Transkript
EADV
Irreversibler Rückzug des Haaransatzes an der Stirn
Frontale fibrosierende Alopezie diagnostizieren und behandeln
Die frontale fibrosierende Alopezie (FFA) ist eine durch Lymphozyten vermittelte, primär vernarbende Alopezieform, bei der die frontotemporale Haarlinie symmetrisch immer mehr zurückweicht. Der Haarverlust ist irreversibel und die Behandlung ist schwierig.
Von FFA seien fast ausschliesslich Frauen betroffen (97%), meistens in der Postmenopause (83%), berichtete Prof. Lidia Rudnicka aus Warschau (PL). Ob ein hormoneller Einfluss besteht, sei aber noch nicht geklärt. In der Praxis sei eine Zunahme von FFA-Fällen feststellbar. Die Erkrankung wurde erst vor 23 Jahren durch Steven Kossard beschrieben (1). Die Suche nach Triggerfaktoren (z.B. Einfluss von Tabakrauchexposition oder Diät) führte bislang nicht zu eindeutigen Resultaten.
Klinische Zeichen von FFA
Zu den klinischen Zeichen von FFA gehören: kontinuierliches Zurückweichen der frontotemporalen Haarlinie, Verlust der Augenbrauen, Papeln im Gesicht, sichtbare Stirnvenen. Das Zurückweichen der frontalen Haarlinie (von der Glabella senkrecht in der Mitte der Stirne nach oben bis zur gesund erscheinenden Haarlinie gemessen) beträgt etwa 1 mm pro Monat (zwischen 0,3 und 1,5 mm pro Monat). An der Haargrenze ist oft von Auge eine perifollikuläre Schuppung und Rötung zu erkennen. Typisch für FFA ist das Zeichen des «einsamen Haares» (lonely hair sign). Es handelt sich dabei um ein einzelnes Haar an der Stirn, umgeben von vernarbter Haut. Als Pseudo-Fransen-Zeichen (pseudo fringe sign) wird ein quer über Stirne und/oder Schläfe verlaufender Streifen zurückgebliebener Haare unterhalb des zurückgewichenen Haaransatzes bezeichnet. Der Verlust der Augenbrauen kann als erstes Zeichen von FFA auftreten, bevor die frontale Haarlinie Monate bis Jahre später zurückzuweichen beginnt. Die Papeln der Gesichtshaut im Bereich von Vellusfollikeln werden manchmal fälschlicherweise als Akne inter-
KURZ & BÜNDIG
Die frontale fibrosierende Alopezie (FFA) ist eine Variante des Lichen planopilaris (= follikulärer Lichen planus).
Zu den klinischen Zeichen von FFA gehören: Zurückweichen der Haarlinie an Stirn und Schläfe, Verlust der Augenbrauen, Papeln im Gesicht, sichtbare Stirnvenen, Zeichen des «einsamen Haares», «Pseudo-Fransen-Zeichen».
Die Behandlung der FFA ist schwierig. Ziel der Therapie ist es, die Progression zu stoppen und den frontalen und temporalen Haaransatz zu stabilisieren. Dazu empfahl die Referentin orale Retinoide in Kombination mit intraläsionalen Kortikosteroidinjektionen.
pretiert. Patienten mit FFA – einer Variante von Lichen planus – können auch an andern Körperstellen Läsionen von Lichen planus aufweisen. Es sei deshalb wichtig, die gesamte Haut, die Nägel und die oralen und genitalen Schleimhäute zu inspizieren, so die Referentin. Vor zwei Jahren wurde ein Fallbericht von Nagelbeteiligung bei FFA aus der Praxis von Prof. Ralph Trüeb publiziert (2). Es handelte sich dabei um eine 60-jährige Frau mit progredientem Zurückweichen der frontotemporalen Haarlinie, Verlust der Augenbrauen und Lichen-planus-Veränderungen der Nägel beider Kleinfinger (Brüchigkeit und Pterygiumbildung) (2). Bei unklarer klinischer Diagnose ist eine Trichoskopie ratsam (perifollikuläre Schuppung und Erythem bei aktiver Erkrankung, Fehlen von Follikelöffnungen im Endstadium).
Therapie bei FFA
Weil sich in vielen Studien gezeigt hat, dass topische Kortikosteroide bei FFA nicht wirksam sind, sollten Kortikosteroide alle 3 bis 6 Wochen intraläsional injiziert werden (2,5 bis 10 mg pro ml). Wenn die intraläsionale Steroidtherapie nicht möglich ist, kann Prednison peroral (10 bis 40 mg pro Tag) verwendet werden. Antimalariamittel (z.B. Chloroquin), Tetrazykline (z.B. Doxycyclin), Finasterid oder Dutasterid sind manchmal auch wirksam. Systemische Retinoide sind bei Patienten mit FFA nützlich zur Stabilisierung des frontalen Haaransatzes, wie die Arbeitsgruppe der Referentin kürzlich in einer retrospektiven Analyse zeigen konnte (3). Mit oralem Isotretinoin (20 mg täglich) konnte das Behandlungsziel (keine weitere Progression nach 12 Monaten Therapie) bei 76 Prozent der Patienten erreicht werden. Mit dem ebenso effektiven Acitretin (20 mg täglich) wurde das Behandlungsziel in 73 Prozent erreicht, während sich Finasterid in Monotherapie (5 mg täglich) als weniger wirksam erwies (Therapieziel in 43% erreicht) (3). Persönlich empfahl die Referentin eine Kombinationstherapie, bestehend aus Acitretin (12,5–25 mg täglich) und intraläsionalen Injektionen von Triamcinolon (10 mg/ml alle 4 bis 6 Wochen). Zusätzlich kann Finasterid (anfänglich 2,5 mg täglich, wenn gut vertragen, später 5 mg täglich) gegeben werden. L
Alfred Lienhard
Quelle: Session «Spotlights 2» beim 26. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), 15. September 2017 in Genf.
Referenzen unter www.rosenfluh.ch abrufbar.
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Referenzen: 1. Kossard S: Postmenopausal frontal fibrosing alopecia: Scarring
alopecia in a pattern distribution. Arch Dermatol 1994; 130: 770–774. 2. Macpherson M et al.: Nail involvement in frontal fibrosing alopecia. Int J Trichology 2015; 7: 64–66. 3. Rakowska A et al.: Efficacy of isotretinoin and acitretin in treatment of frontal fibrosing alopecia: Retrospective analysis of 54 cases. J Drugs Dermatol 2017; 16: 988–992.
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