Transkript
EADV
Atopische Dermatitis
Anzahl innovativer Therapien wächst rasant
Über das erste verfügbare Biologikum und die Entwicklung weiterer innovativer Behandlungsoptionen bei atopischer Dermatitis sprach Prof. Tilo Biedermann aus München (D) am 28. EADV-Kongress.
Die atopische Dermatitis (AD) ist klinisch charakterisiert durch ekzematöse Hautveränderungen mit Barrierestörung sowie Juckreiz. AD kann im Verlauf mit weiteren allergischen Erkrankungen assoziiert sein (atopischer Marsch). Die von TH2-Zellen (T-Helferzellen) abhängige Entzündung spielt pathogenetisch bei der AD eine entscheidende Rolle. Neue AD-Therapien zielen hauptsächlich darauf ab, den Typ-2-Immunsignalweg zu beeinflussen. Typ-2-Zytokine beeinträchtigen die Hautbarrierefunktion (Downregulation von Filaggrin- und Loricrin-Expression in der AD-Haut) und prädisponieren zu Hautinfektionen (kutane Dysbiose mit Überwiegen von Staphylococcus aureus).
Erstes Biologikum bei atopischer Dermatitis
Dupilumab (Dupixent®) blockiert die Rezeptoren der hauptsächlichen Typ-2-Zytokine IL-4 und IL-13. Die DupilumabBehandlung während eines Jahres (300 mg alle 2 Wochen subkutan plus topische Kortikosteroide) erzielte in einer randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie ein stabiles EASI50-Ansprechen (Eczema Area and Severity Index) bei 79 Prozent der Patienten (1). Bei 65 Prozent der Patienten wurde nach 52 Wochen ein EASI75-Ansprechen, bei 51 Prozent ein EASI90-Ansprechen dokumentiert (1). Diese sehr guten Studienresultate würden auch durch Alltagserfahrungen bestätigt, so der Referent. Sehr rasch komme es zur Besserung der Symptome, und bei den meisten Patienten sei die Therapie während langer Zeit wirksam. Nicht besorgniserregend sei eine Eosinophilie (bei weniger als 2% der Patienten), die nur vorübergehend sei. Dupilumab-assoziierte Konjunktivitis-Blepharitis komme gemäss eigener Erfahrung des Referenten bei 10 bis 20 Prozent der Patienten vor und sei meist gut behandelbar. Präventiv seien Emollienzien für die Augenlider empfehlenswert.
Entwicklung weiterer Biologika und kleiner Moleküle
Die beiden neuen Anti-IL-13-Biologika Tralokinumab und Lebrikizumab haben sich in Studien bei AD als wirksam erwiesen. Bis anhin sei bei diesen monoklonalen Antikörpern kein Signal für Konjunktivitis als Nebenwirkung aufgetaucht, so der Referent. Auf Lebrikizumab (125 mg alle 4 Wochen subkutan zusammen mit topischen Kortikosteroiden) sprachen im Rahmen einer randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie der Phase II in Woche 12
signifikant mehr Patienten mit moderater bis schwerer AD
an (82,4% mit EASI50-Ansprechen) als auf Plazebo (62,3%)
(2). Dass die Ansprechrate auch in der Plazebogruppe hoch
war, lag wahrscheinlich an der begleitenden topischen Korti-
kosteroidtherapie bei allen Patienten. Die EASI75-Ansprech-
rate betrug mit Lebrikizumab 54,9 Prozent und mit Plazebo
34,0 Prozent (signifikanter Unterschied) (2).
Der quälende Juckreiz und das hautschädigende Kratzen
kann durch Anti-IL-31-Biologika unterdrückt werden. In
einer 24-wöchigen, randomisierten, plazebokontrollierten
Doppelblindstudie der Phase IIb erreichte der Anti-IL-31-
Rezeptor-Blocker Nemolizumab (alle 4 Wochen 30 mg sub-
kutan zusammen mit topischen Kortikosteroiden) nicht nur
rasche und anhaltende Juckreizlinderung, sondern auch Bes-
serungen der Hautentzündung (3).
Als Überraschung wertete der Referent die Behandlungsre-
sultate, die in einer randomisierten, plazebokontrollierten
Doppelblindstudie bei moderater bis schwerer AD mit einem
Histamin-H4-Rezeptor-Antagonisten erzielt wurden. Die Besserung entzündlicher Hautläsionen beruhe nicht auf der
Pruritushemmung, so Biedermann. Eine wichtige Rolle wer-
den in Zukunft bei AD und anderen dermatologischen Er-
krankungen orale JAK-Inhibitoren spielen (z.B. Baricitinib,
Upadacitinib). Auch bei topischer Verwendung von JAK-In-
hibitoren (z.B. Tofacitinib, Delgocitinib) konnten in Studien
vielversprechende Resultate erzielt werden.
s
Alfred Lienhard
Quelle: Vortrag «Emerging therapies for atopic dermatitis» von Tilo Biedermann beim 28. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) am 10. Oktober 2019 in Madrid.
Referenzen: 1. Blauvelt A et al.: Long-term management of moderate-to-se-
vere atopic dermatitis with dupilumab and concomitant topical corticosteroids (LIBERTY AD CHRONOS): a 1-year, randomised, double-blinded, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2017; 389: 2287–2303. 2. Simpson E et al.: Efficacy and safety of lebrikizumab (an anti-IL-13 monoclonal antibody) in adults with moderate-to-severe atopic dermatitis inadequately controlled by topical corticosteroids: A randomized, placebo-controlled phase II trial (TREBLE). J Am Acad Dermatol 2018; 78: 863–871. 3. Silverberg J et al.: Phase 2B randomized study of nemolizumab in adults with moderate-to-severe atopic dermatitis and severe pruritus. J Allergy Clin Immunol 2019 (Epub ahead of print).
6 CongressSelection Dermatologie | Januar 2020