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Generell gibt es bei den starken Opioiden keine Dosislimitierungen. Zum praktischen Umgang mit den Opioiden gab der Palliativmediziner einige Tipps: Zur fixen Gabe sollte immer auch eine Reservedosis verordnet werden, die ein Sechstel der Tagesdosis betragen sollte. Obligate Nebenwirkungen der Opioide wie Obstipation und Nausea sollten unbedingt mitbehandelt werden – das gilt sowohl für schwache als auch für starke Opioide. Gegen die Übelkeit helfen Metoclopramid oder auch Haloperidol (Kunz empfiehlt hier 3 x 3 Tropfen). Falls nötig könnten Opiate auch subkutan per Butterfly-Kanüle verabreicht werden, wobei die subkutane Dosis die Hälfte der oralen betrage, so Kunz. Und: Autofahren unter Opioidbehandlung ist dann möglich, wenn eine stabile Langzeiteinstellung erfolgt ist. In Einstellungs- und Umstellungsphasen sollte nicht Auto gefahren werden. Bei Morphin steht eine breite Palette an galenischen Zubereitungen zur Verfügung, es ist bewährt und kostengünstig. Allerdings kann es durch die aktiven Metabolite zu Kumulation mit toxischer Wirkung auf das ZNS kommen. Bei eingeschränkter Nierenfunktion ist daher Vorsicht geboten. Ab einer GFR von weniger als 30 ml/min sollte kein Morphin mehr gegeben werden. Hydromorphon ist 7-mal potenter als Morphin und bildet keine aktiven Metabolite. Kunz hält es unter anderem deshalb für ideal für geriatrische, multimorbide Patienten. Oxycodon, das nur in oraler Form zur Verfügung steht, bildet ebenfalls kaum aktive Metaboliten. Als Fixkombination mit Naloxon (Targin®) kann es vor allem bei hartnäckiger opioidbedingter Obstipation eingesetzt werden. Tapentadol kombiniert die Opioidwirkung mit NoradrenalinWiederaufnahmehemmung. Es entstehen aktive Metabolite, die bei eingeschränkter Nierenfunktion kumulieren können. Ein weiteres Opioid ist Fentanyl. Es liegt als Injektionslösung, bukkale Zubereitung (gegen Durchbruchschmerzen) und als transdermales System (d.h. Pflaster) vor. Bei der Pflasterga-
lenik ist zu beachten, dass bei kachektischen Patienten oder bei sehr dünner Altershaut die Resorption zu schnell erlaufen kann, da das Substanzdepot im Unterhautfettgewebe entsteht. Durch die im Alter verlängerte Halbwertszeit kann es auch bei Fentanyl zur Kumulation kommen. Buprenorphin gibt es ebenfalls als transdermales System. Es wird überwiegend hepatisch eliminiert (kaum Kumulationsgefahr) und ist daher besonders bei geriatrischen Patienten geeignet. Pethidin hält Kunz für die Behandlung von chronischen Schmerzen vor allem bei älteren Menschen für weniger geeignet, da es eine kurze Wirkdauer hat und sich schnell eine Toleranz entwickelt. Auch sei hier die Suchtgefahr gegeben. Kunz würde Pethidin nur in Akutsituationen einsetzen. Auch Methadon sei kein ideales Schmerzmittel, da es wegen der individuell sehr unterschiedlichen Halbwertszeit eine vorsichtige Einstellung und eine engmaschige Kontrolle erfordere. Infrage komme Methadon, das auf die Opiat- und NMDA-Rezeptoren wirke, vor allem bei Opiattoleranz oder neuropathischen Schmerzen.
Wirksamkeit der Schmerztherapie überprüfen Wichtig ist Kunz auch, dass die Wirksamkeit der Schmerztherapie überprüft wird. Das gelte vor allem, wenn beispielsweise bei neuropathischen Schmerzen Opioide mit Co-Analgetika wie Antikonvulsiva (z.B. Pregabalin) oder Antidepressiva (z.B. Amitryptilin, Venlafaxin, Duloxetin) kombiniert würden. Hier sollte nicht das ganze therapeutische Arsenal nach dem Motto «viel hilft viel» zum Einsatz kommen, sondern bei jeder Substanz sollte einzeln geprüft werden, ob und wie viel sie dem Patienten an Schmerzerleichterung bringt.
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: «Schmerzen machen vielfältig weh ...» 16. Fortbildungstagung des Kollegiums für Hausarztmedizin (KHM), 26. und 27. Juni 2014 in Luzern.
Prof. Dr. med. Peter Tschudi: KHM-Kopf des Jahres
Alljährlich kürt das Kollegium für Hausarztmedizin den KHM-Kopf des Jahres als Zeichen eines besonderen Engagements im Bereich der Hausarztmedizin. In diesem Jahr wurde die Anerkennung Professor Dr. med. Peter Tschudi zuteil. Im Lauf der Jahre brachte er immer wieder wichtige Impulse, sei es mit der hausärztlichen Gruppenpraxis, die er bereits Anfang der Achtzigerjahre gründete, oder als Mitbegründer des Forums für interdisziplinäre Hausarztmedizin (FIHAM). Weitere wichtige Stationen, in die viel Engagement und Herzblut flossen, waren das 1. Institut für Hausarztmedizin an der Universität Basel, seine Professur für Hausarztmedizin im Jahr 2007 und 2009 schliesslich der europäische Hausärztekongress Wonca in Basel. Mü
Abbildung: Franziska Zogg würdigte den KHM-Kopf des Jahres Prof. Dr. Peter Tschudi
30 Hausarztmedizin • September 2014