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NAFLD/NASH
Update zur nicht alkoholischen Fettlebererkrankung
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Die nicht alkoholische Fettlebererkrankung NAFLD entwickelt sich zunehmend zu einer medizinischen Zeitbombe, so Prof. Philip Newsome aus Birmingham (GB), Vice-Secretary der europäischen Lebergesellschaft EASL. Aktuelle Daten geben jedoch Hoffnung auf wirksame medikamentöse Therapien in naher Zukunft.
Welche Dimensionen das Problem NAFLD mittlerweile angenommen hat, zeigt beispielsweise eine im Rahmen des ILC 2019 in Wien präsentierte Studie zur Prävalenz nicht alkoholischer Fettlebererkrankung bei Teenagern und jungen Erwachsenen (1). Es handelt sich dabei um eine Auswertung der Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC), einer in den 1990er-Jahren begonnenen Kohorte. Die Evaluation von 4021 jungen Erwachsenen aus ALSPAC durch ein Team der University of Bristol fand bei 20,8 Prozent der gescannten Personen im Alter von durchschnittlich 24 Jahren eine Steatose der Leber. Dabei waren Personen mit bekanntem exzessivem Alkoholkonsum aus der Studie ausgeschlossen worden. Die Steatose wurde bei rund der Hälfte der Betroffenen als schwer (S3) klassifiziert. Zunehmende Steatose war assoziiert mit erhöhten Cholesterinwerten, Triglyzeriden und erhöhtem LDL (p < 0,001). Eine Fibrose wurde mittels Fibroscan bei 76 Probanden (2,4% der Kohorte) diagnostiziert. Bei acht Personen entsprach die Fibrose dem Grad 4. Fibrose war signifikant positiv assoziiert mit erhöhten Transaminasen (ALT, AST, Gamma-GT). Auch eine signifikante Assoziation zwischen Körpergewicht (BMI) und Fibrose wurde gefunden (p < 0,001). Dr. Kushala Abeysekera von der University of Bristol, der präsentierende Studienautor, bezeichnete diese Daten als besorgniserregend und wies darauf hin, dass seine Studie die Prävalenz der Leberfibrose in einer so jungen Population möglicherweise sogar unterschätzt, weil der Fibroscan nicht zwischen den Fibrosegraden 0 und 1 differenzieren kann. Die Daten sind besorgniserregend. Und das nicht zuletzt aus dem Grund, dass es gegenwärtig mit Ausnahme der zu selten befolgten Lebensstilanweisungen keine therapeutischen Optionen für das Management der NAFLD oder der fortgeschrittenen Form, der Fettleberhepatitis NASH, gibt. Im Rahmen des ILC 2019 präsentierte eine japanische Gruppe Daten zu einem unkonventionellen Interventionsversuch bei NASH. Die Studienautoren gehen von einer Arbeitshypothese aus, welche die im Rahmen der NASH auftretende systemische Inflammation samt erhöhten Endotoxinwerten auf eine erhöhte Darmpermeabilität («leaky gut») zurückführt. Jene Risikofaktoren, die eine Fettleber begünstigen, also zum Beispiel fettreiche Kost, Alkohol, Fruktose, Veränderungen der Darmflora, Medikamente und Nahrungszusatzstoffe, werden auch mit dem «leaky gut» in Verbindung gebracht. Die japanische Gruppe versuchte nun eine medikamentöse Intervention mit dem Abführmittel Lubiproston (Amitiza®), einem Chloridkanalaktivator, der im Tiermodell sowie in einer kleinen Studie am Menschen günstige Auswirkungen auf die Darmbarriere zeigte (2). In der nun vorgestellten Phase-II-Studie führte Lubiproston im Vergleich zu Plazebo zu signifikant höherer ALT-Reduktion sowie einer messbaren Verbesserung der Darmbarriere (3). Ebenfalls im Rahmen des ILC vorgestellt wurden die ersten positiven Phase-III-Daten zum Einsatz einer medikamen- tösen Intervention bei NAFLD. Es handelte sich um eine Interimsanalysestudie REGENERATE, die Obeticholsäure (OCA, Ocaliva®) in der Indikation NAFLD/NASH unter- sucht (4). Obeticholsäure wirkt als selektiver Agonist am nu- kleären Farnesoid-X-Rezeptor (FXR), was eine Reduktion der Gallensäurekonzentration in den Leberzellen bewirkt, und ist bereits für die Behandlung der primären biliären Cholangitis zugelassen. In der aktuellen Auswertung von REGENE- RATE mit rund 300 Patienten pro Studienarm wurde der Endpunkt Verbesserung der Fibrose um mindestens einen Grad ohne Verschlechterung der NASH erreicht. Unter OCA 25 mg erreichten 23,1 Prozent der Patienten das Studienziel (p = 0,0002 vs. Plazebo) unter OCA 10 mg waren es 17,6 Pro- zent (p = 0,04 vs. Plazebo). In der Per-Protokoll-Analyse war die Wirksamkeit mit 27,5 Prozent unter OCA 25 mg noch deutlicher. Der zweite Endpunkt (NASH-Abheilung) wurde nicht erreicht. Es kam jedoch zu einer dosisabhängigen Nor- malisierung der Transaminasen. L Reno Barth Referenzen 1. Abeysekera K et al.: The prevalence of non-alcoholic fatty liver disease in young adults: An impending public health crisis? ILC 2019, Abstract GS-08. 2. Kato T et al.: Lubiprostone improves intestinal permeability in humans, a novel therapy for the leaky gut: A prospective randomized pilot study in healthy volunteers. PLoS One 2017; 12(4): e0175626. 3. Kessoku T et al.: Efficacy, safety, and tolerability of lubiprostone for the treatment of non-alcoholic fatty liver disease:The LUBIPRONE, double-blind, randomized, placebo-controlled, phase II study. ILC 2019, Abstract GS-01. 4. Younossi Z et al.: Positive Results from REGENERATE: A Phase 3 International, Randomized, Placebo-Controlled Study Evaluating Obeticholic Acid Treatment for NASH. ILC 2019, Abstract GS-06. Quelle: General Session I & II beim ILC 2019 am 11. und 12. April 2019 in Wien. CongressSelection Gastroenterologie | Juni 2019 31