Transkript
ESC
Heisses Thema: Kardio-Imaging
Informationsgewinn für Risikoabschätzung und Therapieentscheidungen
Bildgebende Methoden nehmen in der Kardiologie – insbesondere in Verbindung mit Katheterinterventionen – einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Sie sollen einerseits invasive Prozeduren reduzieren, andererseits aber auch bessere Prognosen des individuellen Risikos erlauben und so das therapeutische Vorgehen anleiten.
Quelle: Hot Line Session «Coronary Artery Disease and Imaging» anlässlich des Jahreskongresses der European Society of Cardiology (ESC), 29. August 2016 in Rom.
Studien zum kardialen Imaging werden folglich auch zu immer wichtigeren Themen auf kardiologischen Kongressen. So wurde im Rahmen des ESC-Kongress in Rom erstmals eine Arbeit präsentiert, die einen qualitativen Vergleich zwischen unterschiedlichen Verfahren versuchte. Die Studie PACIFIC (Prospective Head-to-Head Comparison of Coronary CT Angiography, Myocardial Perfusion SPECT, PET, and Hybrid Imaging for Diagnosis of Ischemic Heart Disease using Fractional Flow Reserve as Index for Functional Severity of Coronary Stenoses) war ein Head-to-head-Vergleich der gebräuchlichsten nicht invasiven Techniken zur Beurteilung einer myokardialen Perfusion oder zum Schweregrad einer Koronararterienstenose. Verglichen wurden Positronen-EmissionsTomografie (PET), Einzelphotonenemissions-Tomografie (SPECT) und CT-Koronarangiografie (CCTA) sowie verschiedene Hybridverfahren. Dr. Ibrahim Danad aus Amsterdam (NL) betonte, dass gegenwärtig die invasive Koronarangiografie die Referenzuntersuchung in diesen Fragestellungen sei und es weder in den europäischen noch in den US-Leitlinien eine Empfehlung für ein bestimmtes Bildgebungsverfahren gebe. In die PACIFIC-Studie wurden 208 Patienten mit Verdacht auf koronare Herzkrankheit (KHK) aufgenommen und zunächst mittels Koronarangiografie abgeklärt, wobei bei 44,2 Prozent der Patienten eine hämodynamisch signifikante KHK gefunden wurde. Danach wurden nicht invasive PET, SPECT und CCTA sowie Hybridkombinationsverfahren aus PET und CCTA oder SPECT und CCTA durchgeführt. In der Auswertung erwies sich die PET in der Diagnose der KHK als die signifikant genauere Methode mit einer Treffsicherheit von 85 Prozent im Vergleich zur CCTA mit 74 Prozent (p < 0,01) und SPECT mit 77 Prozent (p < 0,01). Die Sensitivität lag für die PET bei 87 Prozent, für die CCTA bei 90 Prozent und für die SPECT bei 57 Prozent, die Spezifität lag bei 60 Prozent, 94 Prozent und 84 Prozent. Die Hybridkombinationsverfahren CCTA/SPECT oder CCTA/PET brachten keinen zusätzlichen Vorteil. Studienautor Danad interpretiert diese Ergebnisse als starkes Argument für die PET: «Ich bin der Ansicht, dass mehr in die klinische PET-Bildgebung investiert werden sollte, die die Zukunft darstellen wird. PET-Imaging ist für die Patienten vorteilhaft im Hinblick auf Zeit, Genauigkeit und Strahlendosis.» Bessere Interventionen dank optischer Kohärenztomografie Ein invasives Verfahren, das jedoch unvergleichliche Bilder aus dem Inneren der Koronarien liefert, ist die optische Kohärenztomografie (OCT). Im Rahmen dieser Untersuchung wird ein Bildgebungskatheter in das Herzkranzgefäss geführt und dieses mit Infrarotlicht ausgeleuchtet. Anhand der charakteristischen Lichtbrechungen an den Oberflächen lassen sich Informationen über Materialien und Struktur ermitteln und realitätsnahe Aufnahmen der Gefässinnenwand errechnen. Beispielsweise ist die OCT in der Lage, zwischen stabilen und vulnerablen Plaques zu unterscheiden. Im Rahmen des ESCKongresses 2016 präsentierte Daten zeigen, dass die OCT im Vergleich zur konventionellen Angiografie bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom ohne ST-Streckenhebung (NSTE-ACS) wertvolle zusätzliche Informationen liefert. In der Studie DOCTORS (Does Optical Coherence Tomography Optimize Results of Stenting) führte der Einsatz von OTC bei annähernd der Hälfte der untersuchten Patienten zu einer Änderung der therapeutischen Strategie. In die Studie wurden 240 Patienten mit NSTE-ACS aufgenommen und 1:1 für eine OTC und eine konventionelle Angiografiegruppe randomisiert. Bei allen Patienten wurde auf Basis der jeweiligen Angiografiemethode eine perkutane Intervention durchgeführt. Der primäre Endpunkt der Studie war die Myokarddurchblutung im betroffenen Areal, gemessen mithilfe der fraktionellen Flussreserve (FFR). Die OTC-Gruppe schnitt im Hinblick auf die FFR signifikant besser ab (0,94 vs. 0,92, p = 0,005). Darüber hinaus war der Anteil der Patienten, die eine FFR > 0,90 erreichten, in der OCT-Gruppe signifikant höher (82,5% vs. 64,2%, p = 0,0001). Im Vergleich zur Angiografie erlaubte die OCT den Kardiologen vor der Stentimplantation die häufigere Diagnose von Thromben (69% vs. 47%, p = 0,0004) und Kalzifikationen (45,8% vs. 9%, p < 0,0001). Auch die Komplikationsrate war in der OCT-Gruppe geringer. Dem standen in der OCT-Gruppe eine längere Eingriffsdauer und ein höherer Kontrastmitteleinsatz gegenüber, was jedoch zu keinen klinischen Nachteilen führte. Die Studie DOCTORS wurde im Rahmen der Hotline des ESC-Kongress präsentiert und simultan publiziert (2). Reno Barth 6 • CongressSelection Kardiologie/Diabetologie • Dezember 2016 Referenzen: 1. Danad I et al.: Prospective compArison of CardIac PET/CT, SPECT/CT perFusion imaging and CT coronary angiography with Invasive Coronary angiography. ESC 2016, Präsentation FP 4157. 2. Meneveau N et al.: Optical Coherence Tomography to Optimize Results of Percutaneous Coronary Intervention in Patients with Non-ST-Elevation Acute Coronary Syndrome: Results of the Multicenter, Randomized DOCTORS Study (Does Optical Coherence Tomography Optimize Results of Stenting). Circulation 2016; 134 (13): 906–917. ESC CongressSelection Kardiologie/Diabetologie • Dezember 2016 • 7