Transkript
ERS
KONGRESSNOTIZEN
Geschlechtsunterschiede für BMI als Asthmarisikofaktor
Ein bedeutender Prädiktor für das Asthmarisiko im späteren Leben ist der Body-Mass-Index in der Kindheit, wobei hier bemerkenswerte Unterschiede zwischen den Geschlechtern auffallen. Während nämlich bei Mädchen Übergewicht zu einer Risikoerhöhung führt, ist bei Knaben Untergewicht problematisch. Das legen die Auswertungen einer dänischen Studie auf Basis zweier grosser Register mit mehr als 300 000 Kindern und fünf Millionen Personenjahren nahe. Sie ergaben eine signifikante Korrelation
zwischen dem BMI im Alter von 7 bis 13 Jahren und dem Risiko einer Krankenhauseinlieferung wegen Asthma im frühen Erwachsenenalter. Die Risikoerhöhungen waren jeweils moderat, aber signifikant mit einer Hazard Ratio (HR) von bis zu 1,39 (95%-KI: 1,20–1,60) für übergewichtige Mädchen und einer HR von bis zu 1,24 (95%-KI: 1,03–1,49) für unterwichtige Knaben. Diese Geschlechterdifferenz wird gegenwärtig überhaupt nicht verstanden, wie Studienautorin Prof. Charlotte Suppli Ulrik aus Kopenhagen betonte. Als
mögliche Hintergründe nannte sie Umweltfaktoren, geschlechterspezifische Besonderheiten in der Atemmechanik oder ein unterschiedliches körperliches Aktivitätsniveau.
reb
Quelle: Suppli Ulrik C. et al.: Body mass index at school age and hospital admissions for asthma in early adulthood: A prospective study of 321,830 children. ERS 2016, Abstract OA3315.
Statine: Haben sie auch bei IPF einen Stellenwert?
Über die Lipidsenkung hinaus weisen Statine eine antiinflammatorische und antioxidative Wirkung auf. Doch könnten sich diese in der Kardiologie geschätzten sogenannten pleiotrophen Effekte auch auf den Verlust der Lungenfunktion bei Patienten mit IPF positiv auswirken? Dies wurde in einer Post-hoc-Subgruppenanalyse von Patienten untersucht, die in den INPULSIS®-Studien zusätzlich zu Nintedanib Statine erhalten hatten, und mit den Patienten ohne Statintherapie verglichen (4). Insgesamt konnten die Daten von 312 Patienten, die Statine einnahmen (192 in der Ninte-
danib-Gruppe und 120 in der Plazebogruppe) mit 749 Patienten ohne Statin-Einnahme (446 in der Nintedanib-Gruppe und 303 in der Plazebogruppe) verglichen werden. Patienten, die Statine einnahmen, waren älter, zudem wies ein höherer Anteil eine kardiovaskuläre Komorbidität auf. Trotz dieser ungünstigen Voraussetzungen war ihr FVC-Abfall geringer und betrug –78,9 ml und –187,6 ml/Jahr bei Patienten unter Nintedanib bzw. Plazebo. Die Lungenfunktion fiel bei Patienten ohne Statineinnahme stärker ab (–127,9 ml bzw. –237, 9 ml/Jahr bei Patienten in der Nintedanib- bzw.
Plazebogruppe). Der absolute Behandlungseffekt von Nintedanib war jedoch in beiden Gruppen gleich. Die Autoren vertreten die Ansicht, dass der Einfluss von Statinen auf die Progression der IPF jetzt in prospektiven Studien untersucht werden sollte.
SK
Quelle: Kreuter M et al.: Effect of baseline statin use on benefit of nintedanib. ERS 2016, Abstract 4962..
Teamwork als Erfolgsrezept für gutes COPD-Management
Verglichen mit dem Management anderer chronischer Erkrankungen erfolgt das Management von COPD-Patienten überwiegend reaktiv und nicht proaktiv, konstatierte Christopher Licskai aus London/Ontario. Während zum Beispiel bei einer Erkrankung wie Diabetes regelmässige Kontrollen stattfinden, um durch eine gute Blutzucker-Einstellung Komplikationen zu verhindern, kommen Patienten mit COPD oft erst dann zum Arzt, wenn die Verschlechterung bereits eingetreten ist. Hier besteht nach seiner Auffassung Handlungsbedarf. Seine Arbeitsgruppe in Ontario hatte es sich zum Ziel gesetzt, über die Entwicklung und Umsetzung eines Selbstmanagement-Plans diese Situation zu verbessern. Hierzu wurden insgesamt 181 Patienten mit einer mittelgradigen bis schweren COPD in eine randomisierte, kontrollierte Studie aufgenommen. Während die eine Hälfte der Studienteilnehmer weiter wie gewohnt vom Hausarzt betreut wurde, erfolgte das Management der anderen Hälfte nach einem neuen ManagementPlan. Für diesen wurden interdisziplinäre Teams gebildet – sie bestanden aus dem Patienten selbst, einem zertifizierten PneumologieSpezialisten sowie dem Hausarzt, erläuterte Licskai: «Unser Prinzip war es, die Versorgung
dort zu bieten, wo sie auch normalerweise stattfindet, nämlich in der Hausarztpraxis.» Das standardisierte Vorgehen, das zu Beginn und nochmals nach drei Monaten umgesetzt wurde, bestand aus einer allgemeinen Schulung, Hinweisen zur Risikoreduktion, Schulung und Kontrolle der Verwendung der Inhalatoren, Überprüfung des Impfstatus, Tabakentwöhnungsprogrammen bei Bedarf, Überprüfung der Medikation sowie dem individuellen Aktionsplan zum Selbstmanagement. Dieser Aktionsplan hatte den typischen Ampelaufbau mit einem grünen, gelben und roten Bereich sowie den entsprechenden Handlungsanweisungen. Für die im gelben Bereich erforderlichen Massnahmen wurden die Patienten zum Teil auch bereits mit entsprechenden Rezepten und Handlungsanweisungen ausgestattet – damit sollte bei einer Verschlechterung wertvolle Zeit gewonnen werden. Bei den beiden Terminen zu Beginn und nach drei Monaten fand zunächst eine 15-minütige Unterweisung durch den Spezialisten statt, gefolgt von einer 5-minütigen Besprechung des individuellen Therapie- und Selbstmanagement-Plans mit dem Hausarzt. Die weiteren Konsultationen nach sechs und neun Monaten erfolgten dann telefonisch. Nach 12 Monaten fand die Abschlussuntersuchung statt.
Insgesamt wurde mit diesem proaktiv ausgerichteten Managementplan und dem Management-Team aus Atemwegsspezialist, Hausarzt und Patient bei neun von zehn Patienten die Lebensqualität verbessert und gleichzeitig die Anzahl notwendiger Notfallversorgungen bei mittelschwer bis schwer erkrankten COPD-Patienten um 66 Prozent reduziert. Der CAT-Score (COPD Assessment Test, Ergebnisbereich 0–40 Punkte; höhere Zahl = schlechterer Zustand), der zu Beginn im Durchschnitt bei 21,1 Punkten lag, hatte sich in der Interventionsgruppe um 7,4 Punkte gebessert, während er sich in der Kontrollgruppe im gleichen Zeitraum um 2,8 Punkte verschlechtert hatte. Von diesen Daten zeigte sich auch die European Respiratory Society beeindruckt. Die Arbeit von Licskai und seinen Kollegen wurde denn auch als bestes Forschungsabstract aus dem Bereich Hausarztmedizin ausgewählt.
AZA
Quelle: Oral Presentation «Management of asthma and COPD in primary care» (Abstract Nr. OA1994), anlässlich des Jahreskongresses der European Respiratory Society (ERS), 5. September 2016 in London.
24 • CongressSelection Pneumologie • November 2016