Transkript
UEG-Week
Mikrobiom des Darms
Probiotika unterstützen Helicobacter-pylori-Eradikation
Antibiotikatherapien eradizieren nicht nur das anvisierte Bakterium, sondern dezimieren auch einen Grossteil des Mikrobioms im Darm. Die Zugabe von Probiotika reduziert aber nicht nur die Nebenwirkungen, sondern erhöht bei der Helicobacter-pylori-Therapie auch die Eradikationsrate, wie an der UEG-Week in Wien zu erfahren war.
Für die Gesundheit ist ein intaktes Darmmikrobiom sehr wichtig. Dieses bleibt nicht immer gleich, es kann sich verändern. Beispielsweise durch eine Änderung der Ernährungszusammensetzung, im Zuge von Erkrankungen und von Therapien mit bestimmten Medikamenten wie Antazida, wie nicht steroidalen Antirheumatika, Immunsuppressiva, Antidepressiva wie auch Antibiotika. Gegensteuer kann durch den Ersatz von Mikroorganismen entweder durch fäkale Transplantation oder durch eine Probiotikatherapie gegeben werden. Dafür infrage kommende Stämme sind beispielsweise Bacillus clausii, Escherichia coli Nissle, Lactobacillus spp, Bifidobacterium spp und Saccharomyces boulardii. Im ganzen Darmmikrobiom machen die handelsüblichen Probiotika, die hauptsächlich aus Lakto- und Bifidobazillen bestehen, nur gerade 5 Prozent aus, berichtet Prof. Antonio Gasbarrini, Catholic University, Gemelli University Hospital, Rom (I). Obwohl die Anwendung von Probiotika verbreitet ist, weiss man von den meisten nicht, über welchen Mechanismus sie genau wirken, ob sie beispielsweise einen immunologischen Nutzen haben oder nicht. Auch Daten zu Sicherheit, optimaler Dosierung und Kombinationen von verschiedenen Stämmen sind nicht gänzlich bekannt. Bis dies geklärt ist, sei es ratsam, nur einzelne Stämme zur Therapie zu verabreichen und keine Kombinationen, so der Rat des Referenten.
KURZ & BÜNDIG
L Probiotika begleitend zur H.-pylori-Eradikationstherapie können deren Effizienz erhöhen und vermindern die Nebenwirkungen.
L Lactobazillen und Saccharomyces boulardii erhöhen die Eradikationsrate.
L Eher einzelne Stämme einsetzen als Kombinationen.
Probiotika bei H.-pylori-Eradikation
Probiotika können bei einer H.-pylori-Eradikation unterstützend wirken. Einerseits durch Produktion von Bakteriozinen (z.B. durch Laktobazillen), die auf H. pylori antimikrobiell wirken, andererseits durch Konkurrenz an den Adhäsionsrezeptoren und durch Stimulation der Mukusproduktion und Stabilisierung der Barrierefunktion der Mukosa. Ob eine Probiotikatherapie sogar anstelle von herkömmlichen Antibiotikakombinationen in Betracht zu ziehen ist, untersuchte ein systematischer Review anhand einer Analyse von gepoolten Daten. Von 403 Fällen führte eine ProbiotikaMonotherapie in 50 Fällen zu einer H.-pylori-Eradikation. Die durchschnittliche Eradikationsrate lag bei 14 Prozent. Laktobazillen eradizierten das Bakterium zu 16 Prozent, Saccharomyces boulardii zu 12 Prozent und mehrstämmige Kombinationen zu 14 Prozent (1). Als Alternative zu den Antibiotika seien Probiotika zwar nicht ausreichend, doch begleitend zur H.-pylori-Eradikationstherapie könne die Probiotikatherapie im Zeitalter der wachsenden Resistenzen die Eradikationsrate erhöhen und gleichzeitig die antibiosebedingten Nebenwirkungen reduzieren (2), so Gasbarrini. Nicht nur bei H.-pylori-Eradikationstherapien reduzieren Probiotika die Nebenwirkungen, das gilt für sämtliche Antibiotikatherapien, wie eine Metaanalyse mit 140 Studien zeigte. Die Nebenwirkungsrate mit Probiotikazusatz war halb so hoch wie ohne Probiotika (14 vs. 30%) und die relative Risikoreduktion blieb immer gleich, egal ob Einfachoder sequenzielle oder Kombinationstherapien angewendet wurden (3). In den meisten Studien wurden Laktobazillen, Bifidobakterien und Saccharomyces boulardii verwendet, von denen alle etwa gleich gut wirkten (3). Weiter interessant ist die Tatsache, dass Probiotika die Eradikationsrate erhöht haben: In der Probiotikagruppe lag diese bei 84 Prozent und in der Kontrollgruppe bei 71 Prozent (3).
Probiotika breit anwenden?
Die verschiedenen Guidelines zu diesem Thema vertreten unterschiedliche Standpunkte darüber, ob Probiotika als Add-on zur Eradikationstherapie verabreicht werden sollen, berichtet Gasbarrini. Eine kürzlich publizierte Studie unter-
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UEG-Week
mauert diese Unentschlossenheit. In besagter Untersuchung
wurde bei gesunden Personen nach Antibiotikatherapie eine
Therapie zur Wiederherstellung des Mikrobioms analysiert:
Probiotika versus autologe Stuhltransplantation versus keine
Massnahme. Das beste Ergebnis zeigte sich für die Stuhl-
transplantation mit kompletter Wiederherstellung des Mi-
krobioms. Mit dem Probiotikazusatz kam es im Vergleich zur
Spontanrekonstitution zu einer verzögerten und nur teilwei-
sen Rekonstitution (4).
Ganz unbekümmert sollten Probiotikakombinationen dem-
nach nicht eingesetzt werden; bis auf jene Stämme, die den
Nachweis für eine gute Wirkung erbracht haben, riet Gasbar-
rini abschliessend.
L
Referenzen: 1. Losurdo G et al.: Probiotic monotherapy and Helicobacter pylori
eradication: A systematic review with pooled-data analysis. World J Gastroenterol 2018; 24: 139–149. 2. Goderska K et al.: Helicobacter pylori treatment: antibiotics or probiotics. Appl Microbiol Biotechnol 2018; 102: 1–7. 3. Wang F et al.: Probiotics in Helicobacter pylori eradication therapy: Systematic review and network meta-analysis. Clin Res Hep Gastro 2017; 41: 466–475. 4. Suez J et al.: Post-Antibiotic Gut Mucosal Microbiome Reconstitution Is Impaired by Probiotics and Improved by Autologous FMT. Cell 2018; 1406–1423.
Valérie Herzog
Quelle: «Is there a role for probiotics?», United European Gastroenterology Week (UEGW) 2018, 21. bis 24. Oktober in Wien.
Foto: vh
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