentation in vitiligo using the janus kinase inhibitor, tofacitinib, may require concomitant light exposure. J Am Acad Dermatol 2017; 77: 675–682.
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