Transkript
EADV
Soziologische und psychologische Aspekte der Psoriasis
Psoriatiker sind oft ängstlich und unterversorgt
Trotz der Fortschritte in der Therapie ist mehr als die Hälfte der Psoriatiker nicht oder nur unzureichend behandelt. Als Hauptgrund geben die Patienten an, dass die Ärzte die Krankheit nicht ernst nehmen würden oder zu wenig darüber wüssten.
Seit Jahren wird von den bahnbrechenden Entwicklungen in der Psoriasistherapie berichtet – vor allem die Biologika verhelfen den Schuppenflechtepatienten zu einem verbesserten Hautbild, zu weniger Juckreiz und damit zu mehr Lebensqualität. Doch diese Erfolgsmeldungen beziehen sich auf die Welt der Studien. Im Praxisalltag sind diese neuen Therapieoptionen offenbar noch nicht angekommen. Vielmehr sieht es mit der tatsächlichen Versorgung von Psoriatikern eher desolat aus.
Fünf Jahre bis zur Diagnosestellung
Das legt zumindest eine Analyse der Technischen Universität München nahe, die auf dem 28. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) in Madrid vorgestellt wurde (1). Unter der Leitung von Maximilian Schielein wurden 650 Patienten mit Schuppenflechte befragt. Im Durchschnitt dauerte es fünf Jahre, bis überhaupt die Diagnose Psoriasis gestellt wurde. 56 Prozent der Patienten, bei denen mehr als 20 Prozent der Hautoberfläche Plaques aufwiesen, gaben an, derzeit keinen Arzt wegen der Schuppenflechte aufzusuchen. Hauptsächlich weil sie die Erfahrung gemacht hätten, dass die Ärzte ihnen zu wenig Zeit widmen würden. Eine weitere Ursache sei, dass die Mediziner die Erkrankung nicht ernst nehmen würden. Zudem hatten viele Teilnehmer der Patientenbefragung den Eindruck, die Ärzte würden sich mit dem Krankheitsbild nicht auskennen.
kerung beläuft sich die Prävalenz auf etwa 19 Prozent. Die ja-
panischen Wissenschaftler haben das Ausmass der Angst bei
den Psoriasispatienten auch näher beziffert: Danach hatten
• 33 Prozent ein hohes Angstlevel
• bei 44 Prozent bestand ein mittleres Angstniveau und
• 23 Prozent wiesen einen geringeren Schweregrad der Angst
auf.
Nach Ansicht der Autoren verdeutlichten diese Ergebnisse,
wie notwendig bei Schuppenflechte eine interdisziplinäre Be-
treuung sei, die auch die Möglichkeit spezifischer psycho-
sozialer Interventionen umfasse.
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Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Pressemeldung vom 28. Kongress der European Academy of Dermatology
and Venereology (EADV), 9. bis 13. Oktober 2019 in Madrid.
Referenzen: 1. Schielein M. et al. (2019) Patients with psoriasis are still immen-
sely undertreated: Results from the DERMLINE online survey. Presented at the 28th EADV Congress, Madrid, Spain. 2. Da Silva N et al. (2019) Sex-related impairments and patient needs in anogenital psoriasis: difficult to communicate topics and their impact on patient-centred care. Presented at the 28th EADV Congress, Madrid, Spain. 3. Matiushenko V. et al. (2019) Anxiety disorders in patients severe psoriasis in the acute stage. Presented at the 28th EADV Congress, Madrid, Spain.
Jeder Zweite beklagt Therapieversagen
Die Hälfte (49%) der Befragten, denen Medikamente verschrieben worden waren, äusserte, dass diese nicht oder nicht ausreichend geholfen hätten. Bei einem Drittel (29%) dieser behandelten Psoriatiker hätten die Therapeutika zu viele Nebenwirkungen gehabt. 9 von 10 Psoriatikern haben einen Befall der Kopfhaut und am Ellenbogen. Die Lebensqualität ist jedoch am stärksten bei den Patienten eingeschränkt, die auch am Genitale oder in der Analregion die Effloreszenzen aufweisen, wie eine spanische Studie ergeben hat (2).
Mehr als zwei Drittel leiden unter Angststörungen
Ein häufiges Problem bei Psoriasis sind die Auswirkungen auf die Psyche: Depressionen sind bei Schuppenflechte überzufällig häufig. Was eher selten diskutiert wird, ist, dass Schuppenflechtepatienten auch unter Angststörungen leiden. Das hat eine japanische Studie nun näher untersucht, deren Ergebnisse ebenfalls auf dem EADV-Kongress vorgestellt wurden (3): Danach haben 77 Prozent der Patienten mit florider Psoriasis auch Angststörungen, in der Allgemeinbevöl-
4 CongressSelection Dermatologie | Januar 2020