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ATS
Schlafapnoe – die unterschätzte Erkrankung
CPAP verbessert die Kognition und senkt die Mortalität
CPAP ist für Patienten mit Schlafapnoe in jedem Alter sinnvoll, denn die Behandlung bringt eine Verringerung des Mortalitätsrisikos mit sich. Schon bei Kindern wirkt sich die Erkrankung negativ auf die kognitiven Funktionen aus.
«In den Abteilungen für Schlafmedizin sind 25 Prozent der Patienten über 65», stellte Dr. Miguel Ángel Martínez-García, Leiter der Pneumologie der Universität La Fe, Valencia (Spanien), zu Beginn seines Vortrages fest. Noch vor fünf Jahren wurden 60 Prozent dieser Patienten ohne eine wissenschaftliche Grundlage mit «continuous positive airway pressure» (CPAP) behandelt. Martínez-García stellte jetzt die Daten von neuen randomisiert-kontrollierten und prospektiven Beobachtungsstudien vor, die endlich wissenschaftliche Daten hierzu lieferten (Abstract 752). Die Untersucher fanden heraus, dass CPAP bei Männern und Frauen mit schwerer obstruktiver Schlafapnoe (OSA), das heisst einem Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) > 30, auch dann gleichermassen protektiv wirkt, wenn diese schon über 75 Jahre alt sind (Abbildung). CPAP kann auch das Risiko der Mortalität durch Schlaganfall oder Herzinsuffizienz verringern, interessanterweise nicht jene aufgrund von koronarer Herzerkrankung. Laut Hinweisen wirkt sich CPAP auch auf die kognitiven Fähigkeiten der älteren Studienteilnehmer positiv aus. Aus den Ergebnissen folgte für Martínez-García eine klare Empfehlung: «Man sollte älteren Patienten mit schwerer oder symptomatischer Schlafapnoe die Behandlung mit CPAP unabhängig vom Alter anbieten.» Er sieht allerdings einen starken Bedarf an Trainingsprogrammen, die speziell bei Schlaganfallpatienten, Depressiven oder Hochbetagten dafür sorgen, dass sich die Behandlungsadhärenz verbessert.
Risikofaktor nach perkutaner Koronarintervention
Im Rahmen einer noch laufenden prospektiven Studie mit über 1300 Patienten, die eine perkutane Koronarintervention (PCI) bekamen, wurde mit 45,3 Prozent eine ausgeprägte Prävalenz von Schlafapnoe festgestellt. Prof. Lee
Schlafapnoe mit CPAP
AHI > 30
Chi-Hang, interventioneller Kardiologe am Herzzentrum der Universität von Singapur, hat mit seinem Team untersucht, inwiefern OSA einen unabhängigen Risikofaktor für das Auftreten von schweren kardialen und zerebralen Komplikationen (MACCE: «major adverse cardiac and cerebrovascular events») darstellt (Abstract 4363). «In unserer Studie hatten Patienten mit OSA, im Vergleich zu denen ohne, im Lauf der Beobachtungszeit von fast zwei Jahren ein 1,57-faches Risiko, MACCE zu erleiden», berichtete Lee. Er unterstrich, dass er es für besonders wichtig halte, dass Patienten vor einer PCI routinemässig auf OSA untersucht würden. Denn bei den meisten Studienteilnehmern war die OSA nicht vorbekannt, nahm aber einen signifikanten Einfluss auf die Prognose.
Einfluss auf die Prognose eines Melanoms?
Dass schlafbezogene Atemstörungen (SDB: «sleep-disordered breathing») in Beziehung zu Herzkrankheiten und Autounfällen stehen, ist bereits erwiesen. Es könnte aber auch einen Zusammenhang zwischen unbehandelter OSA und der Aggressivität von Hautkrebs geben. Erstmals fand eine grosse prospektive Studie eine Assoziation zwischen erhöhtem AHI und höheren Invasionslevels nach Clark sowie grösserer Tumordicke nach Breslow (Abstract 9962). Die Resultate waren unabhängig von potenziellen Störfaktoren wie zum Beispiel Alter, Geschlecht und Hauttyp.
Negative Auswirkungen auch bei Kindern
Es gab zwar schon erste Hinweise auf eine Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten bei Kindern durch SBD, allerdings war die Datenlage bisher sehr eingeschränkt, weil nur kleine Kohorten untersucht wurden. Nun konnte eine prospektive Studie, die insgesamt 1359 schnarchende und nicht schnarchende Kinder miteinander verglich, fundierte Ergebnisse vorlegen (Abstract 5626). Bei den Fünf- bis Siebenjährigen wurden signifikante negative Einflüsse durch das Schnarchen nachgewiesen. Diese betrafen Sprachfähigkeit, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und intellektuelle Funktionen. Kinder mit höherem AHI hatten die deutlichsten Einschränkungen, aber auch schon das Schnarchen allein wirkte sich nachteilig auf die Entwicklung ihrer Fähigkeiten aus. Das Bestehen einer Dosis-Wirkungs-Beziehung wird für SBD nahegelegt.
Susanne Kammerer
Kumulatives Überleben Quelle: Martínez-García MA et al. Abstract 752
Monate nach Diagnose von OSA
Abbildung: Überleben von alten Patienten (> 80 Jahre) mit und ohne Therapie nach Diagnose von OSA
Quelle: Symposium W 52 «Obstructive Sleep Apnea In The Elderly: A Discussion Of Key Clinical Questions» am 15. Mai sowie Symposium B99 «The best of everything: Hot Topics in sleep» am 16. Mai im Rahmen des ATS in San Francisco.
20 • CongressSelection Pneumologie • August 2016