Transkript
ERS
Endoskopische Interventionen bei Atemwegserkrankungen
Mit Elektrizität, Ventilen und Hitze gegen die Obstruktion
Die meisten Patienten, die unter COPD und Asthma bronchiale leiden, können mit medikamentösen Therapien gut versorgt werden. Bei einem Teil der Patientenpopulation gelingt dies jedoch nicht. Für diese Patienten werden zunehmend interventionelle Therapien untersucht. Im Rahmen des ERS-Kongresses 2019 wurden ermutigende Daten zu einigen dieser Methoden vorgestellt.
So berichtete PD Dr. Arschang Valipour aus Wien (A) von den Ergebnissen seiner Gruppe beim Einsatz bronchialer Rheoplastie bei Patienten mit chronischer Bronchitis (1). Das Verfahren basiert auf der Ablation des bronchialen Epithels mithilfe eines gepulsten, nicht thermischen elektrischen Feldes. Dieses soll, so die durch Tierexperimente gestützte Theorie, zu einer raschen Regeneration gesunden Epithels führen. Die Besonderheit des Verfahrens liegt in der minimalen Eindringtiefe des elektrischen Feldes, so dass nur in der obersten Schicht des Epithels eine Apoptose induziert wird. Es handelt sich wohlgemerkt um keine thermische Ablation. Die bronchiale Rheoplastie wurde prospektiv und multizentrisch in einer ersten Humanstudie mit 32 Patienten untersucht. Über ein Follow-up von sechs Monaten wurden Veränderungen von Symptomen und Lebensqualität sowie unerwünschte Wirkungen beobachtet, der primäre Endpunkt war die Sicherheit. Die Studie erreichte ihr Ziel, sie zeigte die Machbarkeit, die Sicherheit und die klinische Wirksamkeit der bronchialen Rheoplastie. Das häufigste unerwünschte Ereignis waren COPD-Exazerbationen, die bei vier Patienten auftraten. Aus den verfügbaren Daten lassen sich jedoch auch vielversprechende Informationen zur Wirksamkeit generieren. In den sechs Monaten nach der Intervention verbesserten sich die Werte sowohl im St. George’s Respiratory Questionnaire (SGRQ) als auch im COPD Assessment Test (CAT) deutlich und signifikant – und zwar um durchschnittlich 14,0 SGRQPunkte (p < 0,001) sowie um 7,5 Punkte (p < 0,0001) im CAT-Score. Emphysem: Lungenvolumenreduktion verbessert Lebensqualität Einen anderen interventionellen Ansatz stellt die Implantation von Ventilen zur Verbesserung der Lungenfunktion und zur Reduktion der Überblähung bei Patienten mit Emphysem dar. In der LIBERATE Studie wurden mit Ventilen (Zephyr® Valve) in einer Population von Patienten mit schwerem Emphysem im Vergleich zum Standardmanagement (SOC) Verbesserungen von Lungenfunktion, Belastbarkeit (exercise tolerance) und Lebensqualität erreicht (2). Im Rahmen des ERS-Kongresses 2019 präsentierte Prof. Mark Dransfield von der University of Alabama (USA) aktuelle Post-hoc-Auswertungen der Studie, die den Effekt der Methode auf die sogenannten «patient reported outcomes» (3) untersuchten. Auch diese Analysen zeigten zwölf Monate nach Implantation der Valves signifikante und klinisch relevante Verbesserungen der Lebensqualität (SGRQ), des CAT sowie des Transitional Dyspnea Index. Die Ventile zeigten keine nachteiligen Effekte auf Sputumproduktion oder Husten (3). Thermoplastie bei Asthma: Daten über mehr als zehn Jahre Auch in der Indikation Asthma bronchiale wurden Daten zu interventionellen Behandlungsoptionen vorgestellt. Bei der bronchialen Thermoplastie wird über ein Bronchoskop durch hochfrequente elektromagnetische Wellen Wärme (65 Grad Celsius) lokal und kontrolliert an das Epithel der Atem- wege abgegeben. In der Praxis würden in drei Sitzungen alle zugänglichen Atemwege behandelt, so Dr. Rekha Chaudhuri aus Glasgow (GB). Die Methode zeigte in drei kleineren Studien (AIR, RISA und AIR2) bei Patienten mit schwerem unkontrolliertem Asthma gute Erfolge im Sinne verbesserter Lebensqualität und reduzierter Exazerbationen. Als Wirk- mechanismus wird eine Reduktion glatter Muskel- und Ner- venzellen vermutet, die offenbar die Asthmasymptomatik günstig beeinflusst. Die Langzeitbeobachtung habe nach fünf Jahren gezeigt, dass diese Verbesserungen dauerhaft anhiel- ten. In der Studie BT10+ wurden nun die Langzeiteffekte der Methode über zehn und mehr Jahre evaluiert; hierfür waren Daten zu 192 Patienten mit einem Follow-up von mehr als 10 Jahren verfügbar. Die Auswertung ergab, dass Exazer- bationen und Kontakte mit der Krankenhausnotaufnahme im ersten Jahr nach der Behandlung zurückgingen und die Lebensqualität besser wurde. Diese Verbesserungen blieben über die gesamte Beobachtungsdauer stabil. Auch die Spi- rometriedaten waren in den Jahren 1, 5 und 10+ nach dem Eingriff vergleichbar (4). s Reno Barth Quellen: Clinical Trials Sessions «ALERT: Abstracts Leading to Evolution in Respiratory Medicine Trials: COPD and cough» und «ALERT: Abstracts Leading to Evolution in Respiratory Medicine Trials: Asthma» beim 29. Jahreskongress der European Respiratory Society (ERS), am 29. September und 1. Oktober 2019 in Madrid. 12 CongressSelection Allergologie/Pneumologie | Dezember 2019 Referenzen: 1. Valipour A et al.: Late Breaking Abstract – Bronchial Rheoplasty For Treatment of Chronic Bronchitis: 6 Month Results from a Prospective Multi-Center Study. ERS 2019, Präsentation RCT 448. 2. Criner GJ et al. A Multicenter Randomized Controlled Trial of Zephyr Endobronchial Valve Treatment in Heterogeneous Emphysema (LIBERATE). Am J Respir Crit Care Med 2018; 198(9): 1151–1164. 3. Dransfield M et al. Impact of endobronchial valves on patient reported outcomes in severe emphysema. ERS 2019, Präsentation RCT 447. 4. Chaudhuri R et al. Ten-year follow-up of subjects who received bronchial thermoplasty (BT) in 3 randomized controlled studies (BT10+). ERS 2019, Präsentation RCT3782. ERS CongressSelection Allergologie/Pneumologie | Dezember 2019 13