Transkript
UEG-Week
UEG-Week 2018 in Wien
«Die Schweizer Verfahrensweise wurde bestätigt»
Am Jahreskongress der United European Gastroenterology (UEG Week) in Wien wurden für die 14 000 Teilnehmer aus 114 Ländern 194 Sessions abgehalten. Aus der grossen Menge von Informationen strich Prof. Stephan Vavricka, Zentrum für Gastroenterologie und Hepatologie, Zürich, im Interview heraus, was davon aus seiner Sicht für die Schweizer Hausärzte wichtig war.
Welche Pharmakotherapie empfiehlt sich bei
Morbus Crohn?
Dazu sind mehrere Arbeiten am Kongress vor-
gestellt worden. Eine retrospektive Multizen-
terstudie zu Ustekinumab zeigte für die Be-
handlung mit dem Interleukinhemmer eine
anhaltende Wirkung auch bei bereits mit TNF-
Hemmern vorbehandelten Patienten, und
ausserdem dass es sehr gut verträglich ist. Das
Prof. Stephan Vavricka
ist deshalb wichtig, weil ausser den Zulassungsstudien bis jetzt noch keine Real-
World-Daten zu diesem Wirkstoff publiziert worden sind.
Ustekinumab wurde wegen seiner guten Wirkung und Ver-
träglichkeit in einer Studie nun auch bei Patienten mit Colitis
ulcerosa getestet, wofür es aber noch nicht zugelassen ist. Es
scheint, dass es auch hier einen guten Effekt hat.
Was gibt es Neues zu Colitis ulcerosa? Hierzu gab es sehr viele neue Daten. Zum Beispiel zu Substanzen mit neuartigen Wirkmechanismen wie beispielsweise Upadacitinib, einem Januskinaseinhibitor, oder Mirikizumab, einem IL-23-Antikörper. Beide dämmen die Entzündung ein und zeigten eine gute Wirkung. In dieser Indikation laufen sehr viele Phase-2- und -3-Studien. Ich hoffe, dass einige dieser Substanzen die Marktzulassung erreichen werden. Auch zu Tofacitnib, einem bis anhin bei der rheumatoiden Arthritis eingesetzten Januskinaseinhibitor, konnte eine Studie bei Patienten mit Colitis ulcerosa gute Erfolge zeigen.
Die Stuhltransplantation war ein heiss diskutiertes Thema. Welche Patienten kommen dafür infrage? Hier gab es eine verblindete Arbeit bei Patienten mit Morbus Crohn, die keinen guten Erfolg zeigen konnte. Bei Colitis ulcerosa sind die Daten etwas besser. Es scheint aber, dass die Stuhltransplantation bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nicht viel bringt. Eine Stuhltransplantation hat eine Berechtigung bei einer Clostridienkolitis, dies aber nur im Rahmen von Studien.
8 Wochen nach einer Eradikation ist es üblich, den Eradikationserfolg mit einem Atemtest zu kontrollieren. Eine am Kongress vorgestellte Arbeit zeigte nun, dass Patienten mit vorangegangener oberer gastrointestinaler Blutung ohne oder mit nur unvollständiger Eradikation ein höheres Risiko für erneute Blutungen aufweisen. Den Eradikationserfolg zu kontrollieren, lohnt sich also immer. Das geht häufig vergessen.
Gibt es neue Erkenntnisse zu Protonenpumpenhemmern? An praktisch jeder UEG-Week gibt es immer eine Arbeit zu Nebenwirkungen von PPI. Das war auch in diesem Jahr so. Eine Studie mit über 50 000 Personenjahren sammelte Daten zu PPI-Langzeitnebenwirkungen, die im Lauf der Zeit auftreten können. Die Studie bestätigte bereits bekannte Nebenwirkungen, wie Infektionen mit Clostridium difficile, Knochenfrakturen, Interaktionen mit Clopidogrel, Hypomagnesiämie, Demenz, spontan bakterielle Peritonitis, erhöhte Mortalität bei Zirrhose, und viele mehr. Das ist insofern interessant, als es die Smarter-Medicine-Kampagne der SGAIM* stützt, wonach eine PPI-Therapie gestoppt werden soll, wenn sie nicht mehr notwendig ist.
Was fanden Sie sonst noch wichtig?
Soll man bei Patienten vor einer Polypektomie einen allfällig
verwendeten Thrombozytenaggregationshemmer vor dem
Eingriff stoppen? Gemäss internationalen Richtlinien soll
Clopidogrel 5 bis 7 Tage vor einer Polypektomie gestoppt
werden. Schweizer Richtlinien dagegen machen den Unter-
bruch von der Grösse des Polypen abhängig. Bis zu einer
Grösse von einem Zentimeter sei ein Stopp nicht notwendig.
Eine internationale Studie aus Hongkong verglich nun beide
Ansätze und kam zum Schluss, dass die Schweizer Verfah-
rensweise sicher ist, und hat damit indirekt die Schweizer
Guidelines bestätigt.
L
Das Interview führte Valérie Herzog.
* Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin.
Was ist wichtig bei der Helicobacter-pylori-Eradikation? Bei Patienten mit oberen gastrointestinalen Blutungen sucht man auch nach einer Helicobacter-pylori-Infektion. 6 bis
2 CongressSelection Gastroenterologie | Januar 2019