Transkript
SGK
Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion
Gibt es endlich Fortschritte?
Bis jetzt konnte keine Therapie beweisen, dass sie die Morbidität und die Mortalität von Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) reduzieren kann. Die für die Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) bewährten ACE-Hemmer und Sartane wie auch Spironolacton wirkten bei Patienten mit HFrEF in den grossen Studien nicht besser als Plazebo, fasste Dr. Ariane Testuz, Kardiologie, Hôpitaux Universitaire de Genève, am Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie (SGK) in Interlaken die aktuelle Lage zusammen. Doch das könnte sich vielleicht schon bald ändern, stehen doch verschiedene vielversprechende Studien dazu kurz vor ihrem Abschluss. Eine Übersicht.
Eine davon ist die Behandlung mit dem ARNI (AngiotensinRezeptor-Neprilysin-Inhibitor) Sacubitril/Valsartan. In den Guidelines der European Society of Cardiology (ESC) ist der ARNI bei symptomatischer HFrEF zur Massnahme in dritter Linie empfohlen, wenn ACE-Hemmer und Aldosteronantagonisten keine ausreichende Symptomverbesserung herbeigeführt haben (2). Valsartan/Sacubitril reduzierte in der PARADIGM-Studie, die wegen überzeugendem Vorteil nach 27 Monaten vorzeitig gestoppt werden musste, bei Patienten mit HFrEF das kardiovaskuläre Mortalitätsrisiko und herzinsuffizienzbedingte Hospitalisationen um 20 Prozent mehr als der ACE-Hemmer Enalapril (1). In einer Subgruppe der Studie zeigte sich jedoch auch, dass Patienten mit HFpEF ebenfalls vom ARNI profitiert hatten (1), was Anlass zur Hoffnung gab. In der Folge wurde die Studie PARAGON-HF konzipiert, die bei 4300 Patienten mit einer symptomatischen Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse II–IV) und einer linksventrikulären Auswurffraktion ≥ 45 Prozent während 240 Wochen den Effekt von zweimal täglich Valsartan/Sacubitril 200 mg versus zweimal täglich Valsartan 160 mg untersucht. Als primärer Endpunkt sind die kardiovaskuläre Mortalität und herzinsuffizienzbedingte Hospitalisationen definiert. Anfang September werden die Resultate am Europäischen Herzkongress präsentiert (Update folgt).
Kein Effekt mit Aldosteronantagonisten
Mineralokortikoid-Rezeptoragonisten wie beispielsweise Spironolacton verbessern die Prognose von Patienten mit HFrEF. Mit der TOPCAT-Studie wurde untersucht, ob dies auch bei Patienten mit HFpEF (EF > 45%) der Fall ist. Es zeigte sich, dass Spironolacton 15 bis 45 mg/Tag den primären Endpunkt, definiert als kardiovaskulären Tod, Herzstillstand und herzinsuffizienzbedingte Hospitalisation, bei diesen Patienten im Vergleich zu Plazebo, nach 3,3 Jahren nicht signifikant stärker verbessern konnte (3).
SGLT2-Hemmer verbessern Herzinsuffizienz
Hoffnungen wecken die SGLT2-Hemmer, die mit ihrem für Antidiabetika andersartigen Wirkmechanismus nicht nur die kardiovaskuläre Mortalität (Empagliflozin –35%, Dapagliflozin –17%) gesenkt haben, sondern auch die Hospitalisationsrate infolge Verschlechterung der Herzinsuffizienz (–38 bzw. –27%) (4, 5). Doch ist aus diesen Studien nicht hervorgegangen , ob neben HFrEF-Patienten auch HFpEF-Patienten profitieren können. Um diese Frage zu beantworten, sind momentan mehrere Studien im Gang: Die EMPEROR-Preserved-Studie (6) untersucht den Effekt von Empagliflozin versus Plazebo bei 4700 HFpEF-Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes in Bezug auf kardiovaskulären Tod oder herzinsuffizienzbedingte Hospitalisation mit einer Dauer von 38 Monaten. Die EMPERIAL-Studie (7) testet bei 300 HFpEF-Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes den Effekt von Empagliflozin oder Plazebo auf die Leistungskapazität mit dem 6-Minuten-Gehtest. Die Ergebnisse der grossen Studie werden im nächsten Jahr erwartet, jene der kleinen Studie könnten schon Ende dieses Jahres vorliegen. Dapagliflozin wird ebenfalls in zwei Studien untersucht: DELIVER (n = 4700) (8) und PRESERVED-HF (9) (n = 320). Beide ermitteln den Effekt von Dapagliflozin versus Plazebo bei HFpEF-Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes in Bezug auf kardiovaskulären Tod oder Hospitalisation oder Notfalluntersuchung infolge Verschlechterung der Herzinsuffizienz beziehungsweise der Veränderung des NTproBNP nach 6 und 12 Wochen. Die Ergebnisse der grossen Studie sind im Jahr 2021, die Resultate der kleinen noch in diesem Jahr zu erwarten.
sGC-Stimulator teilweise positiv
Der Aktivator der löslichen Guanylatzyklase (sGC), Vericiguat, verstärkt die Produktion des Signalmoleküls zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP). Normalerweise wird sGC durch Stickstoffmonoxid (NO) aktiviert, was bei Herzinsuffizienz jedoch nicht mehr in genügendem Mass erfolgt und
4 CongressSelection Kardiologie | September 2019
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sich ungünstig auf die Gefässe auswirkt. Der sGC-Stimulator Vericiguat veränderte in der SOCRATES-Preserved-Studie zwar nicht wie erhofft die primären Endpunkte NTproBNPKonzentration und das Füllvolumen des linken Vorhofs, doch verbesserte sich die Lebensqualität der HFpEF-Patienten (10). In der VITALITY-HFpEF-Studie soll nun bei geplanten 735 HFpEF-Patienten der Effekt von Vericiguat während 24 Wochen auf die Lebensqualität und die Leistungstoleranz im 6-Minuten-Gehtest untersucht werden. Die Ergebnisse dazu werden Ende Jahr erwartet (11).
Eisentherapie auch bei HFpEF?
Bei einem Eisenmangel sollen Patienten mit HFrEF gemäss ESC-Guidelines (2) intravenöse Eisencarboxymaltose erhalten, um die Herzinsuffizienzsymptome zu lindern und die Leistungskapazität zu erhöhen. Das haben die Studie FAIRHF und CONFIRM-HF mit signifikanten Verbesserungen bezüglich Lebensqualität und Leistungskapazität durch die Eisentherapie nahegelegt (12, 13). Ob das auch für HFpEFPatienten zutrifft, wird in der FAIR-HFpEF-Studie untersucht. Dabei erhalten 260 HFpEF-Patienten mit Eisenmangel mit und ohne Anämie doppelblind randomisiert entweder Eisencarboxymaltose oder Plazebo. Die Beobachtungszeit beträgt 52 Wochen, als primärer Endpunkt ist die Veränderung der Leistungskapazität, gemessen mittels 6-Minuten-Gehtest, definiert. Die Resultate dürften in diesem Jahr noch zu erwarten sein (14).
Referenzen: 1. McMurray JJV et al.: Angiotensin–Neprilysin Inhibition versus
Enalapril in heart failure. N Engl J Med 2014; 371: 993–1004. 2. Ponikowski P et al.: 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and
treatment of acute and chronic heart failure: The Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC), developed with the special contribution of the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 2016; 37: 2129–2200. 3. Pitt B et al.: Spironolactone for heart failure with preserved ejection fraction. N Engl J Med 2014; 370: 1378–1392. 4. Zinman B et al.: Empagliflozin, Cardiovascular Outcomes, and Mortality in Type 2 Diabetes. N Engl J Med 2015; 373: 2117–2128. 5. Wiviott SD et al.: Dapagliflozin and cardiovascular outcomes in type 2 diabetes. N Engl J Med 2019; 380: 347–357. 6. www.clinicaltrials.gov. NCT03057951. 7. www.clinicaltrials.gov. NCT03448406. 8. www.clinicaltrials.gov. NCT03619213. 9. www.clinicaltrials.gov. NCT03030235. 10. Pieske B et al.: Vericiguat in patients with worsening chronic heart failure and preserved ejection fraction: results of the SOluble guanylate Cyclase stimulatoR in heArT failurE patientS with PRESERVED EF (SOCRATES-PRESERVED) study. Eur Heart J 2017; 38: 1119–1127. 11. Butler J et al.: Rationale and design of the VITALITY-HFpEF Trial. Circ Heart Fail 2019; 12: e005998. 12. Anker SD et al.: Ferric carboxymaltose in patients with heart failure and iron deficiency. N Engl J Med 2009; 361: 2436–2448. 13. Ponikowski P et al.: Beneficial effects of long-term intravenous iron therapy with ferric carboxymaltose in patients with symptomatic heart failure and iron deficiency. Eur Heart J 2015; 36: 657–668. 14. www.clinicaltrials.gov. NCT03074591.
Mögliche Erklärung des kardioprotektiven Effekts
Beide Substanzklassen, SGLT2-Hemmer wie auch GLP-1-
Rezeptor-Agonisten senken über unterschiedliche Mechanis-
men den Blutzucker, den Blutdruck und das Körpergewicht.
Damit senken sie 3 von 5 Risikofaktoren (Dyslipidämie, Hy-
pertonie, Diabetes, Rauchen, Adipositas) für die Entstehung
einer Atherosklerose, die der Entwicklung einer koronaren
Herzerkrankung Vorschub leisten kann und in der Folge
einer Herzinsuffizienz. Drei Viertel der Herzinsuffizienzpa-
tienten leiden an HFpEF, wogegen es zurzeit keine zugelas-
sene spezifische Therapie gibt. Wichtig ist die Gabe von Di-
uretika und die Behandlung der Komorbiditäten.
L
Valérie Herzog
Quelle: «New drugs for HFpEF», gemeinsamer Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie (SGK) und der Schweizerischen Gesellschaft für Herzchirurgie (SSCS), 19. bis 21. Juni 2019 in Interlaken.
Foto: mue
ESC-Guidelines 2016: akute und chronische Herzinsuffizienz
https://www.rosenfluh.ch/qr/esc-guidelines-2016-akute-und-chronische-herzinsuffizienz
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