Transkript
EADV
Breite Palette von der Fototherapie bis zu innovativen Fixkombinationen
Plaquepsoriasis – topische Therapie im Schatten der Biologika
Brauchen wir die «altmodischen» topischen Therapien mit zeitaufwendigem täglichem Eincremen zur Behandlung der Psoriasis überhaupt noch, wo doch heute hocheffektive systemische Behandlungen verfügbar sind? Diese provokative Frage stellte Prim. PD Dr. Wolfram Hötzenecker, Linz (A), an den Anfang seines Vortrags über den aktuellen Stand topischer Behandlungen und Fototherapien.
Heute ist mit Biologikatherapien sogar eine PASI-Verbesserung von 100 Prozent Realität geworden. Aber trotz der grossen Erfolge moderner systemischer Therapien würden topische Behandlungen und Fototherapien auch weiterhin benötigt, so der Referent. Mit diesen Behandlungsformen könne bei den meisten Patienten mit leichter bis moderater Psoriasis eine ausreichende Kontrolle der Krankheit erreicht werden. Die überwiegende Zahl der Psoriasispatienten weist aufgrund der Zehnerregel (BSA < 10, PASI < 10, DLQI < 10) eine leichte bis moderate Psoriasis auf. Es gilt auch zu bedenken, dass systemische Therapien Limitationen haben, zum Beispiel aktive oder anamnestische Krebserkrankung, aktive Tuberkulose, Leberschaden. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis von topischen Behandlungen und Fototherapien ist bei Patienten mit leichter bis moderater Psoriasis günstiger im Vergleich zu systemischen Therapien. Topische Therapien und Fototherapien können auch in Kombination mit systemischen Therapien genutzt werden. Topische Therapie mit Kortikosteroiden und Vitamin-D-Analoga Neben dem altbekannten Dithranol haben sich topische Kortikosteroide und Vitamin-D-Analoga bei leichter bis moderater Psoriasis als gut wirksam erwiesen. Der Referent empfahl, Fototherapien bei Psoriasis sind sehr effektiv bei Psoriasis mit grosser betroffener Hautfläche (Induktionstherapie bei grosser BSA = body surface area). nb-UV-B (Schmalspektrum-UV-B) ist als Fototherapie der ersten Wahl zu betrachten, obschon PUVA effizienter ist. Kombinationen mit topischen und systemischen Therapien sind möglich und nützlich. Langzeitfototherapie ist nicht empfehlenswert. (nach Wolfram Hötzenecker) topische Kortikosteroide (potente der Klasse 3 und sehr potente der Klasse 4) nur auf einer kleinen Hautfläche von weniger als 10 Prozent BSA (body surface area) in einer Menge von maximal 30 g pro Woche anzuwenden. Während 4 Wochen kann täglich und anschliessend als Erhaltungstherapie 2-mal pro Woche behandelt werden. Besondere Vorsicht ist nötig bei der Behandlung von Gesicht, Körperfalten und Genitalregion. Bei richtiger Verwendung topischer Kortikosteroide ist das Nebenwirkungs- und Infektionsrisiko sehr gering. Topische Vitamin-D-Analoga haben ein sehr gutes Sicherheitsprofil. Sie können als Nebenwirkung leichte Hautreizungen auslösen. Als Kombinationstherapie mit Kortikosteroiden sind sie hochwirksam. Als Monotherapie eignen sie sich gut zur Langzeitbehandlung der leichten bis moderaten Psoriasis. Cochrane-Review topischer Therapien bei Plaquepsoriasis In einem Cochrane-Review zur topischen Psoriasistherapie wurden 177 randomisierte kontrollierte Studien analysiert, in denen verschiedene Topika bei Patienten mit chronischer Plaquepsoriasis mit Plazebo oder mit Vitamin-D-Analoga verglichen worden waren (1). Im Vergleich zu Plazebo waren sowohl potente Kortikosteroide der Klasse 3 als auch Vitamin-D-Analoga (Monotherapie) um 1 Punkt (6-point global improvement scale) wirksamer. Sehr potente Kortikosteroide der Klasse 4 waren im Vergleich zu Plazebo um 1,8 Punkte überlegen. Bei Kombinationen eines topischen Kortikosteroids mit einem Vitamin-D-Analogon betrug die Überlegenheit gegenüber Plazebo 1,4 Punkte bei 1-mal täglicher Anwendung beziehungsweise 2,2 Punkte bei 2-mal täglicher Anwendung. Dithranol war um 1,2 Punkte wirksamer als Plazebo. Topische Kombinationstherapie Als neuere Entwicklung bei den topischen Therapien erwähnte der Referent die Schaumformulierung von Calcipotriol und Betamethasondipropionat (Enstilar®). In Kombination sind diese beiden Wirkstoffe effektiver als einzeln in 2 CongressSelection Dermatologie | Januar 2018 EADV KURZ & BÜNDIG Mit topischer Therapie und Fototherapie kann die Erkrankung bei Patienten mit leichter bis moderater Psoriasis meistens ausreichend kontrolliert werden. Die Behandlung mit topischen Kortikosteroiden ist hochwirksam, aber zur Erhaltungstherapie wegen Nebenwirkungen nicht gut geeignet. Vitamin-D-Analoga sind ebenfalls gut wirksam und eignen sich aufgrund ihres günstigen Sicherheitsprofils gut zur Langzeitverwendung. Die topische Kombinationstherapie mit Calcipotriol/Betamethason ist effizienter als die Monotherapie der beiden Wirkstoffe. Form von Monotherapien. Dazu zitierte Hötzenecker eine 8-wöchige randomisierte, vehikelkontrollierte Doppelblindstudie, die vier Behandlungsarme umfasste (Kombinationstherapie mit Calcipotriol/Betamethasondipropionat Gel versus die beiden Monotherapien versus Vehikel) (2). Mit der Kombinationsbehandlung sei eine PASI-Veränderung von 55 Prozent erreicht worden, mit den Monotherapien von 45 beziehungsweise 43 Prozent und in der Plazebogruppe mit dem Vehikel eine solche von 21 Prozent, so der Referent. L Alfred Lienhard Referenzen: 1. Mason AR et al.: Topical treatments for chronic plaque psoriasis. Cochrane Database Syst Rev 2013, Mar 28. 2. Menter A et al.: Calcipotriene plus betamethasone dipropionate topical suspension for the treatment of mild to moderate psoriasis vulgaris on the body: A randomized, double-blind, vehiclecontrolled trial. J Drugs Dermatol 2013; 12: 92–98. Quelle: Symposium «Psoriasis» beim 26. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), 14. September 2017 in Genf. Neuausrichtung des pathogenetischen und therapeutischen Konzeptes Psoriasis jetzt mit Biologika komplett abheilbar Nach einem kurzen Überblick über die Entwicklung des pathogenetischen Konzeptes im Lauf der letzten 40 Jahre fokussierte Prof. Carle Paul aus Toulouse (F) auf die aktuelle Therapie der Psoriasis mit hochwirksamen Biologika. Dabei machte er auch auf mögliche paradoxe Reaktionen bei der Behandlung mit Biologika aufmerksam. Die Psoriasis galt vor 1980 als Erkrankung der Keratinozyten mit Hyperproliferation. Dann wurde im Jahr 1980 das T-Zell-Infiltrat entdeckt, und die Psoriasis galt fortan als eine durch T-Zellen induzierte Erkrankung, gegen die sich Anti-TZell-Medikamente (z.B. Ciclosporin) als wirksam erwiesen. Im Jahr 1989 wurde IL-12 als Zytokin, das die TH1-Differenzierung stimuliert, entdeckt. Fünf Jahre später wurde in Psoriasisläsionen vermehrt TNF-alpha festgestellt, und im Jahr 2001 konnte gezeigt werden, dass TNF-alpha-Antagonisten bei Psoriasis wirksam sind. Im Jahr 2010 konnte gezeigt werden, dass IL-17A-Inhibitoren bei der Behandlung der Psoriasis wirksam sind. Zwei Jahre danach folgte die Entdeckung, dass IL-23 die Produktion von IL-17A durch T-Zellen stimuliert. Im Jahr 2008 wurden T-Zellen, die IL-17A produzieren, in Psoriasisläsionen entdeckt. Im folgenden Jahr wurde zudem festgestellt, dass der Serumspiegel von IL-17A mit dem Schweregrad der Psoriasis korreliert. Im Jahr 2010 konnte gezeigt werden, dass IL-17A-Inhibitoren bei der Behandlung der Psoriasis wirksam sind. Seither gilt die Psoriasis als eine hauptsächlich durch Th17-Zellen vermittelte Erkrankung. Parallel zum raschen Fortschritt bei den Erkenntnissen zur Pathophysiologie wurden nach der Jahrtausendwende in rascher Folge innovative Medikamente entwickelt: zum Beispiel Infliximab, Etanercept, Adalimumab, Ustekinumab, Apremilast, Secukinumab, Ixekizumab, Brodalumab, Guselkumab, Tildrakizumab und Rizankizumab. Pathogenetisch orientierte Therapie mit Biologika Das derzeit gültige Modell der Psoriasispathogenese geht davon aus, dass Trigger wie Autoantigene oder Infektionen die dendritischen Zellen zur Produktion von Zytokinen wie IL-23 und IL-12 anregen und dadurch das Startsignal für die 4 CongressSelection Dermatologie | Januar 2018