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Kongressnotizen
Kommt eine Epidemie von unbehandelbarer Gonorrhoe?
51 Millionen Menschen stecken sich jedes Jahr weltweit mit Neisseria gonorrhoeae, dem Erreger der Gonorrhoe, an. Inzwischen haben diese Erreger Resistenzen gegen alle Antibiotika entwickelt, die jemals gegen sie eingesetzt wurden, berichtete Prof. Colm O’Mahony aus Chester/Grossbritannien auf der Pressekonferenz der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) bei deren Jahreskongress in Kopenhagen. Lange Zeit wurden bei dieser Geschlechtskrankheit Cephalosporine der dritten Generation eingesetzt – daher war es nur eine Frage der Zeit, wann die Bakterien auch gegen diese Substanzen Resistenzen entwickeln würden, betonte O’Mahony. Ein Stamm von N. gonorrhoeae, der gegen diese Antibiotika resistent
war, wurde zuerst im Jahr 2011 bei einer weiblichen Prostituierten in Japan beschrieben. Doch dort blieb er nicht: In Leeds gab es im Jahr 2015 einen Ausbruch an multiresistenter Gonorrhoe. Es ist die grosse Menge an Antibiotika, die in der Vergangenheit eingesetzt wurden, die zu der heutigen Situation der zunehmenden Multiresistenzen geführt haben, betonte O’Mahony: «Es gibt keinen Zweifel, dass wir in wenigen Jahren mit unbehandelbarer Gonorrhoe konfrontiert sein werden.» Eine Möglichkeit, um diese Entwicklung zu bremsen, wäre nach seiner Einschätzung eine stärkere Zurückhaltung bei der Antibiose. Denn es sei die Riesenmenge an Antibiotika, die in der Vergangenheit eingesetzt wurden, die zu dieser Situation beigetragen habe. Pa-
tienten, die wegen unterschiedlicher Infek-
tionen häufig mit einzelnen Antibiotika be-
handelt werden, können leicht zu asympto-
matischen Trägern von Gonokokken werden.
Oralsex ist in diesem Zusammenhang ein
weiteres Risiko, denn Gonokokken-Infektio-
nen des Rachens verlaufen, ebenso wie die
des Rektums, sehr häufig ohne Entzün-
dungsreaktion und daher asymptomatisch.
Unter niedrigen Antibiotikakonzentrationen
können diese Gonokokken entsprechende
Resistenzen erwerben und dann bei der In-
fektion von Kontaktpersonen zu therapiere-
sistenten Erkrankungen führen.
AZA
Quelle: Pressekonferenz beim 24. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), 9. Oktober 2015 in Kopenhagen.
14 Dermatologie • Januar 2016