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Im Management eines Typ-2-Diabetes kommen verschiedene Strategien zum Einsatz, die sowohl Lebensstiländerung als auch medikamentöse Therapien einschliessen. Jedes Antidiabetikum geht jedoch dosisabhängig mit spezifischen Nebenwirkungen oder Kontraindikationen einher, sodass immer noch Bedarf an neuen Substanzen mit möglichst synergistischen Wirkmechanismen besteht. Ein neuer Therapieansatz nutzt jetzt körpereigene Transportmechanismen in der Niere, um den Blutzucker zu senken.
Die Niere spielt eine essenzielle Rolle in der Glukosehomöostase: Normalerweise wird Glukose filtriert und zu 100 Prozent wieder resorbiert, dafür sorgen NatriumglukoseKotansporter im proximalen Tubulus der Niere (Sodium-Glukose-Kotransporter, SGLT-1 und SGLT-2). Etwa 90 Prozent dieser Arbeit übernimmt SGLT-2, nur 10 Prozent entfällt auf SGLT-1, der aber auch im Darm an der Glukoseaufnahme beteiligt ist.
Wirkung unabhängig von Insulinresistenz Bei entgleistem Diabetes mellitus kommt es etwa ab einem Blutzuckerwert von 10 mmol/l zum Überschreiten der Nierenschwelle und damit der maximalen Transportkapazität von SGLT; plötzlich ist Zucker im Harn und der Teststreifen positiv. Genau diese Glukosurie ist Wirkprinzip ei-
Glukosurie als neue Therapie des Typ-2-Diabetes
Gut für Blutzuckerspiegel und Kalorienbilanz
ner neuen Substanzklasse, der Gliflozine, wie Prof. Dr. Bernard Zinman, Universität Toronto, und Leiter des Leadership Sinai Centre for Diabetes, erklärte. Über eine medikamentöse Hemmung des SGLT-2 wird die hauptsächlich über den Transporter 2 ablaufende Rückresorption von Glukose verhindert. Eine Ausscheidung von Glukose im Harn ist die beabsichtigte Folge, mit daraus resultierenden Vorteilen für Blutzuckerspiegel und Kalorienbilanz. «Hintergrund dieses Therapieansatzes ist, dass bei Typ-2-Diabetikern eine Hochregulation des SGLT-2 stattfindet», erklärte Prof. Zinman. «Dieser neuartige Mechanismus wirkt zudem unabhängig von einer möglichen Insulinresistenz und Betazelldysfunktion. Empagliflozin ist ein selektiver und potenter Vertreter dieser Substanzklasse.»
Auch der Blutdruck verbessert sich Zur glukoseausscheidenden Wirkung des SGLT-2-Hemmers kommt eine diuretische Wirkung hinzu. Durch die gleichzeitige Natriumausscheidung wird der Blutdruck um 3 bis 5,5 mmHg systolisch gesenkt, wie in einer am EASD vorgestellten Studie mit 823 hypertensiven Diabetikern gezeigt wurde (1). Je ein Drittel der Patienten wurde darin mit Empagliflozin 10 oder
25 mg oder Plazebo behandelt. Die Studienmedikation wurde gut vertragen. Die Behandlung mit dem SGLT-2-Hemmer führte zu einer signifikanten Reduktion des HbA1c sowie zur Abnahme des systolischen und diastolischen Blutdrucks. Nach zwölf Wochen hatten unter beiden Dosierungen von Empagliflozin mehr Patienten einen kontrollierten Butdruck als unter Plazebo. Innerhalb dieses Zeitraums konnte eine HbA1c-Senkung von 0,59 (Empagliflozin 10 mg) und 0,62 Prozent (Empagliflozin 25 mg) erzielt werden, im Vergleich zu einer Zunahme von 0,03 Prozent unter Plazebo. Eine leichte Gewichtsreduktion sowie eine Senkung der Triglyzeridwerte sind unter der Therapie mit dem SGLT-2-Hemmer ebenfalls zu erwarten. Allerdings kommt es begleitend zur Glukosurie in etwa 5 Prozent der Fälle zu Harnwegsinfekten oder Genitalinfektionen, etwa Mykosen.
Anka Stegmeier-Petroianu
Referenz: 1. Tikkanen I et al. Empagliflozin Improves Blood Pressure in Patients with Type 2 Diabetes (T2DM) and Hypertension. Can J Diabetes 2013; 37S4: S30. EASD Abstract 942.
Quelle: Pressekonferenz der Firmen Boehringer Ingelheim und Lilly anlässlich des 49. EASD-Jahreskongresses, 23. bis 27. September 2013 in Barcelona.
EASD 2013 Diabetes 21