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Projekt HEPAHEALTH – Aktuelle Daten
Lebererkrankungen weiter auf dem Vormarsch
Erkrankungen der Leber sind trotz aller therapeutischen Fortschritte weiter auf dem Vormarsch. Ein besonders problematischer Aspekt: Die Betroffenen sterben – anders als beispielsweise bei Krebserkrankungen allgemein oder bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen – überwiegend bereits im jüngeren Lebensalter. Gerade dies macht aber auch die Strategien zur Verbesserung der Lebergesundheit nicht nur unter menschlichen, sondern auch unter ökonomischen Gesichtspunkten lohnenswert. Dies wird im aktuellen Report des HEPAHEALTH-Projektes, der auf dem Europäischen Leberkongress in Paris vorgestellt wurde, deutlich.
An dem Projekt seien Zentren aus 35 europäischen Ländern – auch aus der Schweiz – beteiligt, berichtete Laura Pimpin aus Cambridge (UK). Die drei wesentlichen Ziele des Projekts waren Erkenntnisse zu: L Epidemiologie L Risikofaktoren L Umsetzung und Effektivität von Interventionsstrategien. Die ernüchternde Erkenntnis: Seit einem ersten Überblick im Jahr 2013 hat sich die Situation nicht verbessert. Insbesondere die Mortalität des hepatozellulären Karzinoms hat in Europa insgesamt zugenommen. Dieser Trend hat im Falle
der Lebererkrankungen auch eine erhebliche sozioökonomische Relevanz, denn an Erkrankungen der Leber leidet und stirbt man in der Regel früher als an anderen chronischen Erkrankungen, wie beispielsweise an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zwei Drittel der durch Lebererkrankungen verloren gegangenen Lebensjahre betreffen demnach Zeiten des Berufslebens.
Geografische Unterschiede
Die Entwicklung in der Häufigkeit von Leberkrankheiten zeigte auch innerhalb Europas Unterschiede, berichtete Assoc.
HEPAHEALTH-Report: Vorschläge zu sinnvollen öffentlichen Gesundheitsmassnahmen
Alkohol
Übergewicht
Staatliche Massnahmen zur Preisbildung
Management von Umgebungsfaktoren
Besteuerung Mindestpreis pro Einheit
Werbebeschränkungen Lizenzen Mindestalter für Kauf
Screening
Screening nach Risikofaktoren und Empfehlung von Verhaltensänderungen und Interventionsmassnahmen
Verhaltensmassnahmen
Besteuerung Subventionen
Werbebeschränkungen Deklaration von Nährwerten Änderungen von Zusammensetzungen der Produkte
Multifaktorielle LifestyleInterventionen zum Gewichtsmanagement: • Allgemeine • Verhaltensmassnahmen • Ernährung • Körperliche Aktivität
Klinische Massnahmen
Quelle: Hepahealth
Virushepatitis
Lebererkrankungen allgemein
Screening von Risikogruppen
Frühes Screening auf Risikofaktoren und Krankheitszeichen
Massnahmen zur Riskoreduktion
Impfung (HBV) Therapie als Präventionsmassnahme
20 CongressSelection Gastroenterologie | Juni 2018
EASL
Prof. Marieta Simonova aus Sofia (BG). So habe zwar die Mortalität infolge von Lebererkrankungen in den Ländern West- und Zentraleuropas abgenommen, dennoch gebe es auch Länder mit gleichbleibenden oder sogar wachsenden Raten der Lebermortalität; betroffen seien Länder in den ärmeren Teilen der Europäischen Union sowie im Gebiet der früheren Sowjetunion. In diesen Ländern zeigt sich auch ein Trend zur steigenden Zirrhoseprävalenz, der vor allem auf den hohen Alkoholkonsum in diesen Ländern zurückzuführen ist.
Ein Leberrisiko kommt selten allein
Europa ist weltweit die Region mit dem höchsten Konsum an alkoholischen Getränken. Bemühungen, den Alkoholkonsum zu reduzieren, würden in vielen Ländern blockiert, bemängelte Prof. Nick Sheron aus Southampton (GB). Doch es ginge inzwischen nicht nur um diesen Risikofaktor. So hätten
in den letzten Jahren auch die Raten an Adipositas in fast allen untersuchten Ländern zugenommen. «Wir müssen heute multiple Risikofaktoren und deren Interaktionen berücksichtigen», betonte Sheron – und nannte Beispiele: So sei die Adipositas nicht nur als alleiniger Risikofaktor für eine Fettleber anzusehen. Vielmehr ist heute bekannt, dass bei Menschen mit einem BMI von über 35 die Lebertoxizität von Alkohol doppelt so hoch ist wie bei Normalgewichtigen. Bei HCV-positiven Patienten führt bereits der Konsum von zwei Flaschen Wein pro Woche zu einem Anstieg der leberassoziierten Mortalität um den Faktor 2,5. Ähnliche Interaktionen sind zum Beispiel auch bei oropharyngealen Karzinomen bekannt, die besonders häufig bei Menschen vorkommen, bei denen Alkohol und Tabakkonsum als Risikofaktoren zusammenkommen.
Was tun?
Die Hepatitis-B-Infektionen konnten bereits durch Screening
und Impfungen deutlich reduziert werden. Diese Impfungen
sollten zusammen mit weiteren Massnahmen zur Reduktion
des Infektionsrisikos bei Risikopopulationen wie I.v.-Dro-
genkonsumenten und Männern, die Sex mit Männern haben
(MSM), weiter fortgesetzt werden, betont der aktuelle Hepa-
health-Report. Hepatitis-C-Infektionen können durch eine
konsequente Umsetzung der heute verfügbaren antiviralen
Therapie deutlich reduziert werden.
Zunehmend wichtig werden aber auch die Strategien zur
Reduktion der Lifestyle-Risikofaktoren. Der Hepahealth-
Report fordert hier mehr Kampagnen und Massnahmen zur
Reduktion von Alkoholkonsum und Adipositas. Gerade bei
Alkohol wird auch eine stärkere Besteuerung für eine sinn-
volle Massnahme gehalten. Aber auch eine Steuer auf ge-
süsste Getränke als Massnahme zur Begrenzung der Adiposi-
tas wird befürwortet.
L
Adela Žatecky
Quelle: Symposium «Epidemiology and burden of liver disease in Europe: data from HEPAHEALTH» beim 53. Jahrestreffen der European Association for the Study of the Liver (EASL), 12. April 2018 in Paris.
HEPAHEALTH Project Report online:
https://www.rosenfluh.ch/qr/hepahealth
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