Transkript
HFA
PHARM-CHF-Studie
Herzinsuffizienzpatienten wurden interdisziplinär besser betreut
Patienten mit Herzinsuffizienz sind oftmals älter und nehmen eine Vielzahl von Medikamenten ein – oder aber nicht. Eine engere Kooperation zwischen Ärzten und Pharmazeuten hat in der Studie PHARM-CHF zu einer deutlichen Verbesserung von Adhärenz und Lebensqualität geführt.
Die Behandlung einer chronischen Herzinsuffizienz (CHF) und zahlreicher möglicher Komorbiditäten bedingt die Einnahme vieler Medikamente. Diese können mit Neben- und Wechselwirkungen einhergehen, sofern sie denn überhaupt regelmässig eingenommen werden. Das ist bei schätzungsweise 30 bis 50 Prozent der CHF-Patienten nicht der Fall, wie Prof. Dr. Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker, bei der Vorstellung der Studie im Rahmen des Kongresses der Heart Failure Association (HFA) berichtete. Darunter leidet nicht nur die Lebensqualität, auch Morbidität und Mortalität sind erhöht.
Stärkere Kooperation zwischen Ärzten und Apothekern
In PHARM-CHF wurde zum ersten Mal untersucht, inwieweit eine verstärkte Kooperation zwischen Ärzten (Grundversorger, Internisten, Kardiologen an 31 Standorten) und Apothekern (69 Standorte) zu einer Verbesserung dieser Situation beitragen kann. Die Untersuchung wurde als randomisierte, kontrollierte, multizentrische Studie mit einem medianen Follow-up von 2 Jahren konzipiert. Screening und Randomisierung erfolgten durch die Ärzte, die intensivierte Betreuung durch die Apotheker. Einschlusskriterien waren eine Hospitalisation aufgrund der Herzinsuffizienz in den vorherigen 12 Monaten oder erhöhte BNP/NT-proBNP-Werte. Die 237 Patienten teilnehmenden Patienten waren im Mittel 74 Jahre alt, über 60 Prozent männlich, gut die Hälfte in der NYHA-Klasse III, sie nahmen im Mittel 9 Medikamente.
Zusätzliche regelmässige Betreuung
Die 127 CHF-Patienten der Kontrollgruppe wurden wie üblich versorgt. Die 110 Patienten der Interventionsgruppe wurden zusätzlich dazu regelmässig in der Apotheke vor Ort betreut. Nach einer initialen Überprüfung der Medikation mit Aufstellung eines genauen Medikationsplans erfolgten 14-tägliche Kontrollen, in deren Rahmen Puls und Blutdruck sowie allfällige Probleme mit der Medikation erhoben wurden. Bei Auffälligkeiten wurde entweder direkt der Austausch mit dem Arzt gesucht oder die Patienten wurden zum Arztbesuch angehalten.
Drei Klassen von Medikamenten im Fokus
Primärer Endpunkt war die Wirksamkeit der Massnahme, ausgedrückt als mittlere Anzahl von Tagen, an denen innerhalb von 365 Tagen eine Einnahme der Medikamente erfolgte, basierend auf den eingelösten Rezepten. Insbesondere
interessierten dabei Betablocker, ACE-Hemmer (oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker) sowie Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten. Der wichtigste sekundäre Endpunkt war der Anteil adhärenter Patienten.
Intensivere Begleitung verbessert Adhärenz
Die intensivere Betreuung zahlte sich aus: Die Therapietreue
dieser Patientengruppe hinsichtlich der drei erwähnten
Medikamentengruppen fiel deutlich höher aus als bei den nor-
mal behandelten Patienten (adjustierte Differenz: 5,7%, 95%-
Konfidenzintervall [KI]: 1,6–9,8; p = 0,007). Ebenso stieg der
Anteil von Patienten, die an mindestens 80 Prozent der Tage
adhärent waren, auf 86 Prozent in der zusätzlich betreuten
Gruppe im Vergleich zu 68 Prozent in der Gruppe mit üblicher
Therapie (Odds-Ratio [OR]: 2,9; 95%-KI: 1,4–5,9; p = 0,005;
number needed to treat: 5,6). Die Lebensqualität, die anhand
des Minnesota Living with Heart Failure Questionnaire erho-
ben wurde, nahm unter den intensiv Betreuten über die ge-
samte Zeit hinweg zu, während sie in der Kontrollgruppe im
zweiten Jahr messbar abnahm. Auf die Sicherheitsendpunkte
Hospitalisation oder Tod wirkte sich die intensivere Betreuung
jedoch nicht weiter aus, berichtete der Experte.
Die konsequentere Einnahme der Medikamente kann zur
Linderung der limitierenden Symptome beitragen und sich so
positiv auf Befinden und Verlauf der Erkrankung auswirken,
kommentierte auch Prof. Dr. Michael Böhm, der Pressespre-
cher der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) im
Rahmen einer Presseerklärung. Auf Basis der eindeutigen Er-
gebnisse der Studie befürwortet die DGK eine Zusammenar-
beit zwischen Arztpraxen und Apotheken, wie in der Studie
erprobt, unterstrich darin auch Prof. Dr. Ulrich Laufs, Direk-
tor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie des Universi-
tätsklinikums Leipzig und Ko-Leiter der Studie.
L
Christine Mücke
Quellen: Schulz M: Pharmacy-based inter-disciplinary intervention for patients with chronic heart failure: results of the PHARM-CHF randomized controlled trial. Präsentiert im Rahmen des Kongress Heart Failure 2019 der European Society of Cardiology (ESC), 26. Mai in Athen. Schulz M et al.: Pharmacy‐based inter-disciplinary intervention for patients with chronic heart failure: results of the PHARM‐CHF randomized controlled trial. Eur J Heart Fail 2019; doi: 10.1002/ejhf.1503. «Enge Zusammenarbeit zwischen Kardiologen und Apothekern verbessert Lebensqualität von Herzschwächepatienten», Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 19. Juni 2019.
CongressSelection Kardiologie | September 2019
23