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COPD-Exazerbationen: Prävention und Therapie 2014
Neue Empfehlungen für Antibiotika und Kortikosteroide
Was stellt eine Exazerbation im Rahmen einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) dar? Wie unterscheidet man infektiöse von nicht infektiösen Auslösern? Welche Rolle spielen Antibiotika in der Therapie der akuten Exazerbation? Wie lang muss man im Fall einer Exazerbation Kortikosteroide geben? Antworten und Diskussionsstoff lieferte Prof. Dr. Jörg Leuppi, Kantonsspital Baselland, Liestal.
P rinzipiell versteht man unter einer Exazerbation jede akute Verschlechterung der Atemwegssymptomatik, sei es eine Zunahme der Atemnot, des Hustens oder Auswurf. Die Definition einer akuten Exazerbation gemäss GOLD-Leitlinien (1) umfasst eine plötzliche Verschlimmerung der Symptomatik, die über «die normale Tag-zu-Tag-Variabilität hinausgeht und eine Anpassung der Medikation erfordert». Es sind jedoch nicht alle respiratorischen Symptome COPD-bedingt. Auch eine Herzinsuffizienz, eine Lungenembolie oder ein Pneumothorax können eine klinisch stabile Situation rapide verschlechtern. Diese nicht infektiösen Ursachen seien in etwa 20 bis 40 Prozent der Fälle für die akuten Symptome verantwortlich, erläutert der Experte.
Infekte meist viral bedingt Handelt es sich um einen Infekt der oberen Atemwege, sind in den meisten Fällen Viren die Hauptauslöser, allen voran Influenzaviren, Parainfluenzaviren, Rhinoviren und Coronaviren. Rhinoviren etwa lassen sich während einer akuten Exazerbation in doppelt so hoher Konzentration nachweisen wie bei stabilen Bedingungen. Häufige bakterielle Erreger sind Haemophilus influenzae, Streptococcus pneumoniae oder Moxarella catarrhalis. Seltener (15–30% aller Infekte) werden Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus, opportunistische gramnegative Keime oder Mycoplasma pneumoniae verursacht. Eine Exazerbation triggern können neben physikalischen Auslösern wie kalte oder verschmutzte Luft auch Allergene, Rauch oder schlicht das Weglassen der Medikation.
Prädiktoren einer Exazerbation Die mittleren Exazerbationsraten pro Jahr liegen zwischen 0,8 und 2, je nachdem, ob der Patient an einer leichten, mittelschweren, schweren oder sehr schweren obstruktiven Lungenerkrankung leidet. Als Prädiktoren des Exazerbationsrisikos haben sich vorausgegangene Exazerbationen, Lungenfunktion, Raucheranamnese und vaskuläre Erkrankungen herauskristallisiert. Der wichtigste Prädiktor von Exazerbationen bleiben vorausgegangene Exazerbationen; das Risiko nimmt mit einer Verschlechterung der Lungenfunktion zu. Eine Hospitalisation aufgrund einer COPD-Exazerbation trägt ein hohes Mortalitätsrisiko (siehe Abbildung). Die Diagnose einer akuten Exazerbation einer COPD wird rein klinisch gestellt.
Management der Exazerbation
Zunächst gilt es, die Hypoxämie zu verbes-
sern, wobei etwa 80 Prozent der Fälle am-
bulant behandelt werden können. Durch
Sauerstoffgabe zielt man auf eine arterielle
Sauerstoffsättigung von 88 bis 92 Prozent.
Als Bronchodilatatoren kommen kurz wirksame inhalative Beta-2-Agonisten zum Einsatz mit oder ohne kurz wirksame Anticholinergika. Steroide stellen eine effektive Therapie bei schwerer COPD-Exazerbation dar. Systemische Kortikosteroide verkürzen
Jörg Leuppi
die Konvaleszenz, verbessern die Lungenfunktion sowie die
arterielle Sauerstoffsättigung und reduzieren die Dauer des
Krankenhausaufenthalts und das Risiko eines Therapieversa-
gens. Die optimale Dauer der Kortikosteroidtherapie ist bis
anhin unklar. In einer kürzlich veröffentlichten Studie haben
Leuppi und Kollegen eine 5-tägige Behandlung mit einer
2-wöchigen Therapie mit 40 mg Prednison per os verglichen
(2). Eingeschlossen waren über 300 Patienten an fünf Lehr-
krankenhäusern in der Schweiz.
Weniger ist mehr: 5 Tage Steroidtherapie genügen
Es zeigte sich eine klare Nichtunterlegenheit der Kurzzeitbehandlung. Damit scheint eine länger dauernde systemische Steroidtherapie bei akuter COPD-Exazerbation keine Vorteile
Take Home Messages
• Exazerbationen einer COPD gehen mit einer Abnahme von Lebensqualität und einem erhöhten Mortalitätsrisiko einher.
• Virale Infektionen der oberen Atemwege stellen den häufigsten Exazerbationsgrund dar.
• Bei einer akuten Exazerbation einer COPD genügt eine Therapiedauer von 5 Tagen mit 40 mg Prednison per os täglich.
• Antibiotika sollten nur bei schweren Exazerbationen zum Einsatz kommen. Indikation überprüfen! Drei Kardinalsymptome abfragen!
• Die Rehabilitation, die Grippeimpfung und eine inhalative Therapie reduzieren das Exazerbationsrisiko.
Pneumologie • Juni 2014 11
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Abbildung: Häufigkeit und Schwere der Exazerbationen erhöhen das Mortalitätsrisiko (Quelle: nach Soler-Cataluña et al., Thorax 2005; 60: 925–931).
zu bringen. Die internationalen Leitlinien empfehlen derzeit eine 7- bis 14-tägige systemische Steroidtherapie im Fall einer akuten Exazerbation einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung. Häufig wird jedoch nur 1 Woche mit Steroiden behandelt, die 5 Tage seien daher nicht so weit davon entfernt. Eine Studie mit 2 Tagen wäre interessant, so Leuppi. In der aktuellen Studie hatte sich die Einsekundenkapazität in beiden Gruppen gleichermassen verbessert. In der Gruppe, die nur über 5 Tage 40 mg Prednison erhalten hatte, waren Patienten im Schnitt einen Tag weniger lang im Spital verblieben. Dieser Unterschied war aber nicht signifikant. Diese neue Therapiedauer, die eine Halbierung der Prednisondosis bedeutet, wurde bereits in die neuen GOLD-Leitlinien aufgenommen.
Drei Kardinalsymptome sprechen für Antibiotika Die Gabe eines Antibiotikums im Fall einer Exazerbation wird immer kontrovers diskutiert. Die klinische Entscheidung wird oft vom Erscheinungsbild des Sputums abhängig gemacht, es geht darum, ob eine Purulenz und damit die Indikation einer Antibiose gegeben ist. Gemäss neuen Empfehlungen sind
Antibiotika sinnvoll, wenn eine Zunahme der Dyspnoe, des Sputums sowie Zeichen der Purulenz vorliegen. Erst wenn alle drei Kriterien erfüllt sind, soll ein Antibiotikum eingesetzt werden, so der Experte. Zusätzlich benötigen alle COPD-Patienten, die beatmet werden, ein Antibiotikum. Im Spital setzt sich die Procalcitoninmessung immer mehr durch, um die Frage nach dem Antibiotikum zu beantworten, aber auch, um eine Verlaufskontrolle zu ermöglichen. Bei Normalisierung des Procalcitonins kann das Antibiotikum abgesetzt werden.
Anka Stegmeier-Petroianu
Literatur: 1. Global strategy for diagnosis, management and prevention of COPD 2014. www.goldcopd.org 2. Leuppi JD. et al. Short-term vs conventional glucocorticoid therapy in acute exacerbations of chronic obstructive pulmonary disease: the REDUCE randomized clinical trial. JAMA 2013; 309: 2223–2231.
Quelle: «Exazerbation. Prävention und Therapie», Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie, 8. und 9. Mai 2014 in Interlaken.
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