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Neue Studien zur Behandlung der Psoriasis mit Biologika
Gegenwärtig sind in der Schweiz zur Behandlung moderater bis schwerer Plaque-Psoriasis vier Biologika zugelassen: die drei TNF-alpha-Inhibitoren Etanercept, Adalimumab und Infliximab und der Interleukin-12- beziehungsweise -23-Antagonist Ustekinumab. Drei weitere IL-17A-Hemmer stehen in den Startlöchern. Am EADV in Istanbul wurden zu allen Biologika neue Studien vorgestellt. Eine kleine Auswahl.
Keine neuen Sicherheitsaspekte In Istanbul wurden die Vierjahresdaten der auf zehn Jahre angelegten umfangreichen Beobachtungsstudie ESPRIT präsentiert (1). In der unter der Federführung von Dr. Diamant Thaçi von der Johann Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt am Main durchgeführten Untersuchung sollten die Daten zur langfristigen Sicherheit und Verträglichkeit einer Adalimumab-Behandlung bei Patienten mit moderater bis schwerer chronischer Plaque-Psoriasis erfasst werden. Die zu Beginn der Untersuchung eingeschlossenen 6040 Teilnehmer erhielten alle Adalimumab und wurden halbjährlich evaluiert. Dabei zeigte sich ein Auftreten von 5,6 ernsthaften unerwünschten Nebenwirkungen pro 100 Patientenjahre. Neue Sicherheitsaspekte seien nicht aufgetreten, ernsthaftere Nebenwirkungen (z.B. Infektionen) blieben im bekannten Rahmen, so die Forscher. Die Lebensqualität (Dermatology Life Quality Index), Arbeitsproduktivität (total work productivity impairment) und der Index für die Gesamtaktivitäten (total activity impairment) waren allesamt verbessert.
Einfluss auf Psyche? Hat die Behandlung mit Biologika einen Einfluss auf die psychische Verfassung? In einer kleinen multizentrischen englischen Untersuchung wurden Patienten mit schwerer Psoriasis, nachdem sie Adalimumab erhielten, an verschiedenen Terminen zu ihrer Lebensqualität und Befindlichkeit befragt (2). Die 48 in die Auswertung gekommenen Patienten zeigten 16 Wochen nach Beginn der Biologikatherapie sowohl in den standardisierten Scores, die direkt mit den physischen Aspekten der Erkrankung assoziiert sind (SAPASI self-administered PASI = selbst eingeschätzter PASI und SF12 physical), als auch in solchen, die mit psychosozialen Faktoren und Lebensqualität verbunden sind (DLQI, CBI, HADS), positive Effekte. Allerdings war die Verbesserung des SAPASI nicht mit einer Verbesserung der Sexualfunktion verbunden.
Behandlungserfolg unabhängig von der Erkrankungsdauer In einer Metaanalyse, die neun randomisierte klinische Phase-III- beziehungsweise -IV-Studien einschloss, wollte man schauen, ob die Dauer der Psoriasiserkrankung auf eine Behandlung mit dem TNF-α-Inhibitor Etanercept Einfluss nimmt (3). Die insgesamt rund 4700 Psoriasispatienten erreichten nach 12 beziehungsweise 24 Wochen zu 56 beziehungsweise 64 Prozent einen PASI 75. Dabei zeigte sich, dass die Wirksamkeit der Behandlung weder nach 12 noch nach 24 Wochen von der bisherigen Dauer der Krankheit beeinflusst wird, man könne daher zu jeder Zeit in eine solche Therapie einsteigen, so Dr. Wayne Gulliver von der Memorial University of Newfoundland/Kanada. Allerdings erhöhten ein niedriger BMI und keine vorhergehende Biologikabehandlung die Wahrscheinlichkeit für eine gute PASI-75-Response. Obwohl der direkte Vergleich zweier oder mehrerer Biologika eigentlich immer sehr hilfreich ist, existieren zumindest hinsichtlich der Behandlung der Psoriasis nur sehr wenige Untersuchungen. Umso erfreulicher ist es, dass am EADV in Istanbul nun zwei Head-to-Head-Untersuchungen vorgestellt wurden. So wurde in einer unabhängigen, prospektiven, randomisierten Studie mit mittelschwer bis schwer betroffenen Psoriatikern zwei TNF-Alpha-Hemmer miteinander verglichen (4). Die 50 Teilnehmer der niederländischen Arbeit erhielten entweder subkutan Etanercept (50 mg, 2-mal wöchentlich) oder intravenös Infliximab (5 mg/kg in Woche 0, 2, 6, 14 und 22). Nach 24 Wochen wurde die Therapie entweder gestoppt, oder die Patienten wurden weiter mit Antikörpern versorgt. Nach 12 beziehungsweise 24 Wochen zeigten 76 respektive 72 Prozent der Teilnehmer der Infliximabgruppe einen PASI 75 und 21,7 beziehungsweise 34,8 Prozent der Etanerceptgruppe (p = 0,01). Als «komplett unter Kontrolle» oder «unter guter Kontrolle» zeigte sich die Krankheit nach 3 Monaten bei 76 Prozent in der Infliximabgruppe und
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56,5 Prozent in der Etanerceptgruppe (p = 0,15). Die Nebenwirkungen (76% unter Infliximab und 66% unter Etanercept) waren mild, nur in jeweils einem Fall war eine ernsthafte Komplikation zu beobachten. Deren Auftreten, so Anna Christa Q. de Vries vom Academic Medical Center Amsterdam, sei jedoch als «unwahrscheinlich» im Zusammenhang mit der Biologikatherapie anzusehen.
Anwendungsbeobachtung mit guten Langzeitergebnissen Zu Infliximab wurden auch die Langzeitergebnisse einer kanadischen Phase-IV-Beobachtungsstudie vorgestellt (5). Von den 521 in die Auswertung gekommenen, mit dem TNF-alpha-Hemmer behandelten Patienten erreichten 57 Prozent nach 50 Wochen eine PASI-75-Response. Dabei waren diese Werte signifikant besser bei Biologikanaiven Patienten als bei zuvor schon entsprechend behandelten (67% vs. 42,9%). Die Mehrheit der PASI-90-, PASI-75- und PASI-50-Responder hatten ihr Therapieansprechen bereits nach 14 Wochen erreicht und dies dann bis zum Ende der Beobachtung nach 50 Wochen gehalten. Infliximab wurde allgemein gut toleriert. Diese in einem typisch praxisorientierten Setting erhaltenen Daten würden denen der Langzeitphase-3-Studien aus der Vergangenheit entsprechen, so Prof. Dr. Neil Shear, Dermatologe an der University of Toronto/Kanada.
Gutes Ansprechen auch bei PsA Rund ein Drittel der Psoriasispatienten entwickeln im Laufe ihrer Erkrankung eine Psoriasis-Arthritis (PsA). In Istanbul wurden nun die Einjahresdaten der amerikanischen Phase-III-Studie PSUMMIT2 vorgestellt, in die 312 Erwachsene mit aktiver PsA eingeschlossen waren (6). Die Teilnehmer erhielten entweder den monoklonalen Antikörper Ustekinumab (45 mg bzw. 90 mg) oder Plazebo. Bereits nach 24 Wochen erreichten rund 44 Prozent der Verum-Behandelten einen ACR20 (Plazebo: 20%). Nachdem die Plazebopatienten nach 24 Wochen ebenfalls mit dem Biologikum behandelt worden waren, erreichten auch sie nach einem Jahr zu 55 Prozent einen ACR 20. Insgesamt sprachen anti-TNF-naive PsA-Patienten signifikant besser auf die Ustekinumabbehandlung an als Psoriatiker, die schon mit TNF-α-Hemmern Erfahrung hatten (ACR20: 59–73% vs. 37–41%). Nach Angaben der Studienautoren wurde die Behandlung gut vertragen. Ernsthafte Nebenwirkungen seien im üblichen Rahmen aufgetreten (6% innerhalb von 60 Wochen). Wie sieht es nun mit der langfristigen Sicherheit von Ustekinumab aus, das sich ja sowohl gegen Interleukin-12 als auch Interleukin-23 richtet? In einer Analyse mehrerer Phase-II- beziehungsweise -III-Studien verglich man die Sicherheitsdaten einer Subpopulation von PsA-Patienten mit der Psoriasis(PsO)-Gesamtpopulation (n = 3100) (7). Nach der 5-jährigen Ustekinumabbehandlung liessen sich hinsichtlich unerwünschter Nebenwirkungen zwischen PsA und PsO keine
grösseren Unterschiede feststellen. So seien auf 100 Patientenjahre in der PsA-Gruppe 8,6 ernsthafte Ereignisse zu verzeichnen gewesen und in der PsO-Gruppe 7,1. Insgesamt sei die langfristige Sicherheit von Ustekinumab mit der anderer Biologika vergleichbar.
Neue IL-17-Hemmer in klinischer Prüfung Derzeit stehen 3 IL-17-Hemmer zur Psoriasisbehandlung in den Startlöchern: Die humanen IgG-Antikörper Secukinumab, Brodalumab und Ixekizumab. Dabei war die FIXTUREStudie von besonderem Interesse, da sie ein Head-toHead-Vergleich zwischen einem IL-17A-Inhibitor und einem TNF-α-Inhibitor ist (8). Je ein Viertel der 1300 Psoriasispatienten in dieser Untersuchung erhielt Secukinumab 150 mg, Secukinumab 300 mg, Plazebo – oder Etanercept 50 mg. Während nach 12 Wochen unter Secukinumab 67 Prozent (150 mg) beziehungsweise 77 Prozent (300 mg) der Teilnehmer eine PASI-75-Response erreicht hatten, waren dies unter Etanercept 44 Prozent (Plazebo 4,9%). Auch nach 52 Wochen setzte sich dieser Trend fort: 65 Prozent der mit Secukinumab 300 mg behandelten Teilnehmer wiesen eine 90-prozentige Response (PASI 90) auf (Etanercept 33%). Die Verträglichkeit aller Behandlungen war insgesamt gut, am häufigsten litten die Patienten unter Nasopharyngitis (35%), Kopfschmerzen (16%), Durchfall (10%) oder Rückenschmerzen (8%). Ernsthafte Nebenwirkungen traten mit insgesamt rund 6 Prozent in allen Verumgruppen ähnlich häufig auf. Auch der humanisierte monoklonale Antikörper Ixekizumab bindet an Interleukin-17A. Die Ergebnisse einer in Istanbul präsentierten Phase-II-Studie zeigten, dass auch nach 52 Wochen die Wirksamkeit dieser Substanz erhalten bleibt (9). Nach Abschluss der ersten randomisierten 20-wöchigen Studienphase wurden 120 Patienten mit Plaque-Psoriasis in die folgende Open-label-Phase eingeschlossen. Sie erhielten 120 mg Ixekizumab subkutan alle 4 Wochen. Nach 52 Wochen erreichten 90, 79, beziehungsweise 57 Prozent der Teilnehmer eine PASI-75-, PASI-90- oder PASI-100-Response. Damit konnte von der
PASI 75
Der PASI-Score (Psoriasis Area and Severity Index) ist ein Index
zur Ermittlung des Schweregrades von Psoriasis-Erkrankungen.
Dabei beschreibt der Index die Ausdehnung der Erkrankung auf
Kopf, Armen, Rumpf und Beinen und den Schweregrad anhand
der Rötung sowie der Dicke der Plaques und der Schuppung.
PASI 50, 75 oder 90 geben den Prozentsatz an Patienten an, die
zu einem bestimmten Zeitpunkt eine mindestens 50-, 75- bezie-
hungsweise 90-prozentige Besserung des PASI erreicht haben.
Als allgemein akzeptierte Parameter für einen zufriedenstellen-
den Therapieerfolg gilt der PASI 75. Er ist definiert als eine 75-
prozentige Reduktion des PASI-Wertes gegenüber dem initialen
Wert.
kd
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Mehrheit der Patienten das bereits nach 20 Wochen erzielte Ergebnis längerfristig gehalten werden, so die amerikanischen Wissenschaftler. Als häufigste Nebenwirkungen stellten sich Nasopharyngitis (10%), Infektionen des oberen Respirationstraktes (8%), Sinusitis (4%) und Diarrhö (4%) ein. 8 Prozent der Teilnehmer zeigten ernsthafte Nebenwirkungen, allerdings traten weder Tuberkulosenoch Pilzinfektionen auf. Schliesslich richtet sich der humane monoklonale Antikörper Brodalumab gegen den IL-17-Rezeptor. In einer neuen Phase-II-Studie wurden die Sicherheit und Effektivität von Brodalumab bei Patienten mit moderater bis schwerer Psoriasis (n = 198), unter besonderer Berücksichtigung von PsA-Betroffenen, untersucht (10). Nach 12 Wochen Brodalumabbehandlung hatten von den PsA-Patienten 38 Prozent (70 mg), 82 Prozent (140 mg) beziehungsweise 92 Prozent (210 mg) eine PASI-75-Response erreicht. Bei Patienten ohne PsA betrugen diese Werte 32 Prozent (70 mg), 75 Prozent (140 mg) und 79 Prozent (210 mg).
Klaus Duffner
Literatur: 1. Thaçi D et al. Fourth-year interim safety and patient outcomes from ESPRIT, a 10-year postmarketing surveillance registry of adalimumab for moderate to severe psoriasis. P1557, EADV 2013. 2. Bewley A et al. Interim results from a UK real world study to assess
the impact of treatment with adalimumab on the physical and psychosocial manifestations and quality of life (QoL) in patients with psoriasis. P1581, EADV 2013. 3. Gulliver W. Meta-analysis of effects of disease duration on response to etanercept in patients with moderate to severe psoriasis. P1469, EADV 2013. 4. De Vries A et al. An independent prospective randomized controlled trial comparing the efficacy and cost-effectiveness of infliximab and etanercept in «high need» patients with moderate to severe chronic plaque type psoriasis. P1526, EADV 2013. 5. Shear N et al. 50-Week Analysis of Efficacy and Safety of Infliximab Maintenance Therapy in Patients With Plaque-Type Psoriasis in RealWorld Practice. P1488, EADV 2013. 6. Gottlieb A et al. Maintenance of efficacy and safety of ustekinumab in patients with active psoriatic arthritis despite prior conventional nonbiologic and anti-TNF biologic therapy: 1 year results of the phase 3, multicenter, double-blind, placebo-controlled PSUMMIT 2 trial. P1214, EADV 2013. 7. Papp K et al. Long-term safety of ustekinumab: 5 years of follow-up from the psoriasis clinical development program including patients with psoriatic arthritis. P1592, EADV 2013. 8. Langley R et al. Secukinumab compared with placebo and etanercept: The first 52-week head-to-head comparison of two biologics in a randomized, double-blind phase 3 study in subjects with moderate-tosevere psoriasis (FIXTURE). FC01.3, EADV 2013. 9. Gordon K et al. Efficacy and Safety of Ixekizumab, an Anti-Interleukin-17A Monoclonal Antibody, Over at Least 52 Weeks of Open-Label Treatment in a Phase 2 Study in Chronic Plaque Psoriasis. EADV 2013; P1782. 10. Papp K et al. Brodalumab (AMG 827) phase 2 study for moderate to severe plaque psoriasis: subanalysis of efficacy and safety in subjects with psoriatic arthritis. P1470, EADV 2013.
Topische Therapie der atopischen Dermatitis
Provokation und Hauttrockenheit vermeiden
Über 90 Prozent der Kinder mit atopischer Dermatitis können mit topischen Medikamenten ausreichend behandelt werden. Bei der Wahl der Therapie sind Schweregrad, Chronizität und Lokalisation der Erkrankung sowie Alter und Leidensdruck des Patienten zu berücksichtigen, so Prof. Dr. Peter Schmid-Grendelmeier, Universitätsspital Zürich.
Peter SchmidGrendelmeier
Die Basistherapie besteht einerseits darin, Provokationsfaktoren wie Allergene und Hautirritation zu vermeiden, und andererseits in der Stärkung der Barrierefunktion der Haut beziehungsweise der Vermeidung von Hauttrockenheit. Dafür stehen eine Vielzahl von Emollienzien in Form von Lotionen, Duschmitteln und Badezusätzen zur Verfügung. Pro-
dukte, die weisses Paraffin enthalten, verhindern den Wasserverlust in den äusseren Hautschichten. Präparate, die Harnstoff enthalten, verbessern beispielsweise die Bindung von Wasser in der Haut. Hydrophile Cremes bringen zusätzliches Wasser in die trockenen, äusseren Hautschichten. Auch Badezusätze, fettfeuchte Umschläge oder das Aufbringen von Emollienzien direkt nach einem Bad verstärken die Wirkung. Kombinationen mit Polidocanol verbessern die antipruriginöse Wirkung.
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