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CAMELLIA-TIMI-61-Studie
Medikament zur Gewichtsabnahme erhöht das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse nicht
Obwohl Übergewicht mit einer Zunahme kardiovaskulärer Risiken einhergeht, haben sich in der Vergangenheit Medikamente zur Gewichtsabnahme nicht per se als kardiovaskulär vorteilhaft erwiesen, im Gegenteil. Zum ersten Mal konnte nun ein Medikament zeigen, dass es zur Gewichtsabnahme beiträgt ohne auf lange Sicht das kardiovaskuläre Risiko zu erhöhen.
Die CAMELLIA-TIMI-61-Studie untersuchte die kardiovaskuläre Sicherheit des bislang in Europa nicht verfügbaren Appetitzüglers Lorcaserin und fand keine Anzeichen für eine Zunahme schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse (major adverse cardiac events, MACE) wie kardiovaskulär bedingten Todes, Myokardinfarkts oder Schlaganfalls. Nach einer Beobachtung über im Median 3,3 Jahre ergaben sich in der Studie MACE-Raten von 6,1 Prozent unter Lorcaserin versus 6,1 Prozent unter Plazebo (Hazard-Ratio: 0,99; p < 0,001 für Nichtunterlegenheit). Hinsichtlich der Wirksamkeit ergab sich in einer erweiterten Endpunktanalyse (zusätzlich zu den MACE-Ereignissen wurden Hospitalisierungen wegen instabiler Angina, Herzinsuffizienz und koronarer Revaskularisation untersucht) kein signifikanter Vorteil für Lorcaserin (11,8 vs. 12,1% unter Plazebo; p = 0,55). Alle Patienten wurden hinsichtlich eines gesunden Lebensstils beraten. Diejenigen, die Lorcaserin einnahmen, verloren im ersten Jahr durchschnittlich 4,2 kg Gewicht, im Vergleich zu 1,4 kg unter Plazebo. «Wir waren in der Lage, zum ersten Mal zu zeigen, dass dieses Medikament zur Gewichtsabnahme das erreicht, was es soll – es hilft Patienten mit erhöhtem kardialen Risiko Gewicht abzunehmen, ohne vermehrte schwere kardiovaskuläre Ereignisse zu verursachen», sagte Dr. Erin Bohula, Brigham and Women’s Hospital, Boston (USA). Appetithemmer in den USA seit 2012 zugelassen Der Appetithemmer, der das postprandiale Völlegefühl steigert und den Hunger vor Mahlzeiten reduziert, ist in den USA bereits seit 2012 zur Behandlung von Übergewicht bei Patienten mit einem Body-Mass-Index (BMI) ≥ 30 kg/m2 zugelassen beziehungsweise bereits ab einem BMI ≥ 27, falls zusätzlich mindestens eine gewichtsassoziierte gesundheitliche Einschränkung vorliegt, wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder erhöhte Blutfettwerte. Bedingung für diese Zulassung war, dass in Postmarketingstudien das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse näher untersucht wurde, welches sich bei gewichtsreduzierenden Produkten in der Vergangenheit als limitierender Faktor erwiesen hatte. Die daraufhin durchgeführte CAMELLIA-TIMI-61-Studie umfasste insgesamt 12 000 Patienten von 473 Zentren mit einem BMI von mindestens 27 kg/m2 und entweder kardiovaskulärer Erkrankung (mit oder ohne Diabetes) oder Diabetes und mindestens einem anderen kardiovaskulären Risikofaktor, die entweder Lorcaserin (2 × täglich 10 mg) oder Plazebo einnahmen. Der primäre Sicherheitsendpunkt war als Nichtunterlegenheit hinsichtlich MACE definiert und galt nach dem Eintreten von insgesamt 460 Ereignissen als erreicht. Daran schloss sich die Untersuchung des primären Wirksamkeitsendpunkts an, der als Überlegenheit hinsichtlich MACE sowie Hospita- lisierung wegen instabiler Angina, Herzinsuffizienz und koronarer Revaskularisation definiert war. Dieser wurde je- doch nicht erreicht, der zusammengesetzte Endpunkt MACE plus Hospitalisierung aus den angegebenen Gründen trat bei 11,8 Prozent der Teilnehmer unter Lorcaserin und bei 12,1 Prozent unter Plazebo ein. Im Vergleich zu Plazebo konnte das Verum die Konversions- rate von Prädiabetes in Diabetes reduzieren und führte zu ge- ringen Verbesserungen bei Triglyzeriden, Blutglukose, Herz- frequenz und Blutdruck. Trotz der beobachteten Verbesse- rungen verschiedener kardiovaskulärer Risikofaktoren, konnte jedoch kein kardiovaskulärer Nutzen beobachtet werden, «die Grössenordnung» des Einflusses war relativ klein, wie Bohula anmerkte. Lorcaserin ist in Europa nicht zugelassen, da die EMA auf- grund von tierexperimentellen Daten über das potenzielle Risiko von Tumoren, psychiatrische Beschwerden wie De- pressionen und Probleme mit Herzklappen besorgt war. In CAMELLIA-TIMI-61 wurden als wichtigste medikamenten- assoziierte Nebenwirkungen Schwindel, Müdigkeit, Kopf- schmerz und Nausea angegeben, es gab keinen Unterschied im Auftreten maligner Tumoren. Echokardiografische Sub- studien fanden nach einem Jahr ein nicht signifikantes Un- gleichgewicht im Auftreten valvulärer Erkrankungen (1,8 vs. 1,3%; p = 0,24). Bei diesbezüglichen Anzeichen wie Atemnot oder neu auftretenden kardialen Geräuschen sollte das Ab- setzen in Betracht gezogen werden. Auch Anzeichen für Stim- mungsveränderungen, Depression oder suizidale Gedanken sollten erfasst werden und zum Absetzen führen. Die Studie wurde zeitgleich mit der Präsentation im New England Jour- nal of Medicine publiziert (1). Mü Referenz: 1. Bohula EA et al.: Cardiovascular safety of lorcaserin in over- weight or obese patients. N Engl J Med 2018; 379: 1107–1117. Quelle: «Hotline Session 1». Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC) 2018, 25. bis 29. August in München. 14 CongressSelection Kardiologie | Pneumologie | Diabetologie | Dezember 2018