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Update Vaskulopathien
Neues zum Antiphospholipidsyndrom und zur ANCA-assoziierten Vaskulitis
Über neue Studien zur Pathogenese der Vaskulopathie beim Antiphospholipidsyndrom und zur Erhaltungstherapie bei ANCA-assoziierter Vaskulitis sprach Prof. Dr. Michael Seitz, Universitätsklinik für Rheumatologie, Immunologie und Allergologie, Inselspital, Bern.
Die Pathogenese der thromboembolischen Komplikationen des Antiphospholipidsyndroms (APS) ist gut bekannt. Die bei Patienten mit APS persistierenden Antiphospholipidantikörper lösen in Endothelzellen, Monozyten und Blutplättchen Aktivierungsvorgänge aus und aktivieren überdies das Komplementsystem (1). Bisher unklar geblieben ist dagegen die Pathogenese der Vaskulopathie, die vor allem beim katastrophalen APS vorkommt, wobei schwere Ischämien zu irreversiblen Organschäden in der Niere, im Gehirn oder im Herzen führen können.
Aktivierung des mTORC-Signalpfads durch Antiphospholipidantikörper Französische Autoren haben die Hypothese aufgestellt, dass Antiphospholipidantikörper an die Endothelzellen in der Niere, im Gehirn und in anderen Organen binden und durch Aktivierung der membranassoziierten Phosphoinositid-3-Kinase den mTORC-Signalpfad aktivieren. Das Enzym mTOR (mammalian target of rapamycin) ist Bestandteil von zwei Enzymkomplexen (mTORC1 und 2). Der mTORC-Signalpfad, der das Zellwachstum, die Zellproliferation und das Zellüberleben reguliert, kann selektiv durch Rapamycin, auch bekannt als Sirolimus (Rapamune®), gehemmt werden (1). In der Kardiologie werden sirolimusbeschichtete Koronarstents verwendet, um die Restenosierung des Stents zu verhindern. Die Autoren aus Paris erforschten die Rolle, die der aktivierte mTORCSignalpfad bei der renalen Vaskulopathie bei Patienten mit APS spielt (2). Zudem untersuchten sie den Effekt, den Sirolimus bei Nierentransplantatempfängern hat. Mit eleganten immunhistologischen Methoden konnten sie an Nierenbiopsien von Patienten mit APS die Aktivierung des mTORCSignalpfads in Endothelzellen nachweisen. Darüber hinaus konnten sie zeigen, dass Antiphospholipidantikörper den mTORC-Signalpfad aktivieren. Bei APS-Patienten, die nach der Nierentransplantation Sirolimus als Immunsuppressivum zur
Take Home Messages
• Antiphospholipidantikörper aktivieren den mTOR-Signalpfad in Endothelzellen von Nierengefässen. Rapamycin (Sirolimus) hemmt den mTORSignalpfad und erhöht bei Patienten mit Antiphospholipidsyndrom das Transplantatüberleben nach Nierentransplantation.
• Mit einer Rituximab-Erhaltungstherapie blieben in einer randomisierten, kontrollierten Studie nach 28 Monaten mehr Patienten mit ANCA-assoziierter Vaskulitis in Remission im Vergleich zu einer Erhaltungstherapie mit Azathioprin.
Verhinderung der Transplantatabstossung erhalten hatten, war bei der Untersuchung von Nierenbiopsien nach 12 Monaten in den Endothelzellen der Nierengefässe viel weniger Aktivierung des mTORC-Signalpfads feststellbar im Vergleich zu APS-Patienten, die nach der Transplantation nicht mit Sirolimus behandelt worden waren (2). Histologisch war bei Transplantatempfängern mit APS, die nicht mit Sirolimus behandelt worden waren, in den Nierengefässen eine starke Proliferation mit Verdickung der Intima nachweisbar, während bei Transplantatempfängern, die Sirolimus erhalten hatten, keine derartigen histopathologischen Veränderungen zu finden waren. Dies hatte auch Auswirkungen auf die glomeruläre Filtrationsrate, die 12 Monate nach der Transplantation bei APSPatienten mit Sirolimusbehandlung deutlich besser war als bei APS-Patienten ohne Sirolimustherapie (2).
Rituximab eignet sich zur Erhaltungstherapie bei ANCA-assoziierter Vaskulitis In einer randomisierten, kontrollierten Studie schnitt eine Rituximab-Erhaltungstherapie bei ANCA-assoziierter Vaskulitis deutlich besser ab als eine konventionelle Azathioprin-Erhaltungstherapie (3). Nachdem die Induktionstherapie mit Cyclophosphamid und Glukokortikoiden bei 115 Patienten mit Varianten von ANCA-assoziierter Vaskulitis (87 Patienten mit Wegener-Granulomatose, 23 Patienten mit mikroskopischer Polyangiitis und 5 Patienten mit rasch fortschreitender Glomerulonephritis) zur Remission geführt hatte, erhielten die Patienten als Erhaltungstherapie entweder Rituximab (MabThera®) oder Azathioprin (3). Nach 28 Monaten hatten in der Rituximabgruppe nur 3 Patienten (5 Prozent) ein Rezidiv (major relapse) erlitten, in der Gruppe mit konventioneller Azathioprin-Therapie dagegen 17 Patienten (29%). Bezüglich Nebenwirkungen waren beide Behandlungsgruppen vergleichbar. Die Frage, ob neben der Rituximab-Erhaltungstherapie eine konventionelle Begleitimmunosuppression notwendig ist, muss noch in Folgestudien geklärt werden.
Alfred Lienhard
Referenzen: 1. Eikelboom JW et al.: The mTORC pathway in the antiphospholipid syndrome. N Engl J Med 2014; 371: 369–371. 2. Canaud G et al.: Inhibition of the mTORC pathway in the antiphospholipid syndrome. N Engl J Med 2014; 371: 303–312. 3. Guillevin L et al.: Rituximab versus azathioprine for maintenance in ANCA-associated vasculitis. N Engl J Med 2014; 371: 1771–1780.
Quelle: Vortrag «Zwei Jahre im Rückblick – Kollagenosen und Vaskulitiden» am SGR-Jahreskongress 2015, 11. September 2015 in Lausanne.
22 Rheumatologie • November 2015