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Herzinsuffizienz: Diagnose nicht verpassen
Mehrere Therapieoptionen zur Reduktion der Mortalität
Die Herzinsuffizienz ist eine häufige Erkrankung, die in aller Regel zwar nicht geheilt, aber gut behandelt werden kann. Voraussetzung dafür ist jedoch die richtige Diagnose. Während es in den vergangenen Jahren hinsichtlich der Behandlung der Akutphase nur wenig Fortschritte gegeben hat, stehen für die Therapie der stabilen Phase eine Reihe hilfreicher Werkzeuge zur Verfügung.
A ls typische klinische Symptome der Herzinsuffizienz können – vor allem bei Belastung – Atemnot und Müdigkeit, aber auch Bein- beziehungsweise Halsvenenstaus, Ödeme und anderes auftreten. Allerdings, so Prof. Christian Müller vom Universitätsspital Basel, dürfe man sich auf keinen Fall nur auf solche Anzeichen verlassen, da auch viele Patienten ohne diese Symptome eine Herzinsuffizienz aufweisen. «Sie verpassen viele, viele Patienten mit ausgeprägter Herzinsuffizienz, wenn man nur nach den klinischen Zeichen schaut», so der Kardiologe. Daher habe sich in den vergangenen zehn Jahren in Ergänzung zu Klinik, EKG und Echokardiogramm mit der Messung des natriuretischen Peptids Typ B (BNP) ein einfach verfügbarer und quantitativ nutzbarer Labormarker etabliert (1). Das Hormon BNP wird nämlich immer dann freigesetzt, wenn das Herz unter Stress steht, wenn also der Druck oder das Volumen im Herzen zu gross werden. Was auch immer am Herzen schieflaufe, ob nun die
Tabelle:
Behandlung der Herzinsuffizienz in stabiler Phase
Wichtig: Mit niedriger Dosierung beginnen und nur ganz langsam
steigern.
Startdosierung (mg)
Zieldosierung (mg)
ACE-Hemmer
Captopril
6,25 3 x/Tag
50–100 3 x/Tag
Enalapril
2,5 2 x/Tag
10–20
2 x/Tag
Lisinopril
2,5–5,0 1 x/Tag
20–35
1 x/Tag
Ramipril
2,5 1 x/Tag
5 2 x/Tag
Trandolapril
0,5 1 x/Tag
4
1 x/Tag
ARB Candesartan Valsartan
4 oder 8 1 x/Tag 40 2 x/Tag
32 1 x/Tag 160 2 x/Tag
Aldosteron-Antagonisten
Eplerenone
25
Spironolactone
25
1 x/Tag 1 x/Tag
50 25–50
1 x/Tag 1 x/Tag
Betablocker
Bisoprolol
1,25
Carvedilol
3,125
Metoprolol succinate 12,5/25
Nebivolol
1,25
1 x/Tag 2 x/Tag 1 x/Tag 1 x/Tag
10 25–50 200 10
1 x/Tag 2 x/Tag 1 x/Tag 1 x/Tag
Christian Müller: «Die entscheidende Person für die Frühdiagnose sind Sie.»
systolische oder diastolische Funktion sich verschlechtere, ob nun ein Klappenproblem oder eine rechtsventrikuläre Dysfunktion vorliege – die BNP-Werte seien für die Diagnose enorm wichtig, erklärte Müller: «Und die entscheidende Person für die Frühdiagnose sind Sie.»
Adipöse Patienten mit niedrigerem BNP Wie lässt sich die diagnostische Genauigkeit bei einem Patienten mit Belastungsdyspnoe noch weiter erhöhen? Um das BNP – und damit die Gefahr einer Herzinsuffizienz – richtig einzuschätzen, ist die Berücksichtigung des Körpergewichts unabdingbar. Denn adipöse Menschen haben generell niedrigere BNP-Werte (2). So wiesen in einer amerikanischen Studie Adipöse im Vergleich zu Normalgewichtigen signifikant niedrigere BNP-Spiegel auf. Mit anderen Worten: Bei adipösen Patienten (BMI > 35 kg/m2) müssen bei dieser Fragestellung niedrigere Cut-off-Werte zugrunde gelegt werden als bei Normalgewichtigen. Dagegen scheint weder das Alter noch das Geschlecht eine wesentliche Rolle zu spielen.
Mortalität senken Bis heute sind die therapeutischen Neuerungen für die Behandlung der Akutphase einer Herzinsuffizienz überschaubar. Wichtig bei der Akutbehandlung: Der Patient soll aufrecht sitzen und kann bei Bedarf nicht invasiv beatmet werden. Als Standardtherapien seien hier die Klassiker Furosemid und Nitrate nach wie vor hilfreich, so Müller. Hinsichtlich der Behandlung in der stabilen Phase der Herzinsuffizienz habe sich
10 Hausarztmedizin • September 2015
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dagegen in den vergangenen Jahren deutlich mehr getan. Als symptomatische Medikation stehen hier Schleifendiuretika (z.B. Torem®) und Nitrate (z.B. Nitroderm®) zur Verfügung – allerdings ohne dem Outcome der Patienten wirklich zu nützen. Therapien, die den Zustand der Patienten auch nachhaltig verbessern, sind ACE-Hemmer, Betablocker und Aldosteron-Rezeptor-Antagonisten (Tabelle). Solche medikamentösen Therapien seien für den Phänotyp «Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Pumpfunktion» bestens belegt, so der Basler Kardiologe. «Jedes dieser Medikamente hat gezeigt, dass es die Mortalität von Herzinsuffizienzpatienten mit eingeschränkter Pumpfunktion reduziert. Sie haben damit gute Argumente, Ihre Patienten zu motivieren.» Für andere Patientengruppen, zum Beispiel für solche mit diastolischer Herzinsuffizienz, fehle jedoch dieser Beweis. Auch implantierbare Kardioverterdefibrillatoren/kardiale Resynchronisationstherapien (ICD/CRT-Gerät) oder Herztransplantationen beziehungsweise linksventrikuläre Herzunterstützungssysteme (LVAD) können für ausgewählte Patienten infrage kommen. In den kommenden Jahren sei damit zu rechnen, dass ACE-Hemmer als der bisherige Standard durch neue Angiotensin-NeprilysinInhibitoren (z.B. LCZ 696) abgelöst werden (3).
Klaus Duffner
Take Home Messages
• Bei vielen Patienten mit Herzinsuffizienz fehlen die «typischen Symptome» wie Atemnot, Venenstau oder Ödeme.
• Natriuretisches Peptid Typ B (BNP) ist ein sehr nützlicher diagnostischer Labormarker.
• Körpergewicht bei BNP-Bestimmung berücksichtigen! • Der Outcome kann in stabiler Phase bei Herzinsuffizienz mit einge-
schränkter Pumpfunktion durch ACE-Hemmer, Betablocker und Aldosteron-Rezeptor-Antagonisten signifikant verbessert werden.
Referenzen: 1. Ledwige M et al.: Natriuretic Peptide-Based Screening and Collaborative Care for Heart Failure: The STOP-HF Randomized Trial. JAMA 2013; 310 (1): 66–74. 2. Daniels L et al.: How obesity affects the cut-points for B-type natriuretic peptide in the diagnosis of acute heart failure. Am Heart J 2006; 151: 999–1005. 3. Mc Murray JV Angiotensin-Neprilysin Inhibition versus Enalapril in Heart Failure. N Engl J Med 2014; 371: 993–1004.
Quelle: «Update: Herzinsuffizienz» beim Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Innere Medizin (SGIM), 21. Mai 2015 in Basel.
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