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Neues zur Propranololtherapie bei infantilen Hämangiomen
Propranolol ist mittlerweile eine sichere und effektive Therapie zur Behandlung von infantilen Hämangiomen. Seit November 2014 ist der Betablocker auch in der Schweiz zur Behandlung solcher Hämangiome zugelassen. Am EADV in Amsterdam wurden neue Studien zur Anwendung und Einschätzung dieser Therapie vorgestellt.
B is heute stehen zwei Scores zur Abschätzung der Aktivität sowie der Ausprägung infantiler Hämangiome zur Verfügung: Der 2012 entwickelte Hemangioma Activity Score (HAS) dient zur Bestimmung der Krankheitsaktivität von infantilen Hämangiomen und der im darauf folgenden Jahr vorgestellte Hemangioma Severity Scale (HSS) zur Evaluation der Schwere der Erkrankung. Nach welchem System sollte man nun die Ergebnisse einer Behandlung mit Propranolol vorzugsweise evaluieren? Und wie ist die Therapie mit Propranolol einzuschätzen?
Hemangioma Activity Score (HAS) mit Vorteilen Um dieser Frage nachzugehen, wurden in einer prospektiven Studie zwischen 2009 und 2012 am Sophia Children’s Hospital in Rotterdam insgesamt 54 Kinder eingeschlossen (1). Sie litten unter schwerwiegenden, teilweise schnell wachsenden Hämangiomen in der Periorbitalregion, im Gesicht, an den Genitalien oder anderen Körperstellen. Alle Patienten wurden über etwa ein Jahr mit Propranolol behandelt und sowohl mit dem HAS- als auch dem HSS-Score zweimal beurteilt. Dabei betrug der «interclass correlation coefficient» (ICC) bei den beiden Scores HAS 0,8 und HSS 0,6. Während der HAS mit der Zeit abnahm (mit einem dramatischen Abfall in der ersten Woche), zeigte der HSS diesen Trend nicht. Letzterer würde nicht wirklich die Schwere der Erkrankung anzeigen, so die niederländischen Wissenschaftler, weshalb HAS das bessere System zur Beurteilung des Therapieverlaufs bei infantilen Hämangiomen sei. Insgesamt war die Behandlung mit Propranolol sicher und effektiv.
Gute Unterstützung mittels E-Health Die Behandlung infantiler Hämangiome mit Betablockern ist gegenwärtig auf Expertenzentren beschränkt. Dort müsse man deshalb mit längeren Wartezeiten rechnen, so die Initiatoren einer weiteren niederländischen Studie (2). Um betroffenen Patienten effizienter und schneller zu helfen, wurde in den Niederlanden online ein pädiatrisches «Skin House» (www.huidhuis.nl) entwickelt. Es bietet eine interaktive Plattform, auf der Informationen zu verschiedenen pädiatrischen Hauterkrankungen inklusive Behandlungsmöglichkeiten und Expertenrat abgerufen werden können. Dort sollten innerhalb eines Hämangioma Behandlungsplans (HTP) Behandlungsprotokolle und individuelle Gesundheitsfragen leichter verfügbar sein und Therapien in regionalen Spitälern ermöglicht werden. Nun wollte man mittels eines Fragebogens sehen, in-
wieweit eine solche digitale Plattform überhaupt praktikabel ist beziehungsweise von den betroffenen Eltern angenommen und bewertet wird. Von den befragten 25 Eltern und 15 regionalen Ärzten gaben 96 beziehungsweise 87 Prozent an, dass die E-Health-Intervention für die Betreuung ihrer Kinder mit infantilem Hämangiom nützlich sei. Für 76 Prozent der Eltern und 53 Prozent der Ärzte war der HTP leicht anwendbar. Technische Probleme meldeten 28 Prozent der Eltern. Alle befragten Ärzte äusserten sich positiv in Hinblick auf den Austausch mit den spezialisierten Behandlungszentren. Insgesamt erwies sich dieses Instrument als sehr gut. Für die Zukunft wolle man eine noch bessere Schulung von Eltern und Ärzten anstreben, so die Autoren.
Effektive Behandlung schwieriger Lokalisationen Schwerwiegende infantile Hämangiome, beispielsweise im Periorbital- und zentralen Gesichtsbereich, im Atemweg oder im Anogenitalbereich können mit einem hohen Komplikationsrisiko verbunden sein. Am EADV wurden von einer türkischen Arbeitsgruppe drei Fälle solcher Hämangiome vorgestellt, welche an Ohren, Nasen, Lippen oder Labia minora lokalisiert waren und mit Propranolol behandelt wurden (3). So wurde ein rund drei Zentimeter grosses hellrotes Hämangiom am linken Ohr eines zehn Monate alten Jungen und ein 2 cm grosses Hämangiom an der Nasenspitze eines 2-monatigen Mädchens erfolgreich mit Propranolol (1 mg/Kg/Tag) behandelt. Beide Läsionen waren nach sieben Monaten beinahe vollständig verschwunden. Das runde, drei Zentimeter messende ulzerierende Hämangiom an den Labia minora war nach sieben Monaten komplett verschwunden. Die Therapie war nicht mit Nebenwirkungen verbunden. Propranolol sei daher eine sehr effektive und sichere Behandlung bei pädiatrischen Hämangiomen, so das Fazit der Mediziner.
Klaus Duffner
Quellen: 1. Janmohamed SR et al. Systemic propranolol for infantile hemangioma: a study comparing the HAS (Hemangioma Activity Score) with the HSS (Hemangioma Severity Scale). EADV 2014. Free communications in genetics/paediatrics, 9.10.14. Abstract: FC01.08. 2. Totté J. Treatment of infantile hemangioma in regional hospitals with academic support via eHealth: evaluation of the feasibility and acceptance by parents and doctors. EADV 2014. Abstract FC01.04 3. Karadag, ASK et al. Infantile Hemangiomas successfully treated with propranolol: Three case reports. EADV 2014. P 1375
Dermatologie • Januar 2015 33