Transkript
EAU
Komplikationen nach Prostatabiopsie
Infektion mit Antibiotikaprophylaxe vorbeugen
Nach Prostatabiopsien steigt das Infektionsrisiko durch Darmbakterien naturgemäss. Dieses kann mit einer prophylaktischen Antibiotikagabe reduziert werden. Welche Strategie und welche Antibiotika sich dazu eignen und die Resistenzraten tief halten, erklärte PD Dr. Gernot Bonkat, Basel, Vorsitzender der Europäischen Leitlinienkommission für urologische Infektionen, am EAU-Kongress in Barcelona.
Transrektale Prostatabiopsien werden häufig im Anschluss an abnormale digitalrektale Prostatauntersuchungen, bei erhöhten PSA-Werten oder verdächtig erscheinenden Befunden im MRT (Magnetresonanztomogramm) durchgeführt. Das Prozedere ist häufig, allein in den USA wurde im Jahr 2003 bei über 1 Million Männern über 65 Jahre (1) eine Prostatabiopsie vorgenommen. Die meisten Biospien finden transrektal ultraschallgeführt unter Lokalanästhäsie statt, dabei muss die gleiche Nadel für jede Stanzung erneut eingeführt werden. Das Risiko für eine Kontamination von Darmbakterien in die durchstochenen Gewebeschichten der Harnwege oder in die Blutbahn ist entsprechend hoch, angefangen von einer leichten Prostataentzündung bis zur lebensbedrohlichen Urosepsis. Die Infektraten nach Prostatabiopsie steigen an, eine Studie beziffert die mikrobiologisch nachgewiesenen Infektionen nach Prostatabiopsien auf 7 Prozent (2). Solchen Infektionen kann entweder mit einer Änderung der Technik oder einer empirischen Antibiotikaverabreichung vor der Biopsie begegnet werden, so kann ein ausreichend hoher Wirkstoffspiegel während der Biopsie eine allfällige klinische Infektion verhindern. Eine weitere Möglichkeit besteht in einer vorgängigen antiseptischen Reinigung der Darmwand mit Povidon-Iod. Ein systematischer Review und eine Metaanalyse über 22 randomisierte, kontrollierte Studien, darunter 9 versus Plazebo, (n = 3846) zeigte für die Antibiotikaprophylaxe im Vergleich zu keiner Prophylaxe einen signifikanten Nutzen hinsichtlich Bakteriurie, Bakteriämie, Fieber, Harnwegsinfektion und Hospitalisation (3).
Wie lange soll die Antibiotikaprophylaxe dauern?
Während die Durchführung einer Antibiotikaprophylaxe ge-
KURZ & BÜNDIG
Prostatabiopsien bergen ein hohes Risiko für nachfolgende Infekte.
Eine präventive Antibiotikagabe reduziert das postbioptische Infektionsrisiko.
Eine gezielte Antibiotikaprophylaxe ist einer Standardprophylaxe vorzuziehen.
mäss den EAU-Guidelines ausser Frage steht (4), wird deren Dauer kontrovers diskutiert, so Bonkat. Es existieren Studien zu 1-, 3-, 5- und 7-Tage-Prophylaxen. Ein Cochrane-Review verglich eine 3-Tage-Therapie mit einer Einmal- beziehungsweise 1-Tage-Verabreichung. Zwischen den beiden Strategien zeigte sich kein Unterschied, in der Behandlung der postoperativen Bakteriurie war die 3-Tage-Kur jedoch wirksamer (5). Die Strategie einer kombinierten Behandlung mit verschiedenen Antibiotika kann bei Hochrisikopatienten, die in der Regel aus den Studien ausgeschlossen werden, von Nutzen sein. Die intensivierte Antibiotikaprophylaxe kann bei diesen Patienten helfen, schwere Infektionen abzuschwächen und drohende Resistenzen zu überwinden, so Bonkat.
Welche Antibiotika?
Die Wahl der Antibiotika fällt gemäss Bonkat aufgrund ihrer
guten pharmakokinetischen Eigenschaften im Prostatage-
webe auf Fluorchinolone, obschon sie nicht besser wirken als
andere Antibiotika (5). Doch steigen die Resistenzen gegen-
über der Darmflora an. Eine zurzeit gute Alternative stellt
nach Einschätzung von Bonkat Fosfomycin dar. Eine kürz-
lich publizierte Metaanalyse über drei doppelblind rando-
misierte und zwei retrospektive Kohortenstudien zeigte für
Fosfomycin im Vergleich zu Fluorchinolonen eine signifikant
tiefere Infektionskomplikationsrate (6).
Um eine allfällige Resistenz des Patienten auf Fluorchinolone
ausschliessen zu können, empfiehlt sich vor der Durchfüh-
rung der Biopsie ein Rektalabstrich mit anschliessender Kul-
tur. Das eröffnet die Möglichkeit einer gezielten Antibiotika-
prophylaxe mit einer tieferen Rate von Infektionskomplika-
tionen. Ein kürzlich durchgeführter systematischer Review
über 15 Studien mit gesamthaft 12 320 Patienten zeigte für
die gezielte Antibiotikaprophylaxe eine signifikant tiefere In-
fektkomplikationsrate (0,81%) als für die Standardantibioti-
kaprophylaxe (3,4%), was in einer Number Needed to Treat
(NNT) von 39 resultiert, um 1 postbioptische Infektion zu
verhindern (7).
L
Valérie Herzog
Quelle: «Better be prepared! Standards and recommendations for antibiotic prophylaxis in tansrectal prostate biopsy», 34. Jahreskongress der European Association of Urology (EAU), 16. bis 19. März 2019 in Barcelona.
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Referenzen 1. Loeb S et al.: Complications after prostate biopsy: data from
SEER-Medicare. J Urol 2011; 186: 1830–1834. 2. Yang L et al.: Antibiotics may not decrease prostate-specific an-
tigen levels or prevent unnecessary prostate biopsy in patients with moderately increased prostate-specific antigen levels: A meta-analysis. Urol Oncol 2015; 33: 201.e17–24. 3. Yang L et al.: Prophylactic Antibiotics in Prostate Biopsy: A Meta-Analysis Based on Randomized Controlled Trials. Surg Infect 2015; 16: 733–747. 4. Mottet N et al.: EAU Guideline 2019: Prostate Cancer. https://uroweb.org/guideline/prostate-cancer/. Letzter Zugriff 27. 5. 2019. 5. Zani EL et al.: Antibiotic prophylaxis for transrectal prostate biopsy. Cochrane Database Syst Rev 2011; 5: CD006576. 6. Noreikaite J et al.: Fosfomycin vs. quinolone-based antibiotic prophylaxis for transrectal ultrasound-guided biopsy of the prostate: a systematic review and meta-analysis. Prostate Cancer Prostatic Dis 2018; 21: 153–160. 7. Scott S et al.: The effectiveness of targeted relative to empiric prophylaxis on infectious complications after transrectal ultrasound-guided prostate biopsy: a meta-analysis. World J Urol 2018; 36: 1007–1017.
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