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Asthmabehandlung je nach Phänotyp
Tipps bei entzündeten Luftwegen und schwerem Asthma
Je nach Klinik muss die Behandlung von Asthma anders konzipiert werden. Bei entzündeten Luftwegen ist ein Blick auf die Eosinophilen sinnvoll, bei schwerem Asthma können Add-on-Therapien Linderung verschaffen, wie am gemeinsamen Jahreskongress von CHEST und der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie zu hören war.
Mina Gaga Renaud Louis
Im Phänotyp spiegeln sich erworbene Eigenschaften wider. Bei Asthmatikern gibt es davon verschiedene (1) (Tabelle), einer ist das Asthma mit entzündeten Luftwegen. Am häufigsten ist hierbei der eosinophile Typ (2). Erhöhte Eosinophile im Sputum sind bei atopischem Asthma genauso zu finden wie bei nicht atopischem (3), als Unterscheidungsmerkmal taugt es also nicht, erklärt Prof. Renaud Louis, Pneumologie und Allergologie Centre Hospitalier Universitaire de Liège (B), einer der Studienautoren. Schwere Asthmapatienten mit hohen Eosinophilen in Blut und Sputum haben eine signifikant höhere Exazerbationsrate als Leidensgenossen mit tieferen Werten in Blut und oder Sputum (4). Die Bestimmung der Eosinophilen könnte sich lohnen, denn Patienten mit Eosinophilen ≥ 3 Prozent profitieren von inhalativen Kortikosteroiden, alle anderen nicht (5–7), zeigt Louis auf. Diese Erkenntnis ist ein Schritt gegen die Überbehandlung mit Steroiden, von denen der Patient gar nicht profitieren kann.
Wie sieht die Behandlung bei schwerem Asthma aus?
Im heterogenen Feld von Asthma ist die klinische Präsentation ausschlaggebend. Zu unterscheiden ist ein schwerer Asthmatiker mit häufigen Exazerbationen und normaler Lungenfunktion von jenem mit einer schlechten Lungenfunktion, erklärte Prof. Mina Gaga, Athens Chest Hospital Sotiria, Athen. Wenn die Schritte 1 bis 4 in der
Stufentherapie (Tabelle) (8) dem Patienten keine Linderung verschaffen, ist in Schritt 5 eine Überweisung zum Lungenspezialisten angezeigt. Die anschliessenden Addon-Therapien beinhalten Tiotropium bei Patienten mit Exazerbationen, Omalizumab (anti-IgE) oder Mepolizumab (anti-IL-5). Eine Bestimmung der Eosinophilen weist auf die Notwendigkeit von inhalativen Kortikosteroiden hin. Einige Patienten könnten auch von oralen Kortikosteroiden profitieren. Mepolizumab reduzierte bei Asthmatikern unter Prednison die Eosinophilenzahl und erlaubte eine Dosisreduktion des oralen Kortikosteroids (9). Darüber hinaus reduziert es die Exazerbationen bei einem refraktären eosinophilen Asthma (10). In einer Studie, in der das orale Kortikosteroid durch Mepolizumab ersetzt wurde, führte der Einsatz dieses anti-IL-5 zu einer markanten Verbesserung der Exazerbationen sowie zu weniger Spitaleinweiseungen (11). Omalizumab reduziert ebenfalls die Eosinophilen bei allergischem Asthma (12) und führte zu einer reduzierten Exazerbationsrate, wie Studien zeigen konnten (13, 14). Sprechen Patienten nicht auf diese Therapien an, wie zum Beispiel Patienten mit nicht eosinophilem schwerem Asthma, besteht die Option einer niedrig dosierten Azithromycingabe, die einer Untersuchung zufolge bei dieser Gruppe die Exazerbationsrate reduzieren konnte (15). Natürlich ist es auch Ziel jeder Behandlung, die Komor-
Stufenplan bei der Asthmabehandlung (modifiziert nach GINA 2016)
Bevorzugte Wahl der Dauertherapie
Andere Optionen der Dauertherapie
Bedarfstherapie
Stufe 1
Stufe 2
Stufe 3
Stufe 4
Stufe 5
ICS in niedriger Dosis erwägen
ICS in niedriger Dosis Leukotrienrezeptorantagonisten (LTRA)
niedrig dosiertes Theophyllin
Bei Bedarf kurz wirksames Beta-2-Sympathomimetikum (SABA)
ICS in
Überweisung für
ICS in niedriger
mittlerer/
eine Add-on-Therapie
Dosis/LABA
hoher Dosis/LABA
z.B. Anti-IGE
ICS in mittlerer/
Zusätzlich
Zusätzlich
hoher Dosis
Tiotropium
Tiotropium
ICS in niedriger Dosis
ICS in hoher Dosis
zusätzlich ICS
plus LTRA (oder plus
plus LTRA (oder in niedriger Dosis
Theophyllin)
Theophyllin)
Bei Bedarf SABA oder ICS in niedriger Dosis/Formoterol
Tabelle: Algorithmus für phänotypspezifische Strategien
2 • CongressSelection Allergologie/Pneumologie • August 2017
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biditäten, die die Asthmaerkrankung zusätzlich erschwe-
ren, wie beispielsweise Adipositas, Raucherstatus, Aller-
genexposition, zu behandeln, so die Expertin. Bei einem
COPD/Asthma-Overlap-Syndrom ist es das wichtigste,
symptomorientiert zu behandeln, weil die Klassifikation
nichts bringt. Bei einem Patienten mit einer koronaren
Herzkrankheit und einer Klappenstenose spreche
schliesslich auch niemand von einem KHK-Klappenste-
nose-Overlap-Syndrom. Man muss zwei derartige Pro-
bleme separat und problemorientiert lösen, so die Exper-
tin abschliessend.
Valérie Herzog
Referenzen: 1. Rothe T: Asthma-Phänotypen und die Phänotyp-spezifische Therapie. Praxis 2013; 102: 211–218. 2. Schleich FN et al.: Distribution of sputum cellular phenotype in a large asthma cohort: predicting factors for eosinophilic vs neutrophilic inflammation. BMC Pulm Med 2013; 13: 11. 3. Demarche S et al.: Detailed analysis of sputum and systemic inflammation in asthma phenotypes: are paucigranulocytic asthmatics really non-inflammatory? BMC Pulm Med 2016; 16: 46. 4. Schleich FN et al.: Importance of concomitant local and systemic eosinophilia in uncontrolled asthma. Eur Respir J 2014; 44: 1098–1099. 5. Pavord ID et al.: Non-eosinophilic corticosteroid unresponsive asthma. Lancet 1999; 353: 2213–2214. 6. McGarth KW et al.: A large subgroup of mild-to-moderate asthma is persistently noneosinophilic. Am J Respir Crit Care Med 2012; 185: 612–619. 7. Demarche S et al.: Asthma Control and Sputum Eosinophils: A Longitudinal Study in Daily Practice. J Allergy Clin Immunol Pract 2017 Apr 4; Epub ahead of print. 8. Global Initiative for Asthma. Leitfaden zum Management und zur Prävention von Asthma – Die GINA-Leitlinien 2016. http://ginasthma.org/wp-content/uploads/2016/09/WMS-German-PocketGuide-GINA-2016-1.pdf. Letzter Zugriff: 21.6.2017. 9. Nair P et al.: Mepolizumab for prednisone-dependent asthma with sputum eosinophilia. N Engl J Med 2009: 985–993. 10. Haldar P et al.: Mepolizumab and exacerbations of refractory eosinophilic asthma. N Engl J Med 2009; 360: 973–984. 11. Ortega HG et al.: Mepolizumab treatment in patients with severe eosinophilic asthma. N Engl J Med 2014; 371: 1198–1207. 12. Massanari M et al.: Effect of omalizumab on peripheral blood eosinophilia in allergic asthma. Respir Med 2010; 104: 188–196.
Tabelle:
Asthmaphänotypen (modifiziert nach [1])
Asthma mit eosinophiler Entzündung
Asthma mit neutrophiler Entzündung Berufsasthma Therapierefraktäres Asthma
Allergisches Asthma (IgE-vermittelt) • Saisonales allergisches Asthma mit Monosensibilisie-
rung gegen Pollen • Ganzjähriges allergisches Asthma mit multiplen
Sensibilisierungen • Chronifiziertes, primär-allergisches Asthma Intrinsisches Asthma • Analgetika-intolerantes Asthma (nicht IgE-vermittelt) • Inflammatory predominant asthma Neutrophiles Asthma (mit und ohne allergische Reaktion) adipositasassoziierter nicht eosinophiler Phänotyp anstrengungsinduzierte Bronchokonstriktion beim Athleten IgE-vermittelt Chemisch-irritativ Schweres Asthma schwierig zu kontrollierendes Asthma
13. Humbert M et al.: Benefits of omalizumab as add-on therapy in patients with severe persistent asthma who are inadequately controlled despite best available therapy (GINA 2002 step 4 treatment): INNOVATE. Allergy 2005; 60: 309–316. 14. Bousquet J et al.: Persistency of response to omalizumab therapy in severe allergic (IgE-mediated) asthma. Allergy 2011; 66: 671–678. 15. Brusselle GG et al.: Azithromycin for prevention of exacerbations in severe asthma (AZISAST): a multicentre randomised double-blind placebo-controlled trial. Thorax 2013; 68: 322–329.
Asthma GINA-Guidelines 2016
Quelle: «State of the Art Asthma», im Rahmen des gemeinsamen Kongresses von CHEST® (American College of Chest Physicians) und SGP (Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie), 7. bis 9. Juni 2017, Basel.
http://ginasthma.org/wp-content/ uploads/2016/09/WMS-German-PocketGuide-GINA-2016-1.pdf
CongressSelection Allergologie/Pneumologie • August 2017 • 3