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Kongressnotizen
Kommunikation mit der Umwelt mittels EEG
M enschen, die aufgrund schwerer Behinderungen nicht mehr in der Lage sind, mit ihrer Umwelt in Kontakt zu treten, könnten in naher Zukunft von innovativen Entwicklungen der Elektronik profitieren. So soll es möglich werden, über das EEG zu kommunizieren beziehungsweise technische Geräte wie einen Rollstuhl zu steuern. Solche Überlegungen werden derzeit an den Universitäten Graz und Liège im Rahmen von Studien auf ihre praktische Umsetzbarkeit untersucht. Die Probleme beginnen bereits bei der Kontaktaufnahme. Viele der Betroffenen können schlecht sehen, andere schlecht hören, oder sie sind überhaupt auf ihren Tastsinn angewiesen. Die Forscher erprobten daher sowohl akustische als auch taktile Reize sowie motorische Vorstellungen – Patienten stellen sich vor, den Arm zu bewegen. Das akustische Verfahren erfüllt dabei zunächst den Zweck, festzustellen, ob
der Patient überhaupt so weit bei Bewusstsein ist, dass eine Kommunikation möglich werden könnte. Die anderen beiden Zugänge sind direkt zur Kommunikation geeignet. Bei gesunden Probanden konnte mit diesen Methoden eine Zuverlässigkeit von rund 80 Prozent erreicht werden. Die restlichen 20 Prozent kommen beispielsweise durch individuelle Unterschiede im EEG zustande. Prof. Dr. med. Steven Laureys von der Coma Science Group der Université de Liège: «Am einfachsten ist es, Ja zu sagen, indem man sich beispielsweise auf seinen linken Arm konzentriert. In einem weiteren Schritt kann man das Vokabular dann auf Ja und Nein erweitern. Schliesslich gelingt es auch, auf diesem Weg einen Cursor zu steuern. Unsere Hoffnung ist, dass es mit dieser Methode auch möglich werden könnte, zum Beispiel einen Rollstuhl zu manövrieren. Derzeit liegt eine wichtige Einschränkung jedoch darin,
dass die Experimente zwar mit gesunden
Probanden bereits ausgezeichnet klappen,
bei neurologisch schwer geschädigten Pa-
tienten jedoch auf zusätzliche Probleme
stossen. Beispielsweise haben diese Men-
schen oft Probleme, sich über längere Zeit zu
konzentrieren, oder sind intellektuell einge-
schränkt.» Dennoch haben erste Studien mit
neurologisch geschädigten Personen bereits
begonnen. Diese werden vor allem von
Patienten mit Locked-in-Syndrom sehr gut
aufgenommen, weil die verschiedenen Auf-
gaben und Tests für sie eine gewisse
Abwechslung vom Krankenhausalltag be-
deuten.
reb
Quelle: Espinosa et al. A multimodal BCI for communication and assessment of consciousness in non-responsive patients. Joint Congress of European Neurology 2014, Istanbul, PP3058.
Ausreichend fit für den Strassenverkehr?
S ind Menschen mit neurologischen Krankheiten fit genug für den Strassenverkehr? Wie lässt sich ihre Verkehrstüchtigkeit sicher feststellen? Zu diesen Fragen präsentierten griechische Forscher auf dem Joint Congress of European Neurology in Istanbul erste Ergebnisse aktueller Studien zur Fahrtüchtigkeit neurologisch kranker Menschen (1). Für die Studie wurden Patienten mit mild cognitive impairment, leichter Demenz oder Morbus Parkinson sowie gesunde Kontrollen auf ihre Reaktionszeit bei unerwarteten Zwischenfällen bei Fahrten in der Stadt und über Land getestet. Dabei zeigte sich in allen Gruppen eine Assoziation verlängerter Reaktionszeiten mit
dem Alter. Von den untersuchten Erkrankungen wirkte sich nur die Demenz auf die Fahrtüchtigkeit aus – und das nur bei Fahrten über Land, was die Autoren auf die höheren Geschwindigkeiten auf Landstrassen zurückführen. Eine weitere griechische Gruppe präsentierte eine speziell auf Parkinson-Patienten adaptierte Variante des häufig für die Überprüfung der Verkehrstüchtigkeit benützten Trail-Making-Tests (TMT). Dieser Comprehensive-Trail-Making-Test (CTMT) erlaubt eine genauere Analyse der kognitiven Fähigkeiten von Parkinson-Patienten. In einer Studie mit 11 Patienten hat sich der CTMT als guter Prädiktor für die Fahrtüchtigkeit erwiesen, die
anhand von Parametern wie durchschnittli-
che Geschwindigkeit, Geschwindigkeitsände-
rungen und Reaktionszeit auf unerwartete
Ereignisse errechnet wird (2).
reb
Quellen: 1. Economou A et al. Reaction time to incidents as a function of age and neurological disease: preliminary findings from a large driving simulator experiment; Joint Congress of European Neurology 2014, Istanbul, EP3114. 2. Beratis et al. Prediction of driving performance in patients with Parkinson’s disease: preliminary findings on the role of the Comprehensive Trail Making Test. Joint Congress of European Neurology 2014, Istanbul, PP3054.
Europäische Fusion der Neurologen
In Europa gibt es in Zukunft nur mehr eine länderübergreifende neurologische Fachgesellschaft. Die beiden europäischen Gesellschaften ENS und ENFS haben sich beim Joint Congress of European Neurology in Istanbul zur neuen European Academy of Neurology (EAN) zusammengeschlossen. Zum ersten Präsidenten der neuen Organisa-
tion wurde Prof. Dr. Günther Deuschl von der
Universität Kiel gewählt, Vizepräsident
wurde Prof. Dr. med. Franz Fazekas von der
Medizinischen Universität Graz. Der erste
EAN-Kongress wird im Juni 2015 in Berlin
stattfinden.
reb
2 Neurologie • Oktober 2014