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EASD
Realitäts-Check für SGLT-2-Hemmer
CVD-REAL-Studien zeigen kardiovaskulären Nutzen auch ohne Herz-Kreislauf-Erkrankung
In doppelblind randomisierten Studien haben SGLT-2-Hemmer neben ihren blutzuckersenkenden Eigenschaften auch kardiovaskuläre Vorteile bei Patienten mit manifester Herz-Kreislauf-Erkrankung belegt. Ob das in der Praxis bei unselektierten Patienten auch funktioniert, untersuchte die in fünf Ländern laufende Beobachtungsstudie CVD-REAL bei Patienten mit und ohne etablierte kardiovaskuläre Erkrankung.
Ziel der CVD-REAL-Studie war es herauszufinden, ob sich unter einer SGLT-2-Hemmer-Therapie das Risiko für Mortalität und Herzinsuffizienz bei Patienten mit und ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung unterscheidet. Die multinationale, retrospektive CVD-REAL-Beobachtungsstudie mit Daten von über 1,3 Millionen Typ-2-Diabetikern aus den USA, Dänemark, Norwegen, Schweden und Grossbritannien vergleicht das Herzinsuffizienz-Hospitalisierungsrisiko und die Gesamtsterblichkeit bei Patienten mit oder ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung, die neu eine Therapie mit SGLT-2-Hemmern beginnen. Als Vergleichsgruppe dienen gematchte Typ-2-Diabetiker mit anderen Antidiabetika. Die Datensammlung begann im Jahr 2012. Der am diesjährigen EASD von Prof. Matthew Cavender, University of Chapel Hill (USA) präsentierten Auswertung lagen inzwischen Daten von über 300 000 Patienten beziehungsweise > 150 000 Personenjahre zugrunde. Die Patienten waren durchschnittlich 57 Jahre alt, 13 Prozent hatten bereits eine kardiovaskuläre Erkrankung, wie Herzinfarkt, instabile Angina pectoris, koronare Revaskularisation, periphere arterielle Gefässerkrankung, Hirnschlag, transiente ischämische Attacke oder Herzinsuffizienz. 27 Prozent hatten mikrovaskuläre Erkrankungen, 2 Prozent eine chronische Nierenerkrankung. 80 Prozent der Patienten standen unter Antihypertensiva. Von den SGLT-2-Hemmern kamen mit länderspezifischen Unterschieden bei 53 Prozent der Teilnehmer mit kardiovaskulärer Erkrankung Dapagliflozin, bei 40 Prozent Canagliflozin und bei 7 Prozent Empagliflozin zum Einsatz. Bei den Patienten ohne kardiovaskuläre Vorerkran-
Take Home Messa es
® Unter SGLT-2-Hemmern kam es im Vergleich zu anderen Antidiabetika zu deutlich
weniger Todesfällen und Hospitalisationen infolge Herzinsuffizienz.
® Der Effekt war unabhängig von einer vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankung.
® Der Effekt war in allen Ländern ähnlich und wie auch unter den verwendeten SGLT-2-
Hemmern Dapagliflozin, Canagliflozin und Empagliflozin.
® Möglicherweise liegt ein Klasseneffekt vor.
kung lautete die Verteilung Dapa-, Cana- und Empagliflozin 40, 55 und 5 Prozent.
Risiko bei allen Typ-2-Diabetikern tiefer
Unter der SGLT-2-Hemmer-Therapie ereigneten sich im Vergleich zu anderen Antidiabetika signifikant weniger Todesfälle sowohl bei Patienten mit als auch ohne etablierte kardiovaskuläre Erkrankung (Hazard ratio [HR]: 0,47; 95%-KI: 0,36–0,61 bzw. HR: 0,54; 95%-KI: 0,44– 0,66). Das Risiko für eine Herzinsuffizienz-Hospitalisation sank unter der SGLT-2-Hemmer-Therapie bei den kardiovaskulär Vorbelasteten signifikant um 31 Prozent (HR: 0,69; 95%-KI: 0,59–0,80), bei jenen ohne entsprechende Vorbelastung um 55 Prozent (HR: 45; 95%-KI: 0,32–0,63). Ähnliche Resultate waren beim kombinierten Endpunkt Herzinsuffizienz-Hospitalisierung oder Tod zu beobachten, dies unabhängig von einer vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankung oder Herzinsuffizienz. Die Resultate waren konsistent über alle teilnehmenden Länder wie auch über die eingesetzten SGLT-2-Hemmer. Dass die meisten Patienten bei Studieneinschluss keine etablierte kardiovaskuläre Erkrankung hatten, scheint bezüglich Nutzen offenbar keine Rolle zu spielen. Die Ereignisraten unter den Patienten mit Vorbelastung waren jedoch wie erwartet höher. Beide Patientengruppen hatten unter der SGLT-2-Hemmer-Therapie ein niedrigeres Risiko für Tod und Herzinsuffizienz. Der beobachtete Nutzen war über alle Länder und SGLT-2-Hemmer konsistent, was gemäss Cavender einen Klasseneffekt nahe legt. Damit bestätige die CVD-REAL-Studie die Erkenntnisse aus der EMPA-REG-OUTCOME-Studie und gehe noch einen Schritt weiter, so Cavender. Der Einsatz eines SGLT-2-Hemmers scheine bei allen Typ-2-Diabetikern einen kardiovaskulären Nutzen zu bringen, unabhängig von einer bereits etablierten kardiovaskulären Erkrankung, so sein Fazit. Diese neuen Erkenntnisse müssen nun in randomisiert kontrollierten Studien bestätigt werden.
Valérie Herzog
Quelle: «Hospitalisation for heart failure and death in new users of SGLT2 inhibitors in patients with and without cardiovascular disease: the CVD-REAL study». Präsentiert am EASD 2017, 11. bis 15. September in Lissabon.
54 • CongressSelection Kardiologie/Diabetologie • Dezember 2017