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Eisenmangel – ein häufiges Problem für das Herz
Die Hälfte der Herzinsuffizienz-Patienten ist betroffen
Das Screening auf einen Eisenmangel gehört zur Abklärung bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz, mahnte PD Dr. Otmar Pfister, Kardiologie Universitätsspital Basel. Bei symptomatischen Patienten soll der Eisenmangel rasch ausgeglichen werden.
Eisen ist für die einwandfreie Funktion der Atmungskette zur ATP-Bildung in den Mitochondrien essenziell (1). Ein Eisenmangel führt daher zur mitochondrialen Dysfunktion in den kardialen Herzmuskelzellen. Bei Gesunden wird von einem absoluten Eisenmangel gesprochen, wenn ein Ferritin < 20 µg/l bei Frauen oder < 30 µg/l bei Männern vorliegt. Bei chronischen Erkrankungen wie auch der Herzinsuffizienz (HI) ist von einem absoluten Eisenmangel auszugehen, wenn das Ferritin unter 100 µg/l liegt (bei Frauen und Männern gleicher Wert). Ein funktioneller Eisenmangel besteht bei einem Ferritin < 300 µg/l und einer Transferrinsättigung < 20 Prozent (bei Frauen und Männern gleicher Wert). In der Schweizer HI-Kohorte des EVITA-RAID-Registers zeigten 36 Prozent einen absoluten und 18 Prozent einen funktionellen Eisenmangel, berichtete Pfister. Mehr als die Hälfte der HI-Patienten wiesen somit eine nicht ausreichende Eisenversorgung auf. Bei 68 Prozent lagen Eisenmangel und Anämie gleichzeitig vor, 42 Prozent hatten einen Eisenmangel ohne Anämie. Frauen, Patienten mit höheren NYHA-Klassen sowie Patienten mit höheren Werten von Brain-Natriuretic-Peptide (BNP) und C-reaktivem-Protein (CRP) haben häufiger einen Eisenmangel (2). Positive Ergebnisse randomisierter Studien mit Eisencarboxymaltose Bei Patienten mit HI und gleichzeitigem Eisenmangel werden nicht nur mehr Hospitalisationen, Verschlechterungen der Herzfunktion und Beeinträchtigungen in den Alltagsaktivitäten beobachtet, sondern auch eine erhöhte Mortalität (3). Take Home Messages • Ein Eisenmangel führt zu einer mitochondrialen Dysfunktion, von der die kontraktilen Zellen des Herzens betroffen sind. • Eisenmangel ist ein starker und unabhängiger Prädiktor der Mortalität. • Die Suche nach einem Eisenmangel gehört bei allen Patienten mit Herz- insuffizienz (HI) zur Abklärung. • Bei Patienten mit symptomatischer HI und nachgewiesenem Eisenmangel sollte eine intravenöse Eisensubstitution erfolgen, um die Symptome der HI und die Lebensqualität zu bessern und HI-bedingte Hospitalisationen zu verringern. Verschiedene, allerdings kleine Studien konnten für die Eisensubstitution Verbesserungen beim Hämoglobin (Hb), bei der Herz- und bei der Nierenfunktion nachweisen (4–6). In der grossen FAIR-HF-Studie erhielten die Patienten mit dokumentierter HI sowie Eisenmangel mit und ohne Anämie randomisiert entweder Plazebo oder 200 mg Eisencarboxymaltose i.v. (Ferinject®) wöchentlich. Die Ergebnisse zeigten bis zu Woche 24 signifikante Vorteile für die I.v.-Eisensubstitution hinsichtlich Symptomatik, Funktionskapazität und Lebensqualität (7). Bemerkenswerterweise waren die klinischen Verbesserungen unabhängig vom Hb-Wert. Die randomisierte, plazebokontrollierte CONFIRM-HF-Studie bei HI-Patienten mit Eisenmangel bestätigte eine signifikante Verbesserung von Symptomen, funktioneller Kapazität und Lebensqualität durch eine intravenöse Langzeitsubstitution mit Eisencarboxymaltose über ein Jahr (8). Zudem waren die Hospitalisationen wegen Verschlechterung der HI in der Eisencarboxymaltosegruppe signifikant seltener. Warum Eisen intravenös substituieren? Pfister nannte gleich mehrere Gründe, die gegen eine orale Eisensubstitution sprechen: • Bei HI ist die gastrointestinale Eisenresorption schlecht. • Es ist eine sehr lange Behandlungsdauer von 150 bis 200 Tagen nötig. • Gastrointestinale Nebenwirkungen treten bei 20 Prozent der Patienten unter oraler Eisensubstitution auf. • Die Therapietreue ist entsprechend schlecht. Während es für die orale Eisensubstitution keine Evidenz für eine klinisch relevante Beeinflussung des Verlaufs gibt, sprechen die randomisierten, plazebokontrollierten Studien für eine signifikante und klinisch bedeutsame Verbesserung unter I.v.-Eisensubstitution (9). Halid Bas 10 Kardiologie • August 2015 Referenzen: 1. Rosca MG et al.: Mitochondria in heart failure. Cardiovasc Res 2010; 88(1): 40–50. 2. Jankowska EA et al.: Iron deficiency: an ominous sign in patients with systolic chronic heart failure. Eur Heart J 2010; 31(15): 1872–1880. 3. Klip IT et al.: Iron deficiency in chronic heart failure: an international pooled analysis. Am Heart J 2013; 165(4): 575–582.e3. 4. Toblli JE et al.: Intravenous iron reduces NT-pro-brain natriuretic peptide in anemic patients with chronic heart failure and renal insufficiency. J Am Coll Cardiol 2007; 50(17): 1657–1665. 5. Usmanov RI et al.: Intravenous iron without erythropoietin for the treatment of iron deficiency anemia in patients with moderate to severe congestive heart failure and chronic kidney insufficiency. J Nephrol 2008; 21(2): 236–242. 6. Okonko DO et al.: Effect of intravenous iron sucrose on exercise tolerance in anemic and nonanemic patients with symptomatic chronic heart failure and iron deficiency FERRIC-HF: a randomized, controlled, observer-blinded trial. J Am Coll Cardiol 2008; 51(2): 103–112 7. Anker SD et al; FAIR-HF Investigators: Ferric carboxymaltose in patients with heart failure and iron deficiency. N Engl J Med 2009; 361(25): 2436–2448. 8. Ponikowski Pet al.; CONFIRM-HF Investigators: Beneficial effects of long-term intravenous iron therapy with ferric carboxymaltose in patients with symptomatic heart failure and iron deficiency. Eur Heart J 2015; 36(11): 657–668. 9. McDonagh T et al.: Iron therapy for the treatment of iron deficiency in chronic heart failure: intravenous or oral? Eur J Heart Fail 2015; 17(3): 248–262. Quelle: Workshop «Heart failure: New therapeutic concepts», bei der Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie, 11. Juni 2015 in Zürich. CongressSelection Kardiologie • August 2015 11