Transkript
EADV
KURZ & BÜNDIG
Bei der paradoxen Psoriasis handelt es sich nicht um eine Krankheit, sondern um eine Nebenwirkung, die bei Behandlungen mit allen Anti-TNF-Biologika vorkommen kann.
Anders als die Psoriasis entsteht eine paradoxe Psoriasis unabhängig von T-Zellen. Weil ein immunologisches Gedächtnis fehlt, kommen bei betroffenen Patienten keine Rezidive vor, wenn keine Anti-TNF-Medikamente mehr verwendet werden.
Bei Fällen mit moderater bis schwerer paradoxer Psoriasis wird empfohlen, Anti-TNF-Biologika abzusetzen und die Hautläsionen topisch und systemisch zu behandeln. Zur Weiterbehandlung der Psoriasis als Grundkrankheit können Biologika mit anderem Wirkmechanismus eingesetzt werden.
zur Beeinflussung der pDC auch gezielt wirksame Medika-
mente entwickelt (Anti-BDCA2, Anti-ILT-7). Mit Inhibito-
ren von TLR7/9 (z.B. IMO-8400) wird zudem versucht, den
Antrieb zur Interferon-alpha-Produktion zu hemmen. Auch
Hemmsubstanzen des Interferonsignals befinden sich in Ent-
wicklung, zum Beispiel Sifalimumab (Anti-Interferon-alpha)
und Anifrolumab (Anti-Interferon-Rezeptor).
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Alfred Lienhard
Quelle: Joint EADV/AAD session beim 26. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), 15. September 2017 in Genf.
Starke Wirksamkeit – lange Injektionsintervalle
Selektive IL-23-Inhibition als neuer Ansatz bei Psoriasis
Beim diesjährigen EADV-Treffen zeigte sich, dass die hohe Wirksamkeit und gute Verträglichkeit des selektiven IL-23-Blockers Guselkumab auch nach einer Behandlungsdauer von 100 Wochen praktisch unverändert besteht. Dieser Effekt kann zudem mit nur wenigen Injektionen erreicht werden.
IL-23 spielt eine Schlüsselrolle bei der Psoriasis. Wird dieses Zytokin ausgeschüttet, so stimuliert es TH17-Zellen zur Bildung von IL-17 und IL-22 (siehe Abbildung). Da dieses Zytokin in der Signalkaskade noch über IL-17 eingreift, gilt es als besonders aussichtsreiches Target bei der Therapie der Psoriasis. Die in Genf im Rahmen der Late-Breaker-Sitzung vorgestellten Daten bestätigen die langfristige Wirksamkeit und Verträglichkeit von Guselkumab. Die Daten stammen von der Anschlussstudie von VOYAGE 1: Hier zeigte sich, dass nach einer Behandlungszeit von 100 Wochen mehr als 80 Prozent der mit Guselkumab behandelten Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis eine Verbesserung des PASI von mindestens 90 Prozent, das heisst eine nahezu vollständige Abheilung der Haut, erreichten. Die VOYAGE-1-Studie umfasste auch einen Arm, der Guselkumab direkt mit Adalimumab verglich. Die Adalimumab-Patienten wurden nach einem Jahr auf Guselkumab umgestellt. «In der Verlängerung
sehen wir sehr hohe PASI-Raten unabhängig davon, ob die Patienten seit Studienbeginn mit Guselkumab behandelt wurden oder im ersten Jahr mit Plazebo oder Adalimumab starteten und dann die Therapie mit Guselkumab fortsetzten – diese Patienten erreichten ein ebenso gutes Ergebnis», sagte Dr. Andrew Blauvelt, Oregon Medical Research Center, Portland (USA) bei der Präsentation der Daten. Diese positiven Ergebnisse korrelierten auch mit der Einschätzung der Prüfärzte: So erreichten im Investigator’s-Global-Assessment-(IGA-)Score in Woche 100 über 80 Prozent der Patienten einen Wert von 0 oder 1, das heisst vollständige Abheilung oder minimale Krankheitsaktivität. Bemerkenswert war auch, dass lediglich 2 bis 6 Prozent der Patienten im zweiten Behandlungsjahr aus der Studie ausschieden. Zudem nahm die Lebensqualität von Woche 48 bis Woche 100 bei den Patienten, die ursprünglich Adalimumab erhalten hatten, nach Umstellung auf Guselkumab signifikant zu. Dabei wurde der IL-23-Blocker auch in der Verlän-
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Abbildung: Modell der Immunpathogenese bei Psoriasis. IL-23 hat eine entscheidende Bedeutung. Quelle: modifiziert nach Nestle FO et al. (4).
gerung gut vertragen, schwere Nebenwirkungen traten nur selten auf, und es gab keine neuen Sicherheitssignale.
Bequeme Anwendung fördert die Akzeptanz
Wie Prof. Kristian Reich aus Hamburg (D) im Rahmen eines Satellitensymposiums ausführte, haben selektive IL-23-Blocker wie Guselkumab einen entscheidenden Vorteil, der sie bei Ärzten und Patienten beliebt machen dürfte: Die Injektionsintervalle sind sehr lang. Patienten möchten möglichst selten an die Erkrankung erinnert werden. Dass die langen Injektionsintervalle bei den Patienten gut ankommen, zeigen die niedrigen Abbruchraten in der Verlängerung der VOYAGE-1-Studie sowie die umfangreichen Erfahrungen mit dem IL-12/IL23-Blocker Ustekinumab. Die Zeit von der ersten Einnahme bis zum Therapieabbruch, das heisst die Therapietreue bezüglich eines Medikaments, im englischen Sprachgebrauch als «Drug Survival» bezeichnet, ist ein wichtiger Parameter, der die langfristige Effektivität eines Arzneimittels unter Praxisbedingungen kennzeichnet. Sie reflektiert Wirksamkeit, Sicherheit sowie Zufriedenheit mit der Behandlung und ist ein Indikator für den Therapieerfolg (1). In Registern zeigte sich, dass die Persistenz bei Behandlung mit Ustekinumab stärker ist als bei Behandlung mit TNF-Blockern, zum Beispiel im niederländischen Bio-CAPTURE-Register (2).
Auch wirksam in schwierig zu behandelnden Arealen
Die in diesem Jahr veröffentlichte VOYAGE-2-Studie bestätig-
ten die Ergebnisse der VOYAGE-1-Studie; auch hier war Gu-
selkumab Adalimumab deutlich überlegen. Patienten, die nicht
auf Adalimumab ansprachen, wurden in Woche 28 auf Gusel-
kumab umgestellt und bis Woche 48 behandelt. 66,1 Prozent
dieser Patienten erreichten am Studienende noch ein PASI-90-
Ansprechen. Guselkumab ist also auch für Adalimumab-Non-
responder eine wertvolle therapeutische Option.
Zudem zeigte sich in der VOYAGE-2-Studie, dass auch
Areale auf eine Behandlung ansprechen, die als schwierig zu
behandeln gelten, zum Beispiel Läsionen an der Kopfhaut,
den Fingernägeln und an den Händen und Füssen (3).
Im Juli erhielt Guselkumab als erster spezifischer IL-23-Blo-
cker die Zulassung der amerikanischen Food and Drug Ad-
ministration (FDA).
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Susanne Kammerer
Referenzen: 1. Arnold T et al.: «Drug-Survival»-Raten und Gründe für den Ab-
bruch von Systemtherapien bei Psoriasis. J Dtsch Dermatol Ges 2016; 14(11): 1090–1101. 2. Van den Reek JM et al.: «Happy» drug survival of adalimumab, etanercept and ustekinumab in psoriasis in daily practice care: results from the BioCAPTURE network. Br J Dermatol 2014; 171(5): 1189–1196. 3. Reich K et al.: Efficacy and safety of guselkumab, an anti-interleukin-23 monoclonal antibody, compared with adalimumab for the treatment of patients with moderate to severe psoriasis with randomized withdrawal and retreatment: Results from the phase III, double-blind, placebo- and active comparator-controlled VOYAGE 2 trial. J Am Acad Dermatol 2017; 76(3): 418–431. 4. Nestle FO et al.: Psoriasis. N Engl J Med 2009: 361(5): 496–509.
Quellen: Satellitensymposium «IL-23 in psoriasis: Integrating new therapies in the current treatment landscape» (Sponsor: Janssen-Cilag) und Symposium «Late breaker», Late Breaking Abstract Nr. 4314, beim 26. Jahrestreffen der European Academy of Dermatology and Veneorology (EADV), 13. bis 17. September 2017 in Genf.
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