Transkript
Cardiolo y Update
Mit Blutdruck auch die kardiovaskulären Ereignisse senken
Lehren aus den Studien SPRINT und HOPE-3
Foto: zVg
Bei Patienten mit hohem Blutdruck geht es darum, kardiovaskuläre Ereignisse zu verhindern. Mit den beiden Studien SPRINT und HOPE-3 bieten sich dazu zwei Strategien an, die beide ihr Ziel erreichen. Die SPRINT-Strategie eigne sich eher in einem Setting mit hochentwickelter Medizin, jene von HOPE-3 eher für den Klinikalltag, findet der HOPE-3-Studienleiter Prof. Salim Yusuf.
Thomas F. Lüscher
Salim Yusuf
Quelle: «SPRINT: Blood pressure targets from a European perspective.» T. Lüscher; HOPE 3: Impact of combined BP lowering in primary prevention: S. Yusuf. Cardiology Update, 11. bis 15. Februar 2017 in Davos.
Das Risiko, an einem Hirnschlag zu versterben, erhöht sich mit steigendem Blutdruck und fortschreitendem Alter. Je höher das Alter ist, desto höher ist die Hirnschlagrate auch im sogenannt «normalen» Blutdruckbereich. Das treffe in ähnlichem Rahmen auch für koronare Herzkrankheiten (KHK) zu, erklärte Prof. Dr. med. Thomas Lüscher, Klinikdirektor der Kardiologie am Universitätsspital Zürich und Leiter des Center for Molecular Cardiology am Campus Schlieren der Universität Zürich, am Cardiology Update in Davos. Was für uns ein normaler Blutdruck (120–129/ 80–84 mmHg) ist, ist für Indiostämme wie beispielsweise die Kuna-Indios, die auf einer Insel in Panama immer noch als Jäger und Sammler leben, bereits sehr hoch. Diese Indios haben sowohl in jungen Jahren wie auch über 60 Jahre einen durchschnittlichen Blutdruck von 112/70 mmHg. Jene unter ihnen, die nach Panama City ausgewandert sind, zeigen dagegen eine mit dem Alter ansteigende Hypertonieprävalenz von 10 bis 45 Prozent (1). Das wirft die Frage auf, ob unser Hirn für einen per Definitionem «normalen» Blutdruck von 120/80 mmHg konzipiert ist.
Wie tief wäre also ideal?
Eine Untersuchung zur Inzidenz von kardiovaskulären Erkrankungen bei über 1 Million Personen kam zum Schluss, dass ein Blutdruck 90–114/60–74 mmHg das tiefste Risiko mit sich bringt (2). Haben die Patienten bereits kardiovaskuläre Erkrankungen, KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall und Diabetes, reduziert ein Blutdruck von > 130 mmHg das vaskuläre Risiko am stärksten, wie eine Metaanalyse über 123 Studien und über 600 000 Patienten zum Schluss kommt (3). Einzig bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist eine allzu rigorose Blutdrucksenkung nicht angebracht (3).
Zielblutdruck < 120 mmHg
In der SPRINT-Studie wurde der Zielblutdruck gesucht, der bei Patienten ohne Typ-2-Diabetes die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität am stärksten reduziert. Dazu erhielten 9361 Personen mit Blutdruck > 130 mmHg und erhöhtem kardiovaskulärem Risiko entweder eine intensive (Ziel < 120 mmHg) oder eine Standardbluthochdruckbehandlung (Ziel < 140 mmHg). Als primäre Endpunkte waren Herzinfarkt, akutes koronares Syndrom,
Hirnschlag, Herzinsuffizienz oder kardiovaskulärer Tod definiert. Die Studie wurde nach drei Jahren frühzeitig gestoppt, da in der «Intensivbehandlungsgruppe» die Rate von primären Endpunkt signifikant tiefer (1,65 vs. 2,19%) war, ebenso die Gesamtmortalität (4). «Das ist sehr beeindruckend», so Lüscher zu diesen Resultaten. Umgekehrt waren in der «Intensivbehandlungsgruppe» dafür Nebenwirkungen wie Hypotonie, Synkopen, Nierenverschlechterungen natürlich häufiger (4).
Mehrere Fliegen auf einen Schlag
Die Frage, wie die Ereignisrate auf einfache Weise erreicht werden kann, beantwortete die HOPE-3-Studie (5). Sie testete 3 Therapieregimes je gegen Plazebo bei 12 705 Patienten mit mittlerem Risiko, aber ohne kardiovaskuläre Erkrankungen und einem Ausgangsblutdruck von 138 mmHg: • Blutdrucksenkung mit einer Fixkombination Candes-
artan 16 mg/Hydrochlorothiazid 12,5 mg • Cholesterinsenkung mit Rosuvastatin 10 mmHg • Kombination Blutdruck- und Cholesterinsenkung. Der Blutdruck sank von Beginn weg von 138 mmHg auf etwa 128 mmHg und blieb über die folgenden 5,6 Jahre mehr oder weniger stabil, während der Plazeboarm anfänglich eine Reduktion zeigte, die sich dann auf zirka 135 mmHg einpendelte. Die Rate kardiovaskulärer Ereignisse sank unter Candesartan/HCTZ, allerdings nicht signifikant. Der Cholesterinspiegel sank unter Rosuvastatin vs. Plazebo signifikant, ebenso die kardiovaskuläre Ereignisrate: um 25 Prozent. In der Gruppe der Dreierkombination Candesartan/HCTZ/Rosuvastatin zeigte sich ebenfalls eine signifikante Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse. Für den Studienleiter Prof. Dr. med. Salim Yusuf, McMaster University, Department of Medicine, Hamilton, Ontario (CDN) lautet die Schlussfolgerung: «Kombinieren Sie zur Blutdrucksenkung ein tief dosiertes Statin dazu, und Sie retten Leben. Weil alle Bestandteile tief dosiert sind, gibt es auch keine Vorbehalte bei der Nierenfunktion zu berücksichtigen. Das ist eine Strategie für den Klinikalltag in der Primärprävention», so Yusuf abschliessend.
Valérie Herzog
10 • CongressSelection Kardiologie • Mai 2017
Foto: zVg
Referenzen: 1. Hollenberg NK et al.: Aging, acculturation, salt intake and hypertension in the Kuna of Panama. Hypertension 1997; 29: 171–176. 2. Rapsomaniki E et al.: Blood pressure and incidence of twelve cardiovascular diseases: lifetime risks, healthy life-years lost, and age-specific associations in 1,25 million people. Lancet 2014; 383: 1899–1911. 3. Ettehad D et al.: Blood pressure lowering for prevention of cardiovascular disease and death: a systematic review and meta-analysis. Lancet 2016; 387: 957–967. 4. Wright JT jr et al.: A Randomized Trial of Intensive versus Standard Blood-Pressure Control. N Engl J Med 2015; 373: 2103–2116. 5. Yusuf S et al.: Cholesterol Lowering in Intermediate-Risk Persons without Cardiovascular Disease. N Engl J Med 2016; 374: 2021–2031.
Cardiolo y Update
CongressSelection Kardiologie • Mai 2017 • 11