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Rauchentwöhnung: Mehr Erfolg bei medikamentöser Begleitung
W enn sich auch viele Raucher den terstützt durch eine Nikotin-Ersatztherapie Ausstieg aus ihrer Sucht wünschen, (n = 97) oder durch verschreibungspflichtige schaffen es nur wenige ohne medi- Medikamente (n = 222) durchgeführt, einige
zinische Hilfe. Doch wie erhöht man ihre Patienten erhielten auch beide medikamen-
Chancen auf den Ausstieg? In Dänemark, wo töse Massnahmen (n = 9). Als primärer
die Raucherprävalenz bei etwa 17 Prozent Endpunkt wurde die Rate der erfolgreich ent-
liegt, wurde dies in der Real-Life-Studie wöhnten Patienten nach 6 Monaten (ITT-Ana-
ESCAPE SMOKE untersucht. Die prospektive, lyse) bestimmt – diese lag insgesamt bei
nicht interventionelle Multizenterstudie un- 36 Prozent. Es zeigten sich allerdings Unter-
tersuchte die Erfolgsraten im Praxissetting – schiede in Abhängigkeit vom Vorgehen bei
und zwar bei insgesamt 515 entwöhnungs- der Entwöhnung: Während es zu diesem
willigen Rauchern aus 40 ambulanten, allge- Zeitpunkt ohne jegliche medikamentöse
meinärztlichen Zentren. Entsprechend der Begleitung nur 28 Prozent geschafft hatten,
allgemeinen Praxis der Zentren wurde die waren bei begleitender Nikotinsubstitution
Rauchentwöhnung entweder ohne medika- 31 Prozent rauchfrei und bei Entwöhnung
mentöse Begleitmassnahmen (n = 109), un- mithilfe einer verschreibungspflichtigen
50% 40% 30%
43%
p = 0,002
p = 0,03
p = 0,19
31% 28%
36%
Medikation (Vareniclin oder Bupropion) sogar 43 Prozent – und damit signifikant mehr als mit der Nikotinersatztherapie (Grafik). Vareniclin gilt als beson-
20% ders effektive Option zur
medikamentösen Unter10% stützung der Rauchentwöh-
nung, wird aber von einem
0
verschrei-
Nikotinersatz Keine
Nikotinersatz
Teil der Patienten wegen
bungspfichtige (n = 97)
medikamentöse und medikamentöse
Medikamente
Unterstützung Unterstützung
Nebenwirkungen wieder
(n = 222)
(n = 109)
(n = 9)
abgesetzt. Deshalb wurde
von einer spanischen Arbeitsgruppe die Effektivität einer niedrigeren Dosierung geprüft. In einer prospektiven und randomisierten Studie mit 405 entwöhnungswilligen Rauchern erhielt die Hälfte die zugelassene Dosis (2-mal täglich 1 mg) und die andere Hälfte die halbe Dosierung (2-mal/Tag 0,5 mg), jeweils über einen verkürzten Zeitraum von 8 Wochen (übliche Therapiedauer: 12 Wochen). Nach 3 Monaten war die Abstinenzrate unter der Niedrigdosis mit 56,8 Prozent tendenziell sogar etwas höher als unter der Standarddosis mit 53,9 Prozent (n.s.). Aber die Nebenwirkungen waren in der Niedrigdosisgruppe tendenziell niedriger (13,1 Prozent versus 21 Prozent, p = 0,171). Eine solche Niedrigdosis-Therapie könnte daher das Durchhalten der Entwöhnungstherapie erleichtern, betonen die Autoren. CW
Quellen: Ringbaek T et al., Escape smoke – real-life effectiveness of smoking cessation therapy in general practice in Denmark. Poster P4456, sowie Rozón NF et al., Low dose varenicline. Efficacy, side effects and treatment completion. Poster P4465, Poster Discussion Session 458, anlässlich der Jahrestagung der European Respiratory Society 2014 in München.
Allergien gegen Cannabis nehmen zu
Mit dem Rauschmittel Cannabis wurden bisher vor allem respiratorische Nebenwirkungen wie Pneumomediastinum, Bronchiolitis, alveoläre Blutungen und chronische Bronchitis assoziiert. In einer auf dem ERS vorgestellten Studie wird nun auch das allergene Potenzial deutlich: V. Doyen und Mitarbeiter berichten über insgesamt 6 klinische Fälle mit nachgewiesener Sensibilisierung gegen Cannabis sativa anhand erhöhter spezifischer IgE. Alle Betroffenen waren Atopiker, alle waren gegen das Lipid-Transfer-Protein (LPT) von Cannabis sativa sensibilisiert und hatten weitere Sensibilisierungen im Pricktest. Als Symptomatik wiesen 5 Kreuzreagibilitäten zu pflanzlichen Nahrungsmitteln auf, 3 litten an respiratorischen (Rhinitis/Asthma) und 3 an Hautsymptomen (Kontakturtikaria/Ekzem). In einem Fall wurde eine nahrungsmittel- und anstrengungsassoziierte Anaphylaxie diagnostiziert.
Für die allergische Sensibilisierung sind ver-
schiede Expositionswege denkbar, betonen
die Autoren: Neben dem Hautkontakt und
der Inhalation während der Zubereitung und
Anwendung der Droge ist auch die Pollen-
inhalation während der Pflanzenaufzucht als
Ursache denkbar.
Zusammenfassend weisen die Autoren da-
rauf hin, dass die Sensibilisierung gegen
Cannabis in Nordeuropa zunimmt. Die Pa-
tienten sprechen jedoch in der allergologi-
schen Sprechstunde ihren Cannabiskonsum
in der Regel nicht von selbst an. Dies unter-
streicht die Bedeutung einer sorgfältigen
Evaluation der Rauchgewohnheiten in der
allergologischen Praxis.
CW
Quelle: Doyen V et al., Emerging allergies to cannabis. Thematic Poster Session 413, Poster P 4027, anlässlich der Jahrestagung der European Respiratory Society 2014 in München.
2 Pneumologie • November 2014
Foto: sensiseed.com
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Ausschleichen von Inhalationssteroiden auch bei schwerer COPD möglich
Bei vielen Patienten mit schwerer COPD und häufigen Exazerbationen werden oftmals zusätzlich zu langwirksamen Bronchodilatatoren (LABAs und LAMA) Inhalationssteroide eingesetzt. Doch wie soll es nach einer Stabilisierung weitergehen? Schliesslich bleibt der Langzeiteinsatz der Inhalationssteroide nicht immer frei von Nebenwirkungen. Die heutigen COPD-Leitlinien geben zwar Empfehlungen zur Therapieintensivierung, aber keine Empfehlungen zum «Step-down», denn bisher gab es hierzu keine Studien und damit auch keine Evidenz. Dies hat sich nun geändert, denn auf dem ERS präsentierte Erstautor Prof. Dr. med. Helgo Magnussen, Hamburg-Grosshansdorf, die Ergebnisse der Studie WISDOM (Withdrawal of Inhaled Steroids During Optimized Bronchodilator Management): Diese untersuchte die Frage, ob bei COPD-Patienten unter inhalativer Tripeltherapie (LABA, LAMA plus Inhalationssteroid [ICS]) das Ausschleichen und Absetzen des Steroids mit einer vermehrten Exazerbationsrate assoziiert ist. Dazu wurden insgesamt 2488 COPD-Patienten mit erhöhtem Exazerbationsrisiko zunächst für 6 Wochen mit der inhalativen Tripeltherapie aus Tiotropium, Salmeterol und Fluticason behandelt. Anschliessend wurde doppelblind und randomisiert bei der Hälfte der Patienten das Inhalationssteroid in drei
Schritten über einen 12-
Wochenzeitraum abgesetzt,
bei der anderen Hälfte da-
gegen unverändert weiter-
gegeben.
Im Vergleich zum weiteren
Einsatz hatten die COPD-
Patienten, bei denen das
Inhalationssteroid abge-
setzt wurde, nach einem
Jahr ein relatives Exazerba-
tionsrisiko von 1,05 – was
die vordefinierten Kriterien
der Nichtunterlegenheit er-
füllte. Damit wurde die Hy-
pothese bestätigt, dass
das Ausschleichen der Steroide das Exazerbationsri- Quelle: nach Magnussen H et al. NEJM 2014
siko nicht erhöht, wenn
gleichzeitig noch eine
Dualtherapie aus LABA und LAMA gegeben zerbationen», betonen die Autoren. Ihre Stu-
wird. Allerdings wurden in der letzten Phase die habe gezeigt, dass das Ausschleichen
des Absetzens ein stärkerer Abfall der Lun- der Steroide nicht mit einem erhöhten Exa-
genfunktion (FEV1) und eine Verschlechte- zerbationsrisiko verbunden war.
CW
rung des Gesundheitsstatus im Vergleich zu
Patienten mit fortgeführter Kortikoidtherapie Quellen: Magnussen H et al. The impact of step-
beobachtet. «Die Bedeutung dieser Befunde ist unklar, da der Unterschied zwischen den Gruppen kleiner war als die häufig als klinisch relevant verwendete Differenz, es fand sich auch keine Relation zur Zahl der Exa-
wise withdrawal of inhaled corticosteroids on exacerbations in COPD patients receiving dual bronchodilation: WISDOM study. Session 227, anlässlich der Jahrestagung der European Respiratory Society 2014 in München; Originalarbeit: Magnussen H et al. N Engl J Med 2014; 371: 1285–1294.
Mehl als häufigster Auslöser eines berufsbedingten Asthmas
Unter den Ursachen für ein berufsbedingtes Asthma belegt das Mehl den ersten Platz vor Reinigungsmitteln – zumindest in Frankreich. Dort wurden über einen Zeitraum von 3 Jahren von einem Netzwerk aus Atemwegsexperten mit Spezialisierung auf berufsbedingte Erkrankungen insgesamt 330 Krankheitsfälle gesammelt und ausgewertet. Sie fanden die folgenden Ergebnisse: • Der häufigste Auslöser war Mehl – es war
in 20 Prozent der Fälle die Ursache. • Auf Platz 2 folgten mit 15 Prozent Ammo-
niumverbindungen, wie sie häufig in Reinigungsmitteln gefunden werden. • Das berufsbedingte Asthma wurde häufiger bei Frauen (43 Fälle pro Million) als bei Männern (29 Fälle pro Million) gefunden. • Arbeiter waren mit 116 Fällen pro Million am häufigsten betroffen, bei Landwirten wurden dagegen 97 Fälle pro Million registriert. • Die höchsten Inzidenzraten wurden mit 279 Fällen pro Million bei Arbeitern registriert, die in der Lebensmittel- und Getränkeproduktion arbeiteten.
«Diese Ergebnisse sind wichtig, denn sie hel-
fen bei zukünftigen Präventionsstrategien»,
betonte Studienleiter Prof. Dr. med. Frederic
DeBlay. Nur wenn man wisse, wo die gröss-
ten Risiken liegen, kann man auch die Be-
troffenen davor schützen.
CW
Quelle: de Blay F et al., Occupational asthma surveillance: results of the Observatoire National des Asthmes Professionnels (ONAP) II project from 2008 to 2011 in French departments. Session 71, anlässlich der Jahrestagung der European Respiratory Society 2014 in München.
4 Pneumologie • November 2014