Transkript
ERS
Tripeltherapie bei schwerer COPD
Welche COPD-Patienten profitieren von inhalativen Kortikosteroiden?
Spätestens seit der WISDOM-Studie steht die inhalative Kortikosteroidtherapie bei COPD-Patienten in der Diskussion. Anders als beim Asthma profitieren hier nach heutigem Kenntnisstand nicht alle Patienten. Eine ganze Session auf dem ERS widmete sich daher der Frage, welche Patienten Steroide erhalten sollten – und welche nicht.
Die Zahl der Eosinophilen im Blut wird weithin als Indikator für das Ansprechen auf eine Therapie mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS) angesehen, berichtete Dr. Alexander G. Mathioudakis aus Manchester (GB). In einer Post-hocAnalyse der Studie ISOLDE wurde deshalb untersucht, inwieweit bei COPD-Patienten die Änderung dieser Eosinophilenzahl das Ansprechen auf eine Therapie mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS) voraussagen könnte. In dieser Studie erhielten 751 Patienten mit mittelgradiger bis schwerer COPD entweder inhalatives Fluticasonpropionat oder Plazebo (1). Zuvor aber nahmen die meisten Patienten für 2 Wo-
Vorschlag zum Einsatz von inhalativen Kortikosteroiden bei COPD
Patient mit bestätigter COPD, der trotz LAMA/LABA-Kombination noch symptomatisch ist oder häufige Exazerbationen hat
EOS-Bestimmung
EOS dauerhaft niedrig (< 200/µl) EOS dauerhaft oder zeitweise erhöht (≥ 200/µl) ICS nicht indiziert Erwägung anderer Therapien 6 Monate versuchsweise ICS Fortsetzung der ICS erwägen, wenn: • Patient weniger Exazerba- tionen oder Symptome hat • EOS gesenkt sind Absetzen der ICS erwägen, wenn: • Patient mehr Exazerbatio- nen oder Pneumonien hat • EOS nicht gesenkt oder erhöht sind (nach Mathioudakis) chen orales Prednisolon (0,6 mg/kg/Tag) ein – damit sollte geprüft werden, ob die Reaktion auf die orale Steroidgabe helfen könnte, auch diejenigen Patienten zu identifizieren, die auf die inhalative Steroid-Langzeittherapie ansprechen würden. Erst anschliessend fand die doppelblinde Testphase statt, in der die Patienten 2-mal täglich entweder Fluticasonpropionat (500 µg) oder Plazebo inhalierten. Als Bedarfstherapie wurde entweder Salbutamol oder Ipratropiumbromid eingesetzt. In der Post-hoc-Analyse von ISOLDE konnte gezeigt werden, dass eine höhere Eosinophilenzahl in Zeiten ohne jegliche Kortikosteroideinnahme mit einem besseren Ansprechen auf die ICS-Therapie assoziiert war. Patienten, bei denen eine Senkung der Eosinophilen während der ICS-Einnahme gemessen wurde, wiesen ein gutes Ansprechen auf die ICS-Therapie auf. Doch es gab auch Patienten, bei denen es unter ICSEinnahme zu einem Anstieg der Bluteosinophilen kam – bei ihnen war auch bezüglich anderer Parameter die ICS-Einnahme mit einer schlechteren Prognose assoziiert; dies betraf etwa 20 Prozent der Teilnehmer von ISOLDE. Tripeltherapie bringt Vorteile bei hohen Eosinophilenzahlen Der Einfluss der Eosinophilenzahlen auf das Therapieansprechen wurde auch in einer jüngst auf dem ERS-Kongress in Paris vorgestellten Auswertung der grossen doppelblinden Multizenterstudie IMPACT untersucht (2). Wie Steven Pascoe von GSK aus Collegeville berichtete, ging es in dieser Studie mit über 10 000 Patienten um die Vereinfachung der COPD-Versorgung sowie um die Identifizierung von COPDPhänotypen mit unterschiedlichem Ansprechen auf die mittlerweile zahlreichen Therapieoptionen. So wurde auch der Frage nach Markern für das Ansprechen auf ICS nachgegangen. Die Patienten mit mittelgradiger bis schwerer COPD und mindestens einer ebenfalls als mittelgradig bis schwer eingestuften akuten Exazerbation in den 12 Monaten vor Studienbeginn wurden in drei Therapiegruppen eingeteilt: Dualtherapie aus LAMA und LABA (Umeclidinium, Vilanterol), Dualtherapie aus ICS und LABA (Fluticasonfuroat, Vi- 46 CongressSelection Kardiologie | Pneumologie | Diabetologie | Dezember 2018 ERS lanterol) oder Tripeltherapie aus ICS, LAMA und LABA (Fluticasonfuroat, Vilanterol, Umeclidinium), jeweils über 52 Wochen. Das Ergebnis: Das Exazerbationsrisiko war umso grösser, je höher die Bluteosinophilenzahl bei Studienbeginn ausfiel. Bei niedrigen Eosinophilen-Blutspiegeln ergaben sich hinsichtlich der Reduktion von Exazerbationen keine Unterschiede zwischen den Therapiearmen; doch mit steigenden Ausgangs-Eosinophilenwerten profitierten die Patienten der beiden ICS-haltigen Therapiegruppen deutlicher hinsichtlich der Verhinderung von Exazerbationen und Hospitalisierungen. Dieses bessere Therapieansprechen spiegelte sich auch in einer besseren Lebensqualität im SGRQ, so Pascoe weiter. Auch der Raucherstatus wirkte sich auf das Therapieergebnis aus: Während bei aktuellen Rauchern die Vorteile der Tripeltherapie nur bei höheren Eosinophilenzahlen (≥ 200) zu beobachten waren, waren bei Exrauchern die Vorteile der Tripeltherapie über alle Eosinophilen-Ausgangswerte zu beobachten. Somit profitierten Exraucher grundsätzlich von der Tripeltherapie, auch bei niedrigeren Eosinophilenzahlen. In einer weiteren IMPACT-Analyse wurde die Subgruppe von Patienten, die bereits bei Studienbeginn mit einer Tripeltherapie aus ICS/LABA/LAMA behandelt worden war, gesondert betrachtet. Wie Prof. Dave Singh aus Manchester (GB) berichtete, konnte in dieser Subgruppe eine bessere Krankheitskontrolle festgestellt werden bei denjenigen, die auch weiterhin eine Tripeltherapie erhielten, im Vergleich zu den Patienten, bei denen auf eine der beiden Dualtherapien reduziert wurde: Unter fortgesetzter Tripeltherapie kam es zu weniger Exazerbationen, zu einer verbesserten Lungenfunktion und damit letztlich auch zu einer besseren Lebensqualität. Welche COPD-Patienten sollten also, nach heutigem Wis- sensstand, ICS erhalten? Dazu schlug Mathioudakis einen Algorithmus vor, bei dem die Indikation von der Eosinophi- lenzahl sowie nach einem entsprechenden sechsmonatigen Therapieversuch mit ICS anhand des Therapieansprechens gestellt wird (Abbildung): Eine ICS-Therapie sollte demnach nur bei erhöhten Eosinophilenzahlen begonnen werden. Nach 6 Monaten sollte dann überprüft werden, ob unter der ICS-Gabe die Zahl der Exazerbationen zurückgegangen ist und die Eosinophilenzahl gesenkt wurde – und nur in diesen Fällen sollte die ICS-Therapie fortgesetzt werden. L Adela Žatecky Referenzen: 1. Burge PS et al.: Randomised, double blind, placebo controlled study of fluticasone propionate in patients with moderate to severe chronic obstructive pulmonary disease: the ISOLDE trial. BMJ 2000; 320: 1297–1303. 2. Pascoe SP et al.: Blood eosinophil counts and treatment response in COPD: analyses of IMPACT. ERS 2018, Abstract 5996. 3. Singh D et al.: Analysis of the InforMing the PAthway of COPD Treatment (IMPACT) study in the subgroup of patients taking triple therapy at screening. ERS 2018, Abstract 6016. Quelle: Session «COPD: from LABA/ICS to LABA/LAMA/ICS» beim Jahreskongress der European Respiratory Society (ERS), 17. September 2018 in Paris. Foto: AZA 48 CongressSelection Kardiologie | Pneumologie | Diabetologie | Dezember 2018