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EASL
Mehr Aufmerksamkeit für die primär biliäre Cholangitis
EASL veröffentlicht neue Praxisleitlinie
Eine neue Praxisleitlinie («Clinical Practice Guideline») der European Association for the Study of the Liver (EASL) wurde auf dem Internationalen Leberkongress in Amsterdam vorgestellt. Sie soll die Ärzte in der Diagnostik, Langzeitbetreuung und Therapieauswahl unterstützen.
Die PBC-Praxisleitlinie online: rosenfluh.ch/qr/ pbc-praxisleitlinie
Die primär biliäre Cholangitis (PBC) ist eine Autoimmunerkrankung, welche die Gallengänge schädigt oder sogar zerstört. In schweren Fällen kommt es zur biliären Zirrhose, zu Leberversagen oder zur malignen Entartung. Betroffen sind vor allem Frauen mittleren Alters. Den Patienten droht eine Beeinträchtigung der Lebensqualität, Verlust der Arbeitsfähigkeit und eine herabgesetzte Lebenserwartung. Die Ziele der Therapie sind eine Symptomlinderung, aber auch eine Prävention der Leberinsuffizienz. Hierzu wurde von einer Arbeitsgruppe der EASL die derzeitige Evidenzlage zusammengetragen und in einer aktualisierten Praxisleitlinie veröffentlicht (1).
Diagnose: oft eine Frage der Laborwerte
Die EASL-Leitlinie zur primär biliären Cholangitis solle die Kliniker beim Aufbau langfristiger Strategien sowie bei der Erkennung der Anzeichen einer Krankheitsprogression unterstützen, betonte Prof. Marco Marzioni aus Ancona (Italien) bei ihrer Vorstellung auf dem EASL-Kongress in Amsterdam. Ausserdem helfe sie, diejenigen Patienten zu identifizieren, die eine Zweitlinientherapie benötigen – und gerade hier seien Fortschritte erzielt worden. Laut Leitlinie sollte der Verdacht auf eine PBC bei Patienten gehegt werden, die persistierende cholestatische Abnormitäten in den Serumleberwerten oder Symptome wie Juckreiz und Müdigkeit aufweisen; als weitere Hinweise gelten erhöhte Werte der alkalischen Phosphatase (ALP), erhöhte Immunglobulinkonzentrationen und – in bestimmten Fällen – auch erhöhte Serumwerte der Transaminasen.
Therapiesteigerung bei Progredienz
Selbst wenn die Patienten eine Therapie mit Ursodeoxycholsäure (UDCA) erhalten, ist ein weiter progredienter Verlauf der PBC möglich, so die Autoren der Leitlinie. Diese Patienten haben ein Risiko für leberassoziierte Komplikationen und Todesfälle. Daher sollte bei allen PBC-Patienten überprüft werden, ob bei ihnen das Risiko für solche Komplikationen und somit auch ein Bedarf an zusätzlichen Therapien besteht. Gemäss der Leitlinie sind es vor allem jüngere Patienten (≤ 45 Jahre), die häufig symptomatisch sind und seltener auf die Standardtherapie mit UDCA ansprechen. Bei Männern ist die Erkrankung mit einer späteren Diagnose, einem fortgeschritteneren Stadium bei Erstpräsentation, einem höheren
Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom und einer geringeren Wahrscheinlichkeit des Ansprechens auf eine Standard-UDCA-Therapie assoziiert. Als weitere Faktoren, die mit einem schlechteren Ansprechen auf UDCA assoziiert sind, nennt die Leitlinie das Vorhandensein von Symptomen, erhöhte Bilirubin- und Albuminspiegel im Serum, PBC-spezifische antinukleäre Antikörper, erhöhte Lebersteifigkeit und fortgeschrittene histologische Stadien.
Ziel: Verlangsamung der Progression
Zur Verlangsamung der Progression gibt es zwei zugelassene Optionen: UDCA, die in der Leitlinie in einer oralen Dosis von 13 bis 15 mg/kg täglich als Erstlinientherapie für alle Patienten empfohlen wird, und Obeticholsäure (OCA), die sowohl in Monotherapie bei UCDA-Unverträglichkeit als auch in Kombination mit UDCA bei unzureichendem Ansprechen eingesetzt werden kann. Auch nach der EASL-Leitlinie sollte in solchen Fällen der Einsatz von Obeticholsäure erwogen werden. Bei etwa 8 bis 10 Prozent der PBC-Patienten finden sich auch Zeichen einer Autoimmunhepatitis (AIH). Bei diesen Patienten sollte zur Diagnosesicherung eine Leberbiopsie durchgeführt werden. Wenn sich die AIH bestätigt, wird eine immunsuppressive Therapie in Kombination mit UDCA empfohlen. Darüber hinaus benötigen viele Patienten eine symptomatische Therapie. Zu den häufigen Symptomen der PBC gehören Pruritus, eine Sicca-Symptomatik und Müdigkeit. Dabei ist zu beachten, dass die Symptome typischerweise nicht mit dem Schweregrad der PBC korrelieren und auch nicht auf die Therapie mit UDCA und OCA ansprechen.
Adela Žatecky
Referenzen: 1. EASL: EASL Clinical Practice Guidelines: The diagnosis and management of patients with primary biliary cholangitis. Hepatocellular Carcinoma. J Hepatol 2017. doi:10.1016/j.jhep.2017.03.022.2
Quelle: EASL CPG Session «ALF, PSC, PBC» beim 52. Jahrestreffen der European Association for the Study of the Liver (EASL), 23. April 2017 in Amsterdam.
24 • CongressSelection Gastroenterologie • Juni 2017