Transkript
CongressSelection
Aktuelle Studien: Neues aus der Therapie der COPD
Studien zu den therapeutischen Optionen bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) bildeten einen der Schwerpunkte des Jahreskongresses der European Respiratory Society (ERS). Gerade in den vergangenen Jahren und Monaten wurden mehrere neue Substanzen zugelassen, die in Mono- und Kombinationstherapien untersucht wurden.
K ombinationen aus langwirksamem β2-Agonisten (LABA) und langwirksamen Muskarinrezeptor-Antagonisten (LAMA) wird derzeit besonderes Interesse geschenkt. Eine solche Fixkombination ist QVA149 (Ultibro® Breezhaler®), das den LABA Indacaterol sowie das Anticholinergikum Glycopyrroniumbromid enthält. Aus den bisher veröffentlichten Studien sind beachtliche Verbesserungen des FEV1 unter Behandlung mit dieser Kombination bekannt. So wurde in der ILLUMINATE-Studie die signifikante Überlegenheit von QVA149 1-mal täglich im Vergleich zur Kombination aus einem LABA und einem inhalativen Steroid (Salmeterol/Fluticason 2-mal täglich) in einer Population von COPD-Patienten ohne Exazerbationen nachgewiesen (1). Als Late-Braker wurden auf dem ERS-Kongress in München nun die Ergebnisse der LANTERN-Studie präsentiert, die QVA149 1-mal täglich mit Salmeterol/Fluticason 2-mal täglich in einer realistischeren COPD-Population verglich. Die insgesamt 744 Patienten waren mittelschwer bis schwer erkrankt und hatten zum Teil rezente Exazerbationen in der Anamnese. Das FEV1 lag nach Bronchodilatator zwischen 30 und 80 Prozent. Die Studie lief über 26 Wochen und war auf Non-inferiority ausgelegt. Dieser Endpunkt wurde erreicht und übertroffen. QVA149 erwies sich mit einer Verbesserung des FEV1 von 75 ml (95%-KI: 44, 107 ml; p < 0,001) als signifikant überlegen. Auch im Hinblick auf die Inzidenz von Exazerbationen erwies sich die LABA/LAMA Kombination nach 26 Wochen mit einer Risikoreduktion von 31 Prozent gegenüber der Vergleichsgruppe (RR [95%-KI]: 0,69 [0,48; 1,00]; p = 0,048) als signifikant überlegen. Von den Patienten berichtete Outcomes waren in den beiden Gruppen vergleichbar. Unter QVA149 kam es im Vergleich zu Salmeterol/Fluticason zu weniger Nebenwirkungen (40,1% vs 47,4%) sowie zu einer geringeren Inzidenz von Pneumonien (0,8% vs. 2,7%) (2). Neue Daten wurden auch zum Device, mit dem QVA149 appliziert wird, dem Breezhaler®, vorgestellt. In einer theoretischen Arbeit wurde mittels Computational Fluid Dynamics (CFD) die Wirkstoffverteilung von Indacaterol und Glycopyrroniumbromid in der Lunge nach Inhalation daraus untersucht. Die Simulation ergab bei Flussraten von 30 bis 120 l/min eine konsistente Deposition beider Wirkstoffe in der Lunge. Diese Bandbreite ist insofern von Bedeutung, als bei Patienten mit unterschiedlichem Alter und unterschiedlicher Schwere der COPD von sehr unterschiedlichen Atemgeschwindigkeiten auszugehen ist (3). Neue Sicherheitsdaten Neue Sicherheitsdaten gibt es zu Tiotropium (Spiriva®), dem sozusagen klassischen LAMA. In zahlreichen Studien wurde für Tiotropium, verabreicht mit den Devices HandiHaler® 18 g oder Respimat®, eine Verbesserung der Lungenfunktion und der Lebensqualität sowie eine Reduktion der Exazerbationen bei Patienten mit COPD gezeigt. Aufgrund seiner antimuskarinischen Wirkung wurde Tiotropium jedoch immer wieder angeschuldigt, bei vulnerablen Patienten mit kardiovaskulären Komorbiditäten kardiale Arrhythmien verursachen zu können. Anhand von Holter-Daten wurde dieser Frage nun abermals nachgegangen. Dazu wurden alle verfügbaren Daten zu Patienten, die zwischen 2003 und 2012 in Studien unter Beobachtung mit Holter-EKG Tiotropium erhalten hatten, ausgewertet. Eingeschlossen waren Männer und Frauen mit einer Tabak-Anamnese von mindestens 10 pack years und einer COPD-Diagnose. Die Holter-EKG wurden hinsichtlich Herzfrequenz, supraventrikulärer und ventrikulärer Extrasystolen sowie Pausen beurteilt. Erfasst wurden 4 Studien mit insgesamt 727 Patienten, die zwischen 4 und 48 Wochen behandelt wurden. Im Vergleich zur Periode vor Behandlungsbeginn oder zur Plazebogruppe ging die Therapie mit Tiotropium aus dem HandiHaler® oder Respimat® nicht mit einer Veränderung der beobachteten Parameter einher. Es gab keinerlei Hinweise, dass die Inhalation von Tiotropium zu Arrhythmien irgendeiner Form führt (4). Tiotropium sicher auch bei eingeschränkter Nierenfunktion Eine weitere Analyse von Studien zu Tiotropium aus den beiden Inhaler-Varianten befasste sich mit der Sicherheit bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, die angesichts der vorwiegend renalen Elimination der Substanz von erheblicher Bedeutung ist. Dazu wurden die Daten von 10 805 Patienten herangezogen, von denen die geschätzte KreatininClearance zu Beginn der Studie bekannt war. Diese Patienten wurden anhand ihrer Nierenfunktion in Subgruppen aufgeteilt (normal 90, leichte 60, moderate 30, schwere Niereninsuffizienz < 30 ml/min Kreatinin). Die Analyse zeigte, dass Nebenwirkungen, schwere Nebenwirkungen und tödliche Nebenwirkungen nicht mit der Nierenfunktion der Patienten korrelierten. Eine Einschränkung der Studie liegt allerdings in den spärlichen verfügbaren Daten zu Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion (5). Pneumologie • November 2014 11 CongressSelection Neue Kombinationen bewähren sich in klinischen Studien Aktuelle Studienergebnisse gibt es auch zu Tiotropium (T) in Kombination mit dem kürzlich zugelassenen β2-Agonisten Olodaterol (O; Striverdi® Respimat®). In zwei Phase-III-Studien mit insgesamt 5162 Patienten mit COPD-GOLD-Stage 2–4 wurde die Kombination der beiden Substanzen (in den Dosierungen T+O 2,5/5 µg und 5/5 µg über jeweils 52 Wochen) mit den Einzelsubstanzen verglichen. In allen Gruppen kam der Respimat® Soft Mist Inhaler™ zum Einsatz. Primärer Endpunkt waren die Veränderung des FEV1 vom Ausgangswert, die FEV1-AUC (area under the curve) von 0 bis 3 Stunden und die Lebensqualität (gemessen als SGRQ Total Score) nach 24 Wochen. Auf dem ERS Kongress in München wurden die gepoolten Daten der beiden Studien präsentiert. Sie zeigten in allen Armen signifikante Verbesserungen der Lungenfunktion im Vergleich zum Ausgangswert, wobei die Kombination von Tiotropium und Olodaterol gegenüber der Monotherapie mit den Einzelkomponenten signifikant überlegen war. In der Gruppe mit der Dosierung T+O 5/5 µg wurde eine Zunahme des FEV1 um 140 ml beobachtet. Auch hinsichtlich der Lebensqualität erwies sich die Kombination in höherer Dosierung als die beste Option und führte zu einer signifikant deutlicheren Verbesserung als die Behandlung mit einer der beiden Einzelkomponenten (6). Die Sicherheitsdaten aus diesen beiden Studien wurden als eigener Abstract vorgestellt. Sie zeigen, dass die Therapie in allen Studienarmen gut vertragen wurde und dass Nebenwirkungen unter der Kombination – auch in der höheren Dosierung – nicht häufiger auftreten als unter Behandlung mit den Einzelkomponenten. Die galt auch für schwere und kardiale Nebenwirkungen (7). Eine weitere neue LAMA/LABA-Kombination ist Umeclidinium/Vilanterol (Anoro® Ellipta®). Die Wirksamkeit und Sicherheit diesee Fixkombination wurden im Vergleich zu Salmeterol/Fluticason über 12 Wochen im Rahmen einer multizentrischen, doppelblinden Doppeldummy-Parallelgruppenstudie untersucht. Die Patienten litten allenfalls unter seltenen Exazerbationen, hatten also im Jahr vor Einschluss in die Studie keine Exazerbation erlebt. Sie erhielten entweder UMEC/VI 62,5/25 µg OD (via Ellipta™ Device) oder FSC 500/50 µg BD (via Diskus Device™). Endpunkte waren die mittlere Veränderung des gewichteten FEV1 über 24 Stunden nach Inhalation am Tag 84 sowie weitere Lungenfunktionsparameter. Die Studie zeigte in der UMEC/VI-Gruppe eine signifikante Verbesserung aller untersuchten Parameter im Vergleich zur Salmeterol/Fluticason. Diese lag bei 80 ml für das gewichtete FEV1 über 24 Stunden sowie bei 90 ml für das FEV1. Lebensqualität und Dyspnoe besserten sich in beiden Studienarmen signifikant. Die Behandlung wurde in beiden Armen gut vertragen (8). Auch ein Vergleich der Fixkombination Umeclidinium/Vilanterol mit der Monotherapie mit einem langwirksamen Bronchodilatator wurde im Rahmen des ERS-Kongresses vorgestellt. Die Daten stammen aus einer gepoolten Analyse zweier 24-wöchiger, randomisierter Phase-III-Studien (DB2113360, DB2113374; n = 1692), die die Wirksamkeit von UMEC/VI (125/25; 62,5/25 µg) mit UMEC 125 µg, VI 25 µg und Tiotropium (TIO) 18 µg im Hinblick auf die Dyspnoe verglichen. Transition Dyspnea Index (TDI) Scores wurden an den Tagen 28, 84 und 168 erhoben. Dabei zeigten sich bei den meisten Kontrollen in allen Gruppen klinisch bedeutsame Verbesserungen. Es wurden am Tag 168 keine Unterschiede zwischen den beiden Dosierungen der Kombinationstherapie und Tiotropium gesehen. Allerdings waren die Chancen auf ein Ansprechen in den UMEC/VI-Gruppen an den Tagen 28 und 84 grösser als in der Tiotropium-Gruppe (p < 0,022, nominal) (9). Reno Barth Literatur: 1. Vogelmeier CF et al. Efficacy and safety of once-daily QVA149 compared with twice-daily salmeterol-fluticasone in patients with chronic obstructive pulmonary disease (ILLUMINATE): a randomised, doubleblind, parallel group study. Lancet Respir Med. 2013; 1 (1): 51–60. 2. Zhong N et al. Efficacy and safety of once-daily QVA149 compared with twice-daily salmeterol/fluticasone combination (SFC) in patients with COPD: the LANTERN study. ERS 2014, P2815. 3. Kuttler A, Dimke T. A novel biophysical simulation model predicts consistent lung delivery of QVA149, glycopyrronium and indacaterol via the Breezhaler® device. ERS 2014, P942. 4. Hohlfeld JM et al. Evaluating cardiac safety of tiotropium in patients with COPD: Combined analysis of Holter-ECG data from four trials. ERS 2014, P284. 5. Tashkin D et al. Safety of tiotropium in renally impaired patients. ERS 2014, P923. 6. Buhl R. Once-daily tiotropium and olodaterol fixed-dose combination via the respimat improves outcomes vs mono-components in COPD in two 1-year studies. ERS 2014, OP 1895. 7. Buhl R et al. Safety of once-daily tiotropium and olodaterol fixeddose combination via the respimat in chronic obstructive pulmonary disease in two 1-year studies. ERS 2014, P922. 8. Singh D et al. Umeclidinium/vilanterol (UMEC/VI) once daily (OD) vs fluticasone/salmeterol combination (FSC) twice daily (BD) in patients with moderate-to-severe COPD and infrequent COPD exacerbations. ERS 2014, P290. 9. Decramer M et al. Effect of the once-daily long-acting bronchodilator combination umeclidinium/vilanterol (UMEC/VI) and bronchodilator monotherapy on dyspnoea as measured by the transitional dyspnoea index (TDI) in COPD. ERS 2014, P921. Quelle: Jahreskongress der European Respiratory Society, 6. bis 10. September 2014 in München. 12 Pneumologie • November 2014