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Atemwegsinfektion: CRP-Bestimmung verbessert die klinische Diagnose
Infektionen der unteren Atemwege stellen in der allgemeinmedizinischen Praxis häufige Herausforderungen dar. Zur Entscheidungsfindung trägt neben der klinischen Untersuchung auch die Bestimmung des CRP-Wertes bei.
I m Umgang mit Patienten, die Symptome einer Infektion der unteren Atemwege zeigen, treten, so Prof. Dr. med. Hasse Melbye, Tromsø, vor allem vier Fragen auf: Handelt es sich überhaupt um eine Infektion? Benötigt der Patient Antibiotika? Muss eine Atemwegsobstruktion behandelt werden? Ist eine Hospitalisierung erforderlich? Von besonderer Bedeutung ist, so Melbye, die Frage nach der Obstruktion: «Die Atemwegsobstruktion erfolgreich zu behandeln, ist meist wichtiger als der Einsatz von Anitbiotika. Viele Patienten mit schwereren Atemwegsinfektionen haben ja Asthma oder COPD als Grunderkrankung. In vielen Fällen ist diese Grunderkrankung aber noch undiagnostiziert.» Der Ausschluss von nicht infektiösen Ursachen von Atembeschwerden kann lebenswichtig sein, zumal schwerste Erkrankungen wie Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz oder Pulmonalembolie eine entsprechende Symptomatik verursachen können. In der klinischen Routine müssen diese Fragestellungen rasch und möglichst koordiniert abgearbeitet werden. Melbye betont besonders den Wert von Anamnese und klinischer Untersuchung, die die Bestimmung der Atemfrequenz, Auskultation, Perkussion, Fiebermessen und so weiter beinhalten sollte. Wenn verfügbar, sollte die klinische Untersuchung durch Bluttests komplettiert werden, wobei dem CRP besondere Bedeutung beigemessen wird. Die Diagnosestellung auf Basis von Symptomen und Zeichen gewinnt an Zuverlässigkeit, wenn das CRP mit einem Cut-off von 30 mg/l einbezogen wird (1). Hingegen brachte in dieser Untersuchung eine Bestimmung von Pro-Calcitonin keine zusätzlichen Informationen. In älteren Studien wurden bei Patienten, die wegen Pneumonie hospitalisiert werden mussten, mehrheitlich deutlich erhöhte CRP-Werte (im Durchschnitt weit über 100 mg/l und bei allen Patienten über 50 mg/l) gefunden (2). Ein CRP
Anamnese, Symptome und Zeichen
Leichte virale Infektion
CRP-Test
Keine oder symptomatische Behandlung
EKG Puls-Oxymetrie Hospitalisation
Antibiotika
Spirometrie
Corticosteroide und/oder
Asthmamedikation
über 40 mg/l erwies sich auch als der stärkste Prädiktor für ein Therapieversagen bei COPD-Exazerbationen (3).
Virusinfektion oder bakterielle Ursache? Zu beachten ist allerdings, dass CRP-Anstiege in den Bereich zwischen 50 und 100 mg/l durchaus auch bei schwereren Virusinfektionen wie zum Beispiel einer Influenza vorkommen (4). So tritt der CRP-Anstieg bei der unkomplizierten Virusinfektion im Rahmen der Akutantwort des Immunsystems auf. Mit einem Peak ist also um Tag 3 der Infektion zu rechnen. Ausgeprägtere oder länger andauernde CRP-Erhöhungen sind hingegen typisch für bakterielle Infektionen. Dass die Bestimmung von CRP bei Verdacht auf bakterielle Atemwegsinfektion auch praktisch fassbare Vorteile bringt, wurde mittlerweile nachgewiesen: Studiendaten aus Skandinavien zeigen, dass die Verfügbarkeit von CRP-Tests in Verbindung mit entsprechender Schulung der Ärzte die Antibiotika-Verschreibungen reduziert (5). Auch erwies sich in Schweden und Norwegen der CRP-Wert als der stärkste Prädiktor für die Verschreibung von Antibiotika (6).
An Spirometrie denken Besteht bei normalem CRP akute Atemnot, rät Melbye zur Spirometrie. Diese sollte auch bei COPD Patienten mit Infektion durchgeführt werden, um die Frage nach der Notwendigkeit von Steroiden zu klären. Die Puls-Oxymetrie ist eine leicht durchzuführende Untersuchung, die ebenfalls wertvolle Informationen liefern kann. Eine Sauerstoffsättigung von mindestens 95 Prozent kann als normal angesehen werden. Fällt der Wert bei sonst Gesunden unter 94 Prozent, ist das als Alarmzeichen zu werten. Bei Patienten mit schwerer COPD ist bereits ohne Exazerbation eine reduzierte Sättigung zu erwarten. Als alarmierend können hier Werte unter 91 Prozent betrachtet werden. Eine reduzierte Sauerstoffsättigung tritt auf bei Pneumonie oder COPD-Exazerbation, aber auch bei nicht infektiösen Erkrankungen, die Atembeschwerden verursachen können, wie zum Beispiel Herzinsuffizienz oder Lungenembolie. Ungeklärte Auffälligkeiten bei der Puls-Oxymetrie sollten zur sofortigen Abklärung inklusive EKG führen, was in den meisten Fällen eine Hospitalisierung bedeuten wird.
Reno Barth
Quelle: «Lower respiratory tract infections: diagnosis and treatment in clinical practice», Vortrag anlässlich des Jahreskongresses der European Respiratory Society, 6. bis 9. September 2014 in Munchen.
Abbildung: Vorgehen bei der Abklärung von Infektionen (nach Melbye)
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Literatur: 1. van Vugt SF et al. Use of serum C reactive protein and procalcitonin concentrations in addition to symptoms and signs to predict pneumonia in patients presenting to primary care with acute cough: diagnostic study. BMJ. 2013; 346: f2450. 2. Smith RP et al. C-reactive protein. A clinical marker in communityacquired pneumonia. Chest. 1995; 108 (5): 1288–1291. 3. Miravitlles M et al. Is it possible to identify exacerbations of mild to moderate COPD that do not require antibiotic treatment? Chest. 2013; 144 (5): 1571–1577. 4. Melbye H et al.: The course of C-reactive protein response in untreated upper respiratory tract infection. Br J Gen Pract. 2004; 54 (506): 653–658. 5. Little P et al. Effects of internet-based training on antibiotic prescribing rates for acute respiratory-tract infections: a multinational, cluster, randomised, factorial, controlled trial. Lancet. 2013; 382 (9899): 1175–1782. 6. Jakobsen KA et al. Influence of CRP testing and clinical findings on antibiotic prescribing in adults presenting with acute cough in primary care. Scand J Prim Health Care. 2010; 28 (4): 229–236.
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Pneumologie • November 2014 19