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Empfohlenes Management bei chronischem Husten
Oft ist detektivischer Spürsinn gefragt
Abklärung und Management des chronischen Hustens war ein facettenreiches Thema des diesjährigen gemeinsamen Kongresses von CHEST® und SGP. Die therapeutischen Ansätze hängen von den unterschiedlichen Ursachen ab, doch nicht immer können diese eindeutig bestimmt werden.
Wenn es um chronischen Husten geht, ist bisher noch vieles ungeklärt. Dies betrifft sowohl die möglichen Auslöser als auch die jeweils adäquate Therapie. Als ein Risikofaktor wird das «Postnasal-Drip-Syndrom» (PNDS) genannt, es ist aber nicht unumstritten. Chronischer Husten und PNDS treten gehäuft gemeinsam auf. Differenzialdiagnosen des PNDS sind unter anderem allergische und chronische nicht allergische Rhinitiden sowie Sinusitiden unterschiedlicher Genese. Die Leitlinie des «American College of Clinical Pharmacy» empfiehlt inzwischen eher die Verwendung des Ausdrucks Hustensyndrom der oberen Atemwege (UACS), da unklar ist, ob das PNDS selbst oder doch eher die direkte Irritation der Rezeptoren oder die Entzündung den Husten induzieren. Weitere mögliche Ursachen sind zum Beispiel Asthma, die nicht asthmabedingte eosinophile Bronchitis, die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD), Rauchen und Medikamente. Je nach Ursache kommen somit sehr unterschiedliche Trigger infrage. Bei Patienten mit allergischer Rhinitis kann Husten zum Beispiel durch das Einatmen feuchter, heis-
Chronischer Husten
Abklären und behandeln
Eine Ursache ist naheliegend
Anamnese, Untersuchung, Röntgenthorax
Rauchen, ACE-Hemmer
Absetzen
Inadäquates Ansprechen auf optimale Behandlung
Hustensyndrom der oberen Atemwege (UACS): empirische Therapie Asthma: idealerweise Auswertung von Spirometrie, Nachweis einer reversiblen Atemwegsobstruktion, bronchialer Provokationstest oder empirische Therapie Nicht asthmabedingte eosinophile Bronchitis: idealerweise Sputumeosinophilie abklären oder empirische Therapie Gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD): empirische Therapie
keine Therapieantwort
Abbildung: Algorithmus für das initiale Management von chronischem Husten länger als 8 Wochen bei Patienten ≥ 15 Jahre (modifiziert nach [6]).
ser Luft induziert werden, nicht aber bei Gesunden. Eine olfaktorische Reizung der Trigeminussensorik mit Menthol konnte Husten auch bei Gesunden auslösen. Bei der Behandlung des UACS sind die sedierenden Antihistaminika nach Ausführung von Dr. Lorcan McGarvey, School of Medicine, Dentistry and Biomedical Sciences, Belfast, am vielversprechendsten, aber selektiven H3- und H4Rezeptorblockern kommt auch eine gewisse Bedeutung zu, diese müssen aber noch weiter untersucht werden, bevor sie Eingang in die Leitlinien finden (1).
So beeinflusst Reflux den Husten
Es gibt derzeit zwei verschiedene Hypothesen zur extraoder intraösophageal bedingten Entstehung von Husten bei GERD. Zum einen könnte der Hustenreiz durch die Stimulation eines vagal vermittelten ösophago-bronchialen Refluxes entstehen, bei dem der Reflux als Trigger fungiert, selbst wenn dieser nur im distalen Ösophagus besteht. Zum anderen könnte die Aspiration auch geringer Mengen von Speisebrei eine direkte Irritation in Rachen, Larynx und Luftwegen hervorrufen. Nicht jedes Auftreten von Reflux ist mit Husten gekoppelt. Besonders proximaler Reflux und eine längere Verweildauer im Ösophagus scheint mehr Husten hervorzurufen. Demgegenüber hat die Säure weniger Einfluss. Es gibt verschiedene Ansätze, die Säurebelastung im Ösophagus zu ermitteln. Die multiple intraluminale Impedanzmessung bietet als modernstes Verfahren inzwischen eine präzise Möglichkeit, Reflux zu entdecken, unabhängig davon, ob dieser stark oder nur schwach sauer oder vielleicht sogar leicht alkalisch ist. Dazu wird festgestellt, ob der proximale oder distale Ösophagus betroffen ist. Bei der Messung im Bereich des Pharynx besteht allerdings bisher eine Diskrepanz in der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse, das heisst, hier besteht Bedarf an besseren Messmethoden. Bei welchen Patienten wird der Husten also potenziell auf eine Therapie mit Protonenpumpenblockern (PPI) ansprechen? «Den grössten therapeutischen Nutzen haben die Patienten mit pathologischem pH-Wert und Sodbrennen», sagte Prof. Jacky Smith, Universität Manchester (2). Dies widerspiegelt sich in Beobachtungsstudien. In einer Studie mit 156 Patienten mit chronischem Husten zeigte sich, dass Patienten mit einer verlängerten Säureexpositionszeit und/oder einer pathologischen Baseline-Impedanz doppelt so gut auf die Behandlung
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mit einem PPI ansprechen wie Patienten mit normalen Säureexpositionszeiten oder einer normalen BaselineImpedanz (3). Nach Ansicht der Autoren sollte daher vor Therapiebeginn eine Impedanzmessung durchgeführt werden, um die Diagnose GERD bei diesen schwierig zu behandelnden Patienten zu bestätigen.
Übermässiger Hustenreflex
Die sogenannte laryngeale Hypersensitivität wird als relevante Komponente einer Kehlkopfdysfunktion beschrieben, bei der der Larynx bereits auf schwache Trigger, wie beispielsweise physiologische Temperaturreize, mit einem Hustenreflex reagiert (4). Dazu können auch noch Tendenzen zu veränderten Stimmbandbewegungen und Heiserkeit kommen. In der Therapie der laryngealen Hypersensitivität hat sich die Physiotherapie mit Sprachund Sprechtherapie als erfolgreich erwiesen. In kleinen Therapiestudien war auch die Anwendung von Botulinumtoxin A besonders bei Patienten mit gleichzeitig vorhandenen Schluckstörungen wirksam.
Systematisches Vorgehen wichtig
Prof. Richard S. Irwin, University of Massachusetts und UMass Memorial Medical Center, Worcester, Massachusetts (USA), wies darauf hin, dass beim Management des chronischen Hustens nach einer Guideline vorgegangen werden sollte (Abbildung). Als häufige Fallstricke nannte er zum Beispiel, die allergische Rhinitis zu übersehen, die auch ganzjährig Symptome zeigen kann, oder Medikamente wie Acetylsalicylsäure ausser Acht zu lassen. Irwin empfahl auch, daran zu denken, dass es 2 bis 3 Monate dauern kann, bis der Husten auf die Therapie eines GERD anspricht. Wird keine direkte Ursache für den chronischen Husten gefunden, befürwortete Irwin die Verwendung des Begriffs «unklarer» statt «idiopathischer Husten» für die Ausschlussdiagnose, da so klarer wird, dass die Ursache noch nicht entdeckt wurde und multiple Gründe infrage kommen.
Susanne Kammerer
Referenzen: 1. McGarvey L: Upper respiratory tract and cough. Session 2: Cough causes and treatment strategies. Gemeinsamer Kongress von CHEST® (American College of Chest Physicians) und SGP (Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie), 7 bis 9. Juni 2017, Basel. 2. Smith J: GERD and laryngeal-pharyngeal reflux. Session 2: Cough causes and treatment strategies. Gemeinsamer Kongress von CHEST® (American College of Chest Physicians) und SGP (Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie), 7 bis 9. Juni 2017, Basel. 3. Ribolsi M, Savarino E, De Bortoli N et al.: Reflux pattern and role of impedance-pH variables in predicting PPI response in patients with suspected GERD-related chronic cough. Aliment Pharmacol Ther 2014: 40: 966–973. 4. Hull J: Laryngeal dysfunction. Session 2: Cough causes and treatment strategies. Gemeinsamer Kongress von CHEST® (American College of Chest Physicians) und SGP (Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie), 7. bis 9. Juni 2017, Basel. 5. Irwin R: Managing the chronic unexplained cough. Session 2: Cough causes and treatment strategies. Gemeinsamer Kongress von CHEST® (American College of Chest Physicians) und SGP (Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie), 7 bis 9. Juni 2017, Basel. 6. Irwin RS et al.: Diagnosis and management of cough executive summary: ACCP evidence-based clinical practice guidelines. Chest 2006; 129 (1 Suppl): 1S–23S.
Quelle: «Cough causes and treatment strategies», im Rahmen des gemeinsamen Kongresses von CHEST® (American College of Chest Physicians) und SGP (Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie), 7. bis 9. Juni 2017, Basel, Schweiz.
Take Home Messa es
® Chronischer Husten kann viele verschiedene Ursachen haben. ® Die Abklärung sollte nach einem validierten Schema erfolgen. ® Unklarer Husten ist eine Ausschlussdiagnose. ® Husten bei GERD ist nicht zwangsläufig mit Säureüberschuss verbunden. ® Einem UACS kann auch bei ganzjährigen Symptomen eine allergische Rhinitis zugrunde
liegen.
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