Transkript
Kongressnotizen
CongressSelection
Verbessertes Gesamtüberleben beim Nierenkrebs
S eit der Einführung der zielgerichteten Behandlungsoptionen beim metastasierenden Nierenzellkarzinom (mRCC), beispielsweise mit Tyrosinkinaseinhibitoren, hat sich der Therapiestandard geändert. Denn für die zielgerichtetete Therapie konnte ein signifikant verbessertes progressionsfreies Überleben (PFS) gegenüber der Immuntherapie mit Interferon nachgewiesen werden. In einer retrospektiven Analyse von zwei historischen Kohorten mit insgesamt 594 mRCC-Patienten wurde nun das Gesamtüberleben (OS) bei beiden Therapieformen verglichen. Während der gesamten analysierten Beobachtungsperiode (1984–2010) ergab sich kein statistisch signifikanter Unterschied im OS zwischen den beiden Gruppen, berichteten PD Dr. Georg C. Hutterer und Mitarbeiter aus Graz in einem Poster. Als der Beobachtungszeitraum auf 5 Jahre nach Therapiebeginn beschränkt wurde, zeigte sich unter den
zielgerichteten Therapien eine si-gnifikant verbesserte mediane 5-Jahres-OS-Rate bei den Patienten mit Klarzell-mRCC von 26 Monaten gegenüber 21 Monaten in der Interferongruppe. In einer anderen retrospektiven, nicht interventionellen Studie wurde von Prof. Dr. Christian Beisland (Bergen, Norwegen) und Mitarbeitern der Einfluss einer zytoreduktiven Nephrektomie (CN) allein oder in Kombination mit zielgerichteten Therapien auf das OS bei 1399 Patienten mit primären mRCC bewertet. Einer der analysierten Zeiträume betraf die Jahre vor der Einführung der zielgerichteten Therapien (2002–2005). Im Ergebnis betrug das OS 9 Monate mit der Operation allein (n = 279), 12 Monate mit der zielgerichteten Therapie allein (n = 189) und 29 Monate mit beiden Therapieformen. Demgegenüber überlebten Patienten ohne Behandlung nur 3 Monate (n = 726). Beide
aktiven Therapieoptionen waren unabhängig mit einem verringerten Risiko für Tod bei Patienten mit mRCC assoziiert; die Kombination verdoppelte ungefähr die Überlebenszeit gegenüber einer einzelnen Behandlungsmethode allein. Da die Operationsrate über den Beobachtungszeitraum relativ stabil blieb, war die zunehmende Anzahl von Patienten mit aktiver Therapie auf den zunehmenden Einsatz von zielgerichteten Therapien zurückzuführen.
RH
Quellen: Poster Nr. 2 von Hutterer GC et al.: Survival comparison analysis of two historical cohorts of metastatic renal cell carcinoma patients (cytokine therapy vs. targeted agents) – a European single center experience over 26 years. Poster Nr. 11 von Beisland C et al.: Evolution in treatment and survival of primary metastatic renal cell carcinoma (mRCC) patients in Norway (2002–2011). EAU-Jahreskongress, 20. bis 24. März 2015 in Madrid.
Neue Therapieoptionen bei LUTS-BPH
Rauchen erhöht PCa-Rezidivrisiko
I ntraprostatische Injektionen von Botulinum Neurotoxin Typ A (BoNT-A) können eine minimalinvasive Therapieoption bei Beschwerden des unteren Harntrakts (LUTS: Lower Urinary Tract Symptoms) in Zusammenhang mit einer gutartigen Prostatahyperplasie (BPH) sein. In der PROTOX-Studie wurde die Nicht-Unterlegenheit von transrektalen Injektionen in die Übergangszone der Prostata mit BoNT-A gegenüber einer oralen LUTS-Behandlung bei 127 Patienten über 18 Monate geprüft. Das hauptsächliche Kriterium war der IPPS-Score (Internationaler Prostata Symptom Score) zum Tag 120. Wie Prof. Dr. Grégoire Robert aus Bordeaux berichtete, betrug der durchschnittliche IPPS-Score zum Tag 120 in der BoNT-AGruppe 12,0 ±6,7 (n = 44) gegenüber 11,8 ±6,9 in der Kontrollgruppe (n = 60) ohne Injektionen. Demzufolge waren die BoNT-A-Injektionen im Vergleich zur oralen Medikation nicht überlegen. Jedoch konnten einen Monat nach den Injektionen in der BoNT-AGruppe fast drei von vier Männern die orale Medikation beenden. Schwere Nebenwirkungen bestanden in einer Prostatitis (2 in der BoNT-A-Gruppe, 1 in der Kontrollgruppe) sowie in 1 Fall von Hämaturie in der BoNT-AGruppe. In einer anderen randomisierten, doppelblinden Studie wurde die Effektivität von Sildenafil plus Tamsulosin bei Männern mit
LUTS und BPH mit oder ohne erektile Dysfunktion (ED) bewertet. Dazu erhielten 150 Männer entweder Sildenafil (25 mg einmal täglich) oder Plazebo, beides in Kombination mit Tamsulosin 0,4 mg über 24 Wochen, wie Ahmed Sakr, Zagazig, Ägypten, berichtete. Gemäss dem Ergebnis konnte in Gruppe A (n = 75, Sildenafil plus Tamsulosin) der IPPSScore gegenüber der Gruppe B (n = 75, Tamsulosin plus Plazebo) signifikant verbessert werden. Auch die Lebensqualität verbesserte sich in Gruppe A 12 und 24 Wochen nach Therapiebeginn signifikant. Die Harnflussrate (Qmax) konnte in beiden Therapiearmen signifikant gesteigert werden, wobei diese Verbesserung in Gruppe A stärker ausgeprägt war. Auch im IIEF-5-Score (International-Index-ofErectile-Function-5-Fragebogen) kam es gegenüber der Gruppe B zu einer deutlichen signifikanten Verbesserung (58,7 vs. 11,7%). Schwere unerwünschte Nebenwirkungen wurden im Studienzeitraum nicht beobachtet. Demnach verbesserte die Kombinationstherapie sowohl die LUTS als auch die erektile Funktion und die Lebensqualität deutlicher als die Monotherapie mit Tamsulosin. RH
Quelle: Poster Session «What’s new in male LUTS medical therapy?» (Abstracts 683 u. 685) beim EAU-Jahreskongress, 20. bis 24. März 2015 in Madrid.
Zigarettenrauchen ist mit einem erhöhten
Risiko für ein biochemisches Rezidiv (PSA-
Anstieg) nach einer radikalen Prostatektomie
wegen eines PCa noch bis zu 10 Jahre nach
einem Rauchverzicht verbunden, berichteten
Dr. Malte Rieken, Basel, und Mitarbeiter in ei-
nem Poster. Wie eine retrospektive Analyse
von 7191 Patienten ergab, hatten nach durch-
schnittlich 28 Monaten permanente Raucher
eine doppelt so hohe Rezidivwahrscheinlichkeit
wie diejenigen, die niemals geraucht hatten.
Sogar bei Männern, die innerhalb der vergan-
genen 10 Jahre das Rauchen aufgegeben hat-
ten, war das Risiko ebenso hoch wie bei den
permanenten Rauchern. Nach diesem Zeit-
raum sank das Risiko signifikant.
RH
Quelle: Poster Nr. 508 von Rieken M et al. Association of cigarette smoking and smoking cessation with biochemical recurrence in patients treated with radical prostatectomy for prostate cancer. Posterpräsentation beim EAU-Jahreskongress, 20. bis 24. März 2015 in Madrid.
Urologie • Juni 2015 19
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Kongressnotizen
Mehrere Botulinuminjektionen bei OAB effektiv
Für die Therapie von Patienten mit einer Anticholinergika-refraktären idiopathischen überaktiven Blase («overactive bladder», OAB) sind Injektionen von Onabotulinumtoxin-A in den Detrusor zugelassen. Bisher wurde in kontrollierten Studien meist eine einzige Injektion auf Effektivität und Sicherheit hin bewertet. Eine neue Studie prüfte die langzeitige Effektivität und Sicherheit von mehreren Onabot/A-Injektionen an 59 weiblichen und 4 männlichen OAB-Patienten. Die mediane Anzahl der Injektionen betrug 3,9 (1–10).
Wie Dr. Silvia Proietti, Mailand, und Mitarbeiter berichteten, veränderte sich die mediane Häufigkeit der Miktionen unter der Therapie signifikant: von 10,6 auf 4,5 während des Tages und von 2,4 auf 0,7 nachts. Auch die Harninkontinenzepisoden pro Tag verbesserten sich von 2 auf 0,3 signifikant. Diese Verbesserungen wurden über den Studienzeitraum zwischen 2000 und 2014 bei allen Patienten beobachtet. Demnach konnten wiederholte Onabot/A-Injektionen die OAB-Symptome signifikant verringern und
die Harninkontinenz verbessern, ohne dass bei den meisten Patienten schwere unerwünschte Nebenwirkungen auftraten. RH
Quelle: Poster Nr. 161 von Gubbiotti M et al. Longterm results of repeated onabotulinumtoxin-A intradetrusor injections for refractory overactive bladder. EAU-Jahreskongress, 20. bis 24. März 2015 in Madrid.
Kongressimpressionen
Fotos: Adela Žatecky
20 Urologie • Juni 2015