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SGGG
Zika-Virus – auch in der Schweiz ein Thema
SGGG veröffentlicht Expertenbrief «Zika-Virus und Schwangerschaft»
Insgesamt 27 importierte Fälle von Zika-Virus-Infektionen wurden in der Schweiz laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) bis Ende Juni 2016 registriert. Daher hat die SGGG nun auch nationale Empfehlungen zum Thema Zika-Virus und Familienplanung in einem aktuellen Expertenbrief publiziert.
Am 1. Februar 2016 hat die Weltgesundheitsorganisation die Infektionsausbrüche mit dem Zika-Virus zu einer «gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite» (public health emergency of international concern – PHEIC) erklärt. Nach einem aktuellen WHO-Report sind inzwischen 68 Länder betroffen. Das Zika-Virus ist ein Virus aus der Gruppe der Flaviviren, zu denen auch die Erreger von Dengue-, Gelb-, West-Nil-Fieber und FSME gehören. Als Reservoir für die Viren gelten Menschen, Affen und Moskitos. Die Übertragung erfolgt in erster Linie durch die Stechmücken der Gattung Aedes, sie kann aber auch über Bluttransfusionen und Sperma erfolgen. Eine Infektion verlaufe bei 70 Prozent der Betroffenen asymptomatisch, betonte Prof. Daniel Surbek vom Inselspital bei der Vorstellung des Expertenbriefs. Selbst wenn Symptome nach einer Inkubationszeit von 3 bis 14 Tagen auftreten, sind es unspezifische grippale Symptome, eventuell tritt ein makulopapulöses Exanthem. Neurologische Komplikationen werden dagegen selten beschrieben.
Mikrozephalie ist nicht die einzige Komplikation
Laut Medienberichten sollen allein in Brasilien bis zu 1,5 Millionen Menschen infiziert sein. Erste Berichte über die Ausbrüche gab es ab 2014, davor gab es nur sporadische Meldungen aus Afrika, Asien und Südamerika. Zusammenhänge zwischen der Zika-Virus-Infektion und der Mikroenzephalopathie bei Feten und Neugeborenen wurden erst im Herbst 2015 aus Brasilien berichtet. Mittlerweile ist bekannt, dass es über die Mikrozephalie hinaus eine Reihe weiterer Schwangerschaftskomplikationen gibt, so Surbek weiter: «Ein normaler Kopfumfang heisst nicht, dass das Kind nicht infiziert ist.» Auch andere zerebrale Fehlbildungen sowie neurologische Störungen wurden berichtet. In einem aktuell in «Science» veröffentlichten Artikel (1) wird darüber hinaus mitgeteilt, dass Babys, die sich in utero mit dem Zika-Virus infiziert haben, auch Probleme mit den Augen, den Ohren, den Extremitäten sowie wohl auch noch mit anderen Organen haben können, so Surbek weiter: «Wahrscheinlich ist die Zika-Virus-Infektion für Schwangere doch schwerer als ursprünglich gedacht.» Deshalb sei es wichtig, am Ball zu bleiben. In der Schweiz ist die Infektion mit dem Zika-Virus meldepflichtig. Der Virusnachweis erfolgt über Serologie und PCR, allerdings schliesst ein negativer Test die Infektion nicht aus. Eine Testung sollte erstmals 4 Wochen nach vermuteter Exposition erfolgen, bei negativem Befund
Infografiken der WHO (Quelle: WHO)
wird zu einer Wiederholung der Testung nach weiteren vier Wochen geraten.
Empfehlungen zur Infektionsprophylaxe
Besonders wichtig ist aber die Infektionsprophylaxe. Dazu fasste Surbek die wichtigsten Empfehlungen zusammen: • Schwangere Frauen und Paare, welche eine Schwan-
gerschaft planen, sollten Reisen in Zika-Virus-Endemiegebiete meiden. Wenn dies nicht möglich ist, sollten sie die Schwangerschaft erst 3 Monate nach der Rückkehr planen. • Schwangere Reiserückkehrerinnen, die sich unmittelbar vor oder während der Schwangerschaft in einem Endemiegebiet aufgehalten haben, sollten bis zum Ausschluss einer Zika-Virus-Infektion in einem spezialisierten Zentrum betreut werden. Dort sollten detaillierte Ultraschalluntersuchungen (Neurosonografie, alle 4 Wochen) und Blutkontrollen erfolgen. Eventuell können auch, allerdings frühestens nach der 21. Schwangerschaftswoche, eine Amniozentese und eine RT-PCR im Fruchtwasser angeboten werden. • Mit dem Zika-Virus infizierte Schwangere müssen unbedingt in einem spezialisierten Zentrum betreut werden. • Partner von Schwangeren sollten nach Aufenthalt in einem Endemiegebiet bis zum Ende der Schwangerschaft beim Geschlechtsverkehr Kondome verwenden.
Adela Žatecky
Referenz: 1. Vogel G: Experts fear Zika's effects may be even worse than thought. Science 2016; 352(6292): 1375–1376.
Quelle: Workshop «Neue Expertenbriefe der SGGG» am Jahreskongress der SGGG, 22. Juni 2016 in Interlaken.
«Wahrscheinlich ist die Zika-VirusInfektion für Schwan ere doch schwerer als ursprün lich edacht.»
Der Expertenbrief «Zika-Virus und Schwangerschaft» (Nr. 46) ist online abrufbar auf der Internetseite der SGGG: www.sggg.ch/fachthemen/ expertenbriefe/
CongressSelection Gynäkologie • Oktober 2016 • 11